sondern fortan blieb. Guidos Uhr, welche ihm allein hier den Gang der Zeit sagte, ließ ihn nicht zweifeln, das röthliche Licht sei die Däm¬ merung des halbjährigen Tages, der über dem Rande der Sphäroide anbrechen wollte, denn die Tag- und Nachtgleiche des Frühlings war da.
Immer mehr Helle, ein glühenderer Schein, der in vier und zwanzig Stunden um den sicht¬ baren Horizont lief, und an Herrlichkeit zu¬ nahm.
"Gewiß, gewiß die Morgenhelle. Ich werde die Sonne noch einmal sehn, und dann sterben."
Welche Pracht, da endlich die klare Scheibe aus dem fernen Rand emporstieg, wo Aether¬ blau und Schnee sich schieden, nach jedem Um¬ gang voller, endlich ganz heraus getreten, um nun sechs Monat zu weilen! Guido vergaß in der Trunkenheit des Entzückens, in die Zukunft zu schaun, der Anblick der Gegenwart riß ihn allein hin. Je höher die Sonne stieg, je reitzen¬ der wurde auch das bunte Feuerspiel jener be¬ strahlten Kuppen, die nun ihren Glanz viel hel¬ ler und in mannichfacheren Farben zurückgaben.
Noch konnte Föbos den Schnee nicht schmel¬ zen, aber die Kälte ließ merklich an Grimm
ſondern fortan blieb. Guidos Uhr, welche ihm allein hier den Gang der Zeit ſagte, ließ ihn nicht zweifeln, das roͤthliche Licht ſei die Daͤm¬ merung des halbjaͤhrigen Tages, der uͤber dem Rande der Sphaͤroide anbrechen wollte, denn die Tag- und Nachtgleiche des Fruͤhlings war da.
Immer mehr Helle, ein gluͤhenderer Schein, der in vier und zwanzig Stunden um den ſicht¬ baren Horizont lief, und an Herrlichkeit zu¬ nahm.
„Gewiß, gewiß die Morgenhelle. Ich werde die Sonne noch einmal ſehn, und dann ſterben.“
Welche Pracht, da endlich die klare Scheibe aus dem fernen Rand emporſtieg, wo Aether¬ blau und Schnee ſich ſchieden, nach jedem Um¬ gang voller, endlich ganz heraus getreten, um nun ſechs Monat zu weilen! Guido vergaß in der Trunkenheit des Entzuͤckens, in die Zukunft zu ſchaun, der Anblick der Gegenwart riß ihn allein hin. Je hoͤher die Sonne ſtieg, je reitzen¬ der wurde auch das bunte Feuerſpiel jener be¬ ſtrahlten Kuppen, die nun ihren Glanz viel hel¬ ler und in mannichfacheren Farben zuruͤckgaben.
Noch konnte Foͤbos den Schnee nicht ſchmel¬ zen, aber die Kaͤlte ließ merklich an Grimm
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ſondern fortan blieb. Guidos Uhr, welche ihm
allein hier den Gang der Zeit ſagte, ließ ihn
nicht zweifeln, das roͤthliche Licht ſei die Daͤm¬
merung des halbjaͤhrigen Tages, der uͤber dem
Rande der Sphaͤroide anbrechen wollte, denn die
Tag- und Nachtgleiche des Fruͤhlings war da.
Immer mehr Helle, ein gluͤhenderer Schein,
der in vier und zwanzig Stunden um den ſicht¬
baren Horizont lief, und an Herrlichkeit zu¬
nahm.
„Gewiß, gewiß die Morgenhelle. Ich werde
die Sonne noch einmal ſehn, und dann ſterben.“
Welche Pracht, da endlich die klare Scheibe
aus dem fernen Rand emporſtieg, wo Aether¬
blau und Schnee ſich ſchieden, nach jedem Um¬
gang voller, endlich ganz heraus getreten, um
nun ſechs Monat zu weilen! Guido vergaß in
der Trunkenheit des Entzuͤckens, in die Zukunft
zu ſchaun, der Anblick der Gegenwart riß ihn
allein hin. Je hoͤher die Sonne ſtieg, je reitzen¬
der wurde auch das bunte Feuerſpiel jener be¬
ſtrahlten Kuppen, die nun ihren Glanz viel hel¬
ler und in mannichfacheren Farben zuruͤckgaben.
Noch konnte Foͤbos den Schnee nicht ſchmel¬
zen, aber die Kaͤlte ließ merklich an Grimm
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/339>, abgerufen am 22.11.2024.
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