Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenter Gesang.
Siehe da redete Zeus blauäugichte Tochter Athänä:

Fremder Vater, hier ist das Haus, wohin du verlangtest,
Daß ich dich führte. Du wirst die göttergesegneten Fürsten
Hier am festlichen Schmause versammelt finden; doch gehe 50
Dreist hinein, und fürchte dich nicht! Dem Kühnen gelinget
Jedes Beginnen am beßten, und käm' er auch aus der Fremde.
Aber suche zuerst die Königin drinnen im Saale.
Diese heißt Arätä mit Namen, und ward von denselben
Eltern gezeugt, von welchen der König Alkinoos herstammt. 55
Denn Nausithoos war des Erdumstürmers Poseidon
Und Periböens Sohn, der schönsten unter den Weibern,
Und des hochgesinnten Eurümedons jüngsten Tochter.
Dieser beherschte vordem die ungeheuren Giganten;
Aber er stürzte sich selbst und sein frevelndes Volk ins Verderben. 60
Seine Tochter bezwang der Gott, und aus ihrer Gemeinschaft
Wuchs Nausithoos auf, der edle Faiakenbeherscher.
Und Nausithoos zeugte Alkinoos und Räxänor.
Dieser starb ohne Söhne vom silbernen Bogen Apollons,
Neuvermählt im Palast; die einzige Tochter Arätä 65
Seines Bruders nahm Alkinoos drauf zur Gemahlin:
Welcher sie ehrt, wie nirgends ein Weib auf Erden geehrt wird,
Keines von allen, die jezo das Haus der Männer verwalten.
Also wird Arätä mit herzlicher Liebe geehret
Von Alkinoos selbst, und ihren blühenden Kindern, 70
Und dem Volke, das sie wie eine Göttin betrachtet,
Und mit Segen begrüßt, so oft sie die Gaßen durchwandelt.
Denn es fehlet ihr nicht an königlichem Verstande,

J

Siebenter Geſang.
Siehe da redete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ:

Fremder Vater, hier iſt das Haus, wohin du verlangteſt,
Daß ich dich fuͤhrte. Du wirſt die goͤttergeſegneten Fuͤrſten
Hier am feſtlichen Schmauſe verſammelt finden; doch gehe 50
Dreiſt hinein, und fuͤrchte dich nicht! Dem Kuͤhnen gelinget
Jedes Beginnen am beßten, und kaͤm' er auch aus der Fremde.
Aber ſuche zuerſt die Koͤnigin drinnen im Saale.
Dieſe heißt Araͤtaͤ mit Namen, und ward von denſelben
Eltern gezeugt, von welchen der Koͤnig Alkinoos herſtammt. 55
Denn Nauſithoos war des Erdumſtuͤrmers Poſeidon
Und Periboͤens Sohn, der ſchoͤnſten unter den Weibern,
Und des hochgeſinnten Euruͤmedons juͤngſten Tochter.
Dieſer beherſchte vordem die ungeheuren Giganten;
Aber er ſtuͤrzte ſich ſelbſt und ſein frevelndes Volk ins Verderben. 60
Seine Tochter bezwang der Gott, und aus ihrer Gemeinſchaft
Wuchs Nauſithoos auf, der edle Faiakenbeherſcher.
Und Nauſithoos zeugte Alkinoos und Raͤxaͤnor.
Dieſer ſtarb ohne Soͤhne vom ſilbernen Bogen Apollons,
Neuvermaͤhlt im Palaſt; die einzige Tochter Araͤtaͤ 65
Seines Bruders nahm Alkinoos drauf zur Gemahlin:
Welcher ſie ehrt, wie nirgends ein Weib auf Erden geehrt wird,
Keines von allen, die jezo das Haus der Maͤnner verwalten.
Alſo wird Araͤtaͤ mit herzlicher Liebe geehret
Von Alkinoos ſelbſt, und ihren bluͤhenden Kindern, 70
Und dem Volke, das ſie wie eine Goͤttin betrachtet,
Und mit Segen begruͤßt, ſo oft ſie die Gaßen durchwandelt.
Denn es fehlet ihr nicht an koͤniglichem Verſtande,

J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0135" n="129"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebenter Ge&#x017F;ang.</hi></fw><lb/>
Siehe da redete Zeus blaua&#x0364;ugichte Tochter Atha&#x0364;na&#x0364;:</p><lb/>
        <p>Fremder Vater, hier i&#x017F;t das Haus, wohin du verlangte&#x017F;t,<lb/>
Daß ich dich fu&#x0364;hrte. Du wir&#x017F;t die go&#x0364;tterge&#x017F;egneten Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
Hier am fe&#x017F;tlichen Schmau&#x017F;e ver&#x017F;ammelt finden; doch gehe <note place="right">50</note><lb/>
Drei&#x017F;t hinein, und fu&#x0364;rchte dich nicht! Dem Ku&#x0364;hnen gelinget<lb/>
Jedes Beginnen am beßten, und ka&#x0364;m' er auch aus der Fremde.<lb/>
Aber &#x017F;uche zuer&#x017F;t die Ko&#x0364;nigin drinnen im Saale.<lb/>
Die&#x017F;e heißt Ara&#x0364;ta&#x0364; mit Namen, und ward von den&#x017F;elben<lb/>
Eltern gezeugt, von welchen der Ko&#x0364;nig Alkinoos her&#x017F;tammt. <note place="right">55</note><lb/>
Denn Nau&#x017F;ithoos war des Erdum&#x017F;tu&#x0364;rmers Po&#x017F;eidon<lb/>
Und Peribo&#x0364;ens Sohn, der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten unter den Weibern,<lb/>
Und des hochge&#x017F;innten Euru&#x0364;medons ju&#x0364;ng&#x017F;ten Tochter.<lb/>
Die&#x017F;er beher&#x017F;chte vordem die ungeheuren Giganten;<lb/>
Aber er &#x017F;tu&#x0364;rzte &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t und &#x017F;ein frevelndes Volk ins Verderben. <note place="right">60</note><lb/>
Seine Tochter bezwang der Gott, und aus ihrer Gemein&#x017F;chaft<lb/>
Wuchs Nau&#x017F;ithoos auf, der edle Faiakenbeher&#x017F;cher.<lb/>
Und Nau&#x017F;ithoos zeugte Alkinoos und Ra&#x0364;xa&#x0364;nor.<lb/>
Die&#x017F;er &#x017F;tarb ohne So&#x0364;hne vom &#x017F;ilbernen Bogen Apollons,<lb/>
Neuverma&#x0364;hlt im Pala&#x017F;t; die einzige Tochter Ara&#x0364;ta&#x0364; <note place="right">65</note><lb/>
Seines Bruders nahm Alkinoos drauf zur Gemahlin:<lb/>
Welcher &#x017F;ie ehrt, wie nirgends ein Weib auf Erden geehrt wird,<lb/>
Keines von allen, die jezo das Haus der Ma&#x0364;nner verwalten.<lb/>
Al&#x017F;o wird Ara&#x0364;ta&#x0364; mit herzlicher Liebe geehret<lb/>
Von Alkinoos &#x017F;elb&#x017F;t, und ihren blu&#x0364;henden Kindern, <note place="right">70</note><lb/>
Und dem Volke, das &#x017F;ie wie eine Go&#x0364;ttin betrachtet,<lb/>
Und mit Segen begru&#x0364;ßt, &#x017F;o oft &#x017F;ie die Gaßen durchwandelt.<lb/>
Denn es fehlet ihr nicht an ko&#x0364;niglichem Ver&#x017F;tande,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0135] Siebenter Geſang. Siehe da redete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: Fremder Vater, hier iſt das Haus, wohin du verlangteſt, Daß ich dich fuͤhrte. Du wirſt die goͤttergeſegneten Fuͤrſten Hier am feſtlichen Schmauſe verſammelt finden; doch gehe Dreiſt hinein, und fuͤrchte dich nicht! Dem Kuͤhnen gelinget Jedes Beginnen am beßten, und kaͤm' er auch aus der Fremde. Aber ſuche zuerſt die Koͤnigin drinnen im Saale. Dieſe heißt Araͤtaͤ mit Namen, und ward von denſelben Eltern gezeugt, von welchen der Koͤnig Alkinoos herſtammt. Denn Nauſithoos war des Erdumſtuͤrmers Poſeidon Und Periboͤens Sohn, der ſchoͤnſten unter den Weibern, Und des hochgeſinnten Euruͤmedons juͤngſten Tochter. Dieſer beherſchte vordem die ungeheuren Giganten; Aber er ſtuͤrzte ſich ſelbſt und ſein frevelndes Volk ins Verderben. Seine Tochter bezwang der Gott, und aus ihrer Gemeinſchaft Wuchs Nauſithoos auf, der edle Faiakenbeherſcher. Und Nauſithoos zeugte Alkinoos und Raͤxaͤnor. Dieſer ſtarb ohne Soͤhne vom ſilbernen Bogen Apollons, Neuvermaͤhlt im Palaſt; die einzige Tochter Araͤtaͤ Seines Bruders nahm Alkinoos drauf zur Gemahlin: Welcher ſie ehrt, wie nirgends ein Weib auf Erden geehrt wird, Keines von allen, die jezo das Haus der Maͤnner verwalten. Alſo wird Araͤtaͤ mit herzlicher Liebe geehret Von Alkinoos ſelbſt, und ihren bluͤhenden Kindern, Und dem Volke, das ſie wie eine Goͤttin betrachtet, Und mit Segen begruͤßt, ſo oft ſie die Gaßen durchwandelt. Denn es fehlet ihr nicht an koͤniglichem Verſtande, 50 55 60 65 70 J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/135
Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/135>, abgerufen am 21.11.2024.