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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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tige Männer begaben sich mit dem Körper hin¬
ein, und ließen die Temperatur höher treiben,
als sie wohl einst ein Blagden ausgehalten hat,
während sie ihre Bemühungen unermüdet fort¬
setzten.

Vom Saale schickte man jeden Augenblick
nachzufragen. Die Nachricht langte an: der Ka¬
daver schwitze. Ein Lebenzeichen! frohlockte
der eine Theil: es sind die Dünste des Bades,
die sich anlegen, stritt der Andere.

Nach einer halben Stunde schrie ein Bote
athemlos: Athem! -- Irrthum, Irrthum! --
Seht ihr, seht ihr! -- Ich hab' es selbst em¬
pfunden.

Ein anderer sprang in den Saal, rief, mit
eignem starren Puls: -- Puls -- Unmöglich! Wa¬
rum unmöglich? -- Meine Hand fühlte ihn.

Man wußte nicht woran man war, doch fing
der Unglaube an, kleinlaut zu werden.

Der Körper ward nun in dichte Pelze gehüllt
und wieder in den Saal gebracht. Jedermann
sah die unzweifelhafte Verändrung des Gesichtes,
die Bläue war geschwunden, ein brennendes Roth
überzog es, wenn sonst schon sich keine Bewe¬

tige Maͤnner begaben ſich mit dem Koͤrper hin¬
ein, und ließen die Temperatur hoͤher treiben,
als ſie wohl einſt ein Blagden ausgehalten hat,
waͤhrend ſie ihre Bemuͤhungen unermuͤdet fort¬
ſetzten.

Vom Saale ſchickte man jeden Augenblick
nachzufragen. Die Nachricht langte an: der Ka¬
daver ſchwitze. Ein Lebenzeichen! frohlockte
der eine Theil: es ſind die Duͤnſte des Bades,
die ſich anlegen, ſtritt der Andere.

Nach einer halben Stunde ſchrie ein Bote
athemlos: Athem! — Irrthum, Irrthum! —
Seht ihr, ſeht ihr! — Ich hab' es ſelbſt em¬
pfunden.

Ein anderer ſprang in den Saal, rief, mit
eignem ſtarren Puls: — Puls — Unmoͤglich! Wa¬
rum unmoͤglich? — Meine Hand fuͤhlte ihn.

Man wußte nicht woran man war, doch fing
der Unglaube an, kleinlaut zu werden.

Der Koͤrper ward nun in dichte Pelze gehuͤllt
und wieder in den Saal gebracht. Jedermann
ſah die unzweifelhafte Veraͤndrung des Geſichtes,
die Blaͤue war geſchwunden, ein brennendes Roth
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[269/0281] tige Maͤnner begaben ſich mit dem Koͤrper hin¬ ein, und ließen die Temperatur hoͤher treiben, als ſie wohl einſt ein Blagden ausgehalten hat, waͤhrend ſie ihre Bemuͤhungen unermuͤdet fort¬ ſetzten. Vom Saale ſchickte man jeden Augenblick nachzufragen. Die Nachricht langte an: der Ka¬ daver ſchwitze. Ein Lebenzeichen! frohlockte der eine Theil: es ſind die Duͤnſte des Bades, die ſich anlegen, ſtritt der Andere. Nach einer halben Stunde ſchrie ein Bote athemlos: Athem! — Irrthum, Irrthum! — Seht ihr, ſeht ihr! — Ich hab' es ſelbſt em¬ pfunden. Ein anderer ſprang in den Saal, rief, mit eignem ſtarren Puls: — Puls — Unmoͤglich! Wa¬ rum unmoͤglich? — Meine Hand fuͤhlte ihn. Man wußte nicht woran man war, doch fing der Unglaube an, kleinlaut zu werden. Der Koͤrper ward nun in dichte Pelze gehuͤllt und wieder in den Saal gebracht. Jedermann ſah die unzweifelhafte Veraͤndrung des Geſichtes, die Blaͤue war geſchwunden, ein brennendes Roth uͤberzog es, wenn ſonſt ſchon ſich keine Bewe¬

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/281>, abgerufen am 22.11.2024.