wähnen, in seine Mauern tretend. Keiner von den Tempeln, keins der ehmaligen öffentlichen Gebäude mangelt. Bildhauer und Maler trei¬ ben vorzüglich ihre Kunst, und wenn der Haupt¬ anreiz vor Zeiten in dem großen vortheilhaften Absatz der Statuen und Gemälde bestand, welche der alte Politheismus aus der halben bekannten Welt in Attika kaufte, hat auch der neuere Kul¬ tus diesen Anreiz wiederholt, indem es ein Ge¬ genstand des Stolzes geworden ist, simbolische Darstellungen aus Athen zu besitzen, deren wohl viele schon in Palermo oder Messina dir zu Gesicht kamen. Ohne diesen begünstigenden Umstand würden Athens neuere Bildner schwerlich die Phidias und Apelles zurück gelassen haben, wie es wirklich geschehen ist. Mitbewerbung ist je¬ doch, wie sich von selbst versteht, hiedurch nicht aufgehoben, bei der allgemeinen Freiheit in Eu¬ ropa mag die Künste üben wer da will, und wo er will, auch wetteifern die Maler in Italien sehr glücklich mit denen am Ilissus, doch die Fertigkeit in Stein zu gestalten, drang hier am weitesten, wie überhaupt auch die Vorkunde (Theorie) des Schönen, in Athen am meisten einheimisch ist.
waͤhnen, in ſeine Mauern tretend. Keiner von den Tempeln, keins der ehmaligen oͤffentlichen Gebaͤude mangelt. Bildhauer und Maler trei¬ ben vorzuͤglich ihre Kunſt, und wenn der Haupt¬ anreiz vor Zeiten in dem großen vortheilhaften Abſatz der Statuen und Gemaͤlde beſtand, welche der alte Politheismus aus der halben bekannten Welt in Attika kaufte, hat auch der neuere Kul¬ tus dieſen Anreiz wiederholt, indem es ein Ge¬ genſtand des Stolzes geworden iſt, ſimboliſche Darſtellungen aus Athen zu beſitzen, deren wohl viele ſchon in Palermo oder Meſſina dir zu Geſicht kamen. Ohne dieſen beguͤnſtigenden Umſtand wuͤrden Athens neuere Bildner ſchwerlich die Phidias und Apelles zuruͤck gelaſſen haben, wie es wirklich geſchehen iſt. Mitbewerbung iſt je¬ doch, wie ſich von ſelbſt verſteht, hiedurch nicht aufgehoben, bei der allgemeinen Freiheit in Eu¬ ropa mag die Kuͤnſte uͤben wer da will, und wo er will, auch wetteifern die Maler in Italien ſehr gluͤcklich mit denen am Iliſſus, doch die Fertigkeit in Stein zu geſtalten, drang hier am weiteſten, wie uͤberhaupt auch die Vorkunde (Theorie) des Schoͤnen, in Athen am meiſten einheimiſch iſt.
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waͤhnen, in ſeine Mauern tretend. Keiner von
den Tempeln, keins der ehmaligen oͤffentlichen
Gebaͤude mangelt. Bildhauer und Maler trei¬
ben vorzuͤglich ihre Kunſt, und wenn der Haupt¬
anreiz vor Zeiten in dem großen vortheilhaften
Abſatz der Statuen und Gemaͤlde beſtand, welche
der alte Politheismus aus der halben bekannten
Welt in Attika kaufte, hat auch der neuere Kul¬
tus dieſen Anreiz wiederholt, indem es ein Ge¬
genſtand des Stolzes geworden iſt, ſimboliſche
Darſtellungen aus Athen zu beſitzen, deren wohl
viele ſchon in Palermo oder Meſſina dir zu Geſicht
kamen. Ohne dieſen beguͤnſtigenden Umſtand
wuͤrden Athens neuere Bildner ſchwerlich die
Phidias und Apelles zuruͤck gelaſſen haben, wie
es wirklich geſchehen iſt. Mitbewerbung iſt je¬
doch, wie ſich von ſelbſt verſteht, hiedurch nicht
aufgehoben, bei der allgemeinen Freiheit in Eu¬
ropa mag die Kuͤnſte uͤben wer da will, und wo
er will, auch wetteifern die Maler in Italien
ſehr gluͤcklich mit denen am Iliſſus, doch die
Fertigkeit in Stein zu geſtalten, drang hier am
weiteſten, wie uͤberhaupt auch die Vorkunde
(Theorie) des Schoͤnen, in Athen am meiſten
einheimiſch iſt.
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/64>, abgerufen am 09.11.2024.
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