Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

neue und allerdings kluge Verfassung, um so
mehr, als die aufgeklärteren Männer unter ih¬
ren Gegnern ihr selbst Beifall gaben. In dem
folgenden Frieden breitete sich aber die Herrschaft
der Christen in Afrika noch weiter aus, und ge¬
gen das Ende des ein und zwanzigsten Jahr¬
hunderts, gehörte, bis zum Vorland der guten
Hoffnung, alles unter die Obergewalt des
Kaisers.

Er fiel in einer Schlacht gegen die Völker
von Monomotopa, und seine Gemahlin, reich
an Geist und Herz, leitete bei ihrer Tochter
Minderjährigkeit die Staatgeschäfte weislich, und
suchte die noch wilden Sitten der farbigen Na¬
zionen in Einklang mit jenen der Ankömmlinge
zu bringen, was auch, obwohl langsam, gelang.

Doch Europa forderte Entschädigungen, welche
man versagte, politische Besorgnisse, das neue
Reich könne zu furchtbar werden, traten hinzu,
und jener Krieg, von welchem oben die Rede
war, entspann sich. Hegte schon diese andere
Semiramis milde Gesinnungen, war gleich der
Kaiser von Europa moralisch genug, die blutige
Fehde zu verdammen, wollte sich einmal nicht

neue und allerdings kluge Verfaſſung, um ſo
mehr, als die aufgeklaͤrteren Maͤnner unter ih¬
ren Gegnern ihr ſelbſt Beifall gaben. In dem
folgenden Frieden breitete ſich aber die Herrſchaft
der Chriſten in Afrika noch weiter aus, und ge¬
gen das Ende des ein und zwanzigſten Jahr¬
hunderts, gehoͤrte, bis zum Vorland der guten
Hoffnung, alles unter die Obergewalt des
Kaiſers.

Er fiel in einer Schlacht gegen die Voͤlker
von Monomotopa, und ſeine Gemahlin, reich
an Geiſt und Herz, leitete bei ihrer Tochter
Minderjaͤhrigkeit die Staatgeſchaͤfte weislich, und
ſuchte die noch wilden Sitten der farbigen Na¬
zionen in Einklang mit jenen der Ankoͤmmlinge
zu bringen, was auch, obwohl langſam, gelang.

Doch Europa forderte Entſchaͤdigungen, welche
man verſagte, politiſche Beſorgniſſe, das neue
Reich koͤnne zu furchtbar werden, traten hinzu,
und jener Krieg, von welchem oben die Rede
war, entſpann ſich. Hegte ſchon dieſe andere
Semiramis milde Geſinnungen, war gleich der
Kaiſer von Europa moraliſch genug, die blutige
Fehde zu verdammen, wollte ſich einmal nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0363" n="351"/>
neue und allerdings kluge Verfa&#x017F;&#x017F;ung, um &#x017F;o<lb/>
mehr, als die aufgekla&#x0364;rteren Ma&#x0364;nner unter ih¬<lb/>
ren Gegnern ihr &#x017F;elb&#x017F;t Beifall gaben. In dem<lb/>
folgenden Frieden breitete &#x017F;ich aber die Herr&#x017F;chaft<lb/>
der Chri&#x017F;ten in Afrika noch weiter aus, und ge¬<lb/>
gen das Ende des ein und zwanzig&#x017F;ten Jahr¬<lb/>
hunderts, geho&#x0364;rte, bis zum Vorland der guten<lb/>
Hoffnung, alles unter die Obergewalt des<lb/>
Kai&#x017F;ers.</p><lb/>
          <p>Er fiel in einer Schlacht gegen die Vo&#x0364;lker<lb/>
von Monomotopa, und &#x017F;eine Gemahlin, reich<lb/>
an Gei&#x017F;t und Herz, leitete bei ihrer Tochter<lb/>
Minderja&#x0364;hrigkeit die Staatge&#x017F;cha&#x0364;fte weislich, und<lb/>
&#x017F;uchte die noch wilden Sitten der farbigen Na¬<lb/>
zionen in Einklang mit jenen der Anko&#x0364;mmlinge<lb/>
zu bringen, was auch, obwohl lang&#x017F;am, gelang.</p><lb/>
          <p>Doch Europa forderte Ent&#x017F;cha&#x0364;digungen, welche<lb/>
man ver&#x017F;agte, politi&#x017F;che Be&#x017F;orgni&#x017F;&#x017F;e, das neue<lb/>
Reich ko&#x0364;nne zu furchtbar werden, traten hinzu,<lb/>
und jener Krieg, von welchem oben die Rede<lb/>
war, ent&#x017F;pann &#x017F;ich. Hegte &#x017F;chon die&#x017F;e andere<lb/>
Semiramis milde Ge&#x017F;innungen, war gleich der<lb/>
Kai&#x017F;er von Europa morali&#x017F;ch genug, die blutige<lb/>
Fehde zu verdammen, wollte &#x017F;ich einmal nicht<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0363] neue und allerdings kluge Verfaſſung, um ſo mehr, als die aufgeklaͤrteren Maͤnner unter ih¬ ren Gegnern ihr ſelbſt Beifall gaben. In dem folgenden Frieden breitete ſich aber die Herrſchaft der Chriſten in Afrika noch weiter aus, und ge¬ gen das Ende des ein und zwanzigſten Jahr¬ hunderts, gehoͤrte, bis zum Vorland der guten Hoffnung, alles unter die Obergewalt des Kaiſers. Er fiel in einer Schlacht gegen die Voͤlker von Monomotopa, und ſeine Gemahlin, reich an Geiſt und Herz, leitete bei ihrer Tochter Minderjaͤhrigkeit die Staatgeſchaͤfte weislich, und ſuchte die noch wilden Sitten der farbigen Na¬ zionen in Einklang mit jenen der Ankoͤmmlinge zu bringen, was auch, obwohl langſam, gelang. Doch Europa forderte Entſchaͤdigungen, welche man verſagte, politiſche Beſorgniſſe, das neue Reich koͤnne zu furchtbar werden, traten hinzu, und jener Krieg, von welchem oben die Rede war, entſpann ſich. Hegte ſchon dieſe andere Semiramis milde Geſinnungen, war gleich der Kaiſer von Europa moraliſch genug, die blutige Fehde zu verdammen, wollte ſich einmal nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/363
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/363>, abgerufen am 24.11.2024.