len nicht frei, fiel der Lehrer ein. Doch möchte nur alles Schöne so gemein werden, daß man keine Auszeichnung darin fände, desto besser stände es um die Menschheit. Zum Glück ist es auch schon mit vielen Tugenden dahin gekommen. Was die Vorwelt staunend gepriesen hätte, blik¬ ten wir oft als gleichgültige Alltäglichkeit an. Wohl uns! --
Sie begaben sich eines Tages nach der großen Oper. Das Haus war ungemein mit Zuschauern gefüllt. Guidos Blicke suchten das Theater. Er sah vor sich ein gefülltes Parterre, Logen, Kronleuchter, so gut als neben und hinter sich. Gelind lächelte. Wisse, sprach er daß der Vor¬ hang ein Spiegel ist, der durch die ganze Mitte des Saales reicht. In diesen siehst du den Platz der Zuschauer wiederholt. Hebt das Stück an, wird ihn eine Maschine empor winden.
Dies erfolgte auch zu Guidos Befremdung, und nun zeigte sich die Bühne. Man sah jetzt kein Licht mehr bei den Zuschauern, zum Vor¬ theil der Theatererhellung, die dem Tage voll¬ kommen glich, waren sie sämmtlich erloschen, wie aber am Ende eines Aktes der Spiegelvor¬
len nicht frei, fiel der Lehrer ein. Doch moͤchte nur alles Schoͤne ſo gemein werden, daß man keine Auszeichnung darin faͤnde, deſto beſſer ſtaͤnde es um die Menſchheit. Zum Gluͤck iſt es auch ſchon mit vielen Tugenden dahin gekommen. Was die Vorwelt ſtaunend geprieſen haͤtte, blik¬ ten wir oft als gleichguͤltige Alltaͤglichkeit an. Wohl uns! —
Sie begaben ſich eines Tages nach der großen Oper. Das Haus war ungemein mit Zuſchauern gefuͤllt. Guidos Blicke ſuchten das Theater. Er ſah vor ſich ein gefuͤlltes Parterre, Logen, Kronleuchter, ſo gut als neben und hinter ſich. Gelind laͤchelte. Wiſſe, ſprach er daß der Vor¬ hang ein Spiegel iſt, der durch die ganze Mitte des Saales reicht. In dieſen ſiehſt du den Platz der Zuſchauer wiederholt. Hebt das Stuͤck an, wird ihn eine Maſchine empor winden.
Dies erfolgte auch zu Guidos Befremdung, und nun zeigte ſich die Buͤhne. Man ſah jetzt kein Licht mehr bei den Zuſchauern, zum Vor¬ theil der Theatererhellung, die dem Tage voll¬ kommen glich, waren ſie ſaͤmmtlich erloſchen, wie aber am Ende eines Aktes der Spiegelvor¬
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len nicht frei, fiel der Lehrer ein. Doch moͤchte
nur alles Schoͤne ſo gemein werden, daß man
keine Auszeichnung darin faͤnde, deſto beſſer ſtaͤnde
es um die Menſchheit. Zum Gluͤck iſt es auch
ſchon mit vielen Tugenden dahin gekommen.
Was die Vorwelt ſtaunend geprieſen haͤtte, blik¬
ten wir oft als gleichguͤltige Alltaͤglichkeit an.
Wohl uns! —
Sie begaben ſich eines Tages nach der großen
Oper. Das Haus war ungemein mit Zuſchauern
gefuͤllt. Guidos Blicke ſuchten das Theater.
Er ſah vor ſich ein gefuͤlltes Parterre, Logen,
Kronleuchter, ſo gut als neben und hinter ſich.
Gelind laͤchelte. Wiſſe, ſprach er daß der Vor¬
hang ein Spiegel iſt, der durch die ganze Mitte
des Saales reicht. In dieſen ſiehſt du den
Platz der Zuſchauer wiederholt. Hebt das Stuͤck
an, wird ihn eine Maſchine empor winden.
Dies erfolgte auch zu Guidos Befremdung,
und nun zeigte ſich die Buͤhne. Man ſah jetzt
kein Licht mehr bei den Zuſchauern, zum Vor¬
theil der Theatererhellung, die dem Tage voll¬
kommen glich, waren ſie ſaͤmmtlich erloſchen,
wie aber am Ende eines Aktes der Spiegelvor¬
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/267>, abgerufen am 22.11.2024.
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