nicht gewachsen. Zwar kostete es Jahre, mühe¬ voller Anstrengung und das Leben von Hundert¬ tausenden, endlich aber wurden bis zu Mesopo¬ tamien hin alle alt-türkischen Besitzungen über¬ schwemmt. Der Schach von Persien kam den Glaubensverwandten zu Hülfe, ward so in die Kriege verflochten und erlag am Ende des neun¬ zehnten Jahrhunderts auch.
Nun ward Ispahan des neuen ungeheuren Staates Mittelpunkt. Man bemühte sich mit Weisheit die Völker zu gewinnen, indem ihnen nach und nach die Wohlthaten der Kultur ein¬ leuchtend gemacht, und die verschiedenen Reli¬ gionen in einen, von Wahn gereinigten, und durch allgemeine Moral veredelten, Kultus vereint wurden.
Bald aber sahe man sich genöthigt neue Kriege im Ost zu beginnen. Die Albionen in Indien waren mächtig geworden. Sie trieben nicht nur in allen Gewässern zwischen Madagas¬ kar und Japan ihr altes Spiel, sondern hatten auch zu Lande ihre Herrschaft bis über Tibet hinaus verbreitet, befehdeten den Khan von Sina, und gaben den Neu-Persern (so nannten sich jetzt die vormaligen Moskowier) zu vielen
nicht gewachſen. Zwar koſtete es Jahre, muͤhe¬ voller Anſtrengung und das Leben von Hundert¬ tauſenden, endlich aber wurden bis zu Meſopo¬ tamien hin alle alt-tuͤrkiſchen Beſitzungen uͤber¬ ſchwemmt. Der Schach von Perſien kam den Glaubensverwandten zu Huͤlfe, ward ſo in die Kriege verflochten und erlag am Ende des neun¬ zehnten Jahrhunderts auch.
Nun ward Ispahan des neuen ungeheuren Staates Mittelpunkt. Man bemuͤhte ſich mit Weisheit die Voͤlker zu gewinnen, indem ihnen nach und nach die Wohlthaten der Kultur ein¬ leuchtend gemacht, und die verſchiedenen Reli¬ gionen in einen, von Wahn gereinigten, und durch allgemeine Moral veredelten, Kultus vereint wurden.
Bald aber ſahe man ſich genoͤthigt neue Kriege im Oſt zu beginnen. Die Albionen in Indien waren maͤchtig geworden. Sie trieben nicht nur in allen Gewaͤſſern zwiſchen Madagas¬ kar und Japan ihr altes Spiel, ſondern hatten auch zu Lande ihre Herrſchaft bis uͤber Tibet hinaus verbreitet, befehdeten den Khan von Sina, und gaben den Neu-Perſern (ſo nannten ſich jetzt die vormaligen Moskowier) zu vielen
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nicht gewachſen. Zwar koſtete es Jahre, muͤhe¬
voller Anſtrengung und das Leben von Hundert¬
tauſenden, endlich aber wurden bis zu Meſopo¬
tamien hin alle alt-tuͤrkiſchen Beſitzungen uͤber¬
ſchwemmt. Der Schach von Perſien kam den
Glaubensverwandten zu Huͤlfe, ward ſo in die
Kriege verflochten und erlag am Ende des neun¬
zehnten Jahrhunderts auch.
Nun ward Ispahan des neuen ungeheuren
Staates Mittelpunkt. Man bemuͤhte ſich mit
Weisheit die Voͤlker zu gewinnen, indem ihnen
nach und nach die Wohlthaten der Kultur ein¬
leuchtend gemacht, und die verſchiedenen Reli¬
gionen in einen, von Wahn gereinigten, und durch
allgemeine Moral veredelten, Kultus vereint
wurden.
Bald aber ſahe man ſich genoͤthigt neue
Kriege im Oſt zu beginnen. Die Albionen in
Indien waren maͤchtig geworden. Sie trieben
nicht nur in allen Gewaͤſſern zwiſchen Madagas¬
kar und Japan ihr altes Spiel, ſondern hatten
auch zu Lande ihre Herrſchaft bis uͤber Tibet
hinaus verbreitet, befehdeten den Khan von
Sina, und gaben den Neu-Perſern (ſo nannten
ſich jetzt die vormaligen Moskowier) zu vielen
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/57>, abgerufen am 16.02.2025.
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