Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.DRITTE IDYLLE Welchen er selber gepflanzt an der Lieb-lingsstelle des Gartens; Lange freut' er sich schon, wie er knos- pete; plözlich entrief ihn Fern in die Stadt ein Geschäft; doch den heimgekehrten Vollender 215 Führt sein Weib in den Garten, und zeigt ihm den blühenden Fruchtbaum, Der voll röthlicher Sträusse, beglänzt vom Golde des Abends, Dasteht, schauernd im West, und mit lieb- lichem Duft ihn umwehet; Staunend betrachtet er lang', und umarmt die liebende Gattin: Also staunt' auch der Jüngling dem An- blick seiner geschmückten 220 Blühenden Braut; es empört' ihm das Herz bangathmende Wollust. DRITTE IDYLLE Welchen er ſelber gepflanzt an der Lieb-lingsſtelle des Gartens; Lange freut’ er ſich ſchon, wie er knoſ- pete; plözlich entrief ihn Fern in die Stadt ein Geſchäft; doch den heimgekehrten Vollender 215 Führt ſein Weib in den Garten, und zeigt ihm den blühenden Fruchtbaum, Der voll röthlicher Sträuſse, beglänzt vom Golde des Abends, Daſteht, ſchauernd im Weſt, und mit lieb- lichem Duft ihn umwehet; Staunend betrachtet er lang’, und umarmt die liebende Gattin: Alſo ſtaunt’ auch der Jüngling dem An- blick ſeiner geſchmückten 220 Blühenden Braut; es empört’ ihm das Herz bangathmende Wolluſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0157" n="143"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">DRITTE IDYLLE</hi></fw><lb/> Welchen er ſelber gepflanzt an der Lieb-<lb/> lingsſtelle des Gartens;<lb/> Lange freut’ er ſich ſchon, wie er knoſ-<lb/> pete; plözlich entrief ihn<lb/> Fern in die Stadt ein Geſchäft; doch den<lb/> heimgekehrten Vollender <lb n="215"/> Führt ſein Weib in den Garten, und zeigt<lb/> ihm den blühenden Fruchtbaum,<lb/> Der voll röthlicher Sträuſse, beglänzt vom<lb/> Golde des Abends,<lb/> Daſteht, ſchauernd im Weſt, und mit lieb-<lb/> lichem Duft ihn umwehet;<lb/> Staunend betrachtet er lang’, und umarmt<lb/> die liebende Gattin:<lb/> Alſo ſtaunt’ auch der Jüngling dem An-<lb/> blick ſeiner geſchmückten <lb n="220"/> Blühenden Braut; es empört’ ihm das Herz<lb/> bangathmende Wolluſt.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0157]
DRITTE IDYLLE
Welchen er ſelber gepflanzt an der Lieb-
lingsſtelle des Gartens;
Lange freut’ er ſich ſchon, wie er knoſ-
pete; plözlich entrief ihn
Fern in die Stadt ein Geſchäft; doch den
heimgekehrten Vollender 215
Führt ſein Weib in den Garten, und zeigt
ihm den blühenden Fruchtbaum,
Der voll röthlicher Sträuſse, beglänzt vom
Golde des Abends,
Daſteht, ſchauernd im Weſt, und mit lieb-
lichem Duft ihn umwehet;
Staunend betrachtet er lang’, und umarmt
die liebende Gattin:
Alſo ſtaunt’ auch der Jüngling dem An-
blick ſeiner geſchmückten 220
Blühenden Braut; es empört’ ihm das Herz
bangathmende Wolluſt.
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Zitationshilfe: | Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795/157>, abgerufen am 16.02.2025. |