Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Siebenter Gesang. Goldene Jünglinge standen auf schöngebauten Altären 100Ringsumher, und hielten in Händen brennende Fackeln, Um den Gästen im Saale beim nächtlichen Schmause zu leuchten, Funfzig Weiber dienten im weiten Palaste des Königs. Diese bei raßelnden Mühlen zermalmeten gelbes Getreide; Jene saßen und webten, und dreheten ämsig die Spindel, 105 Anzuschaun, wie die Blätter der hohen wehenden Pappel: Und es glänzte wie Oel die schöngewebete Leinwand. Denn gleichwie die Faiaken vor allen übrigen Männern Hurtige Schiffe zu lenken verstehn; so siegen die Weiber In der Kunst des Gewebes: sie lehrete selber Athänä, 110 Wundervolle Gewande mit klugem Geiste zu wirken. Außer dem Hofe liegt ein Garten, nahe der Pforte, Siebenter Geſang. Goldene Juͤnglinge ſtanden auf ſchoͤngebauten Altaͤren 100Ringsumher, und hielten in Haͤnden brennende Fackeln, Um den Gaͤſten im Saale beim naͤchtlichen Schmauſe zu leuchten, Funfzig Weiber dienten im weiten Palaſte des Koͤnigs. Dieſe bei raßelnden Muͤhlen zermalmeten gelbes Getreide; Jene ſaßen und webten, und dreheten aͤmſig die Spindel, 105 Anzuſchaun, wie die Blaͤtter der hohen wehenden Pappel: Und es glaͤnzte wie Oel die ſchoͤngewebete Leinwand. Denn gleichwie die Faiaken vor allen uͤbrigen Maͤnnern Hurtige Schiffe zu lenken verſtehn; ſo ſiegen die Weiber In der Kunſt des Gewebes: ſie lehrete ſelber Athaͤnaͤ, 110 Wundervolle Gewande mit klugem Geiſte zu wirken. Außer dem Hofe liegt ein Garten, nahe der Pforte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0137" n="131"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebenter Geſang.</hi></fw><lb/> Goldene Juͤnglinge ſtanden auf ſchoͤngebauten Altaͤren <note place="right">100</note><lb/> Ringsumher, und hielten in Haͤnden brennende Fackeln,<lb/> Um den Gaͤſten im Saale beim naͤchtlichen Schmauſe zu leuchten,<lb/> Funfzig Weiber dienten im weiten Palaſte des Koͤnigs.<lb/> Dieſe bei raßelnden Muͤhlen zermalmeten gelbes Getreide;<lb/> Jene ſaßen und webten, und dreheten aͤmſig die Spindel, <note place="right">105</note><lb/> Anzuſchaun, wie die Blaͤtter der hohen wehenden Pappel:<lb/> Und es glaͤnzte wie Oel die ſchoͤngewebete Leinwand.<lb/> Denn gleichwie die Faiaken vor allen uͤbrigen Maͤnnern<lb/> Hurtige Schiffe zu lenken verſtehn; ſo ſiegen die Weiber<lb/> In der Kunſt des Gewebes: ſie lehrete ſelber Athaͤnaͤ, <note place="right">110</note><lb/> Wundervolle Gewande mit klugem Geiſte zu wirken.</p><lb/> <p>Außer dem Hofe liegt ein Garten, nahe der Pforte,<lb/> Eine Huf' ins Gevierte, mit ringsumzogener Mauer.<lb/> Alda ſtreben die Baͤume mit laubichtem Wipfel gen Himmel,<lb/> Voll balſamiſcher Birnen, Granaten und gruͤner Oliven, <note place="right">115</note><lb/> Oder voll ſuͤßer Feigen, und roͤthlichgeſprenkelter Aepfel.<lb/> Dieſe tragen beſtaͤndig, und mangeln des lieblichen Obſtes<lb/> Weder im Sommer noch Winter; vom linden Weſte gefaͤchelt,<lb/> Bluͤhen die Knospen dort, hier zeitigen ſchwellende Fruͤchte:<lb/> Birnen reifen auf Birnen, auf Aepfel roͤthen ſich Aepfel, <note place="right">120</note><lb/> Trauben auf Trauben erdunkeln, und Feigen ſchrumpfen auf Feigen.<lb/> Alda prangt auch ein Feld, von edlen Reben beſchattet.<lb/> Einige Trauben dorren auf weiter Ebne des Gartens,<lb/> An der Sonne verbreitet, und andere ſchneidet der Winzer,<lb/> Andere keltert man ſchon. Hier ſtehen die Herling' in Reihen, <note place="right">125</note><lb/> Dort entbluͤhen ſie erſt, dort braͤunen ſich leiſe die Beeren.<lb/> An dem Ende des Gartens ſind immerduftende Beete,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [131/0137]
Siebenter Geſang.
Goldene Juͤnglinge ſtanden auf ſchoͤngebauten Altaͤren
Ringsumher, und hielten in Haͤnden brennende Fackeln,
Um den Gaͤſten im Saale beim naͤchtlichen Schmauſe zu leuchten,
Funfzig Weiber dienten im weiten Palaſte des Koͤnigs.
Dieſe bei raßelnden Muͤhlen zermalmeten gelbes Getreide;
Jene ſaßen und webten, und dreheten aͤmſig die Spindel,
Anzuſchaun, wie die Blaͤtter der hohen wehenden Pappel:
Und es glaͤnzte wie Oel die ſchoͤngewebete Leinwand.
Denn gleichwie die Faiaken vor allen uͤbrigen Maͤnnern
Hurtige Schiffe zu lenken verſtehn; ſo ſiegen die Weiber
In der Kunſt des Gewebes: ſie lehrete ſelber Athaͤnaͤ,
Wundervolle Gewande mit klugem Geiſte zu wirken.
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Außer dem Hofe liegt ein Garten, nahe der Pforte,
Eine Huf' ins Gevierte, mit ringsumzogener Mauer.
Alda ſtreben die Baͤume mit laubichtem Wipfel gen Himmel,
Voll balſamiſcher Birnen, Granaten und gruͤner Oliven,
Oder voll ſuͤßer Feigen, und roͤthlichgeſprenkelter Aepfel.
Dieſe tragen beſtaͤndig, und mangeln des lieblichen Obſtes
Weder im Sommer noch Winter; vom linden Weſte gefaͤchelt,
Bluͤhen die Knospen dort, hier zeitigen ſchwellende Fruͤchte:
Birnen reifen auf Birnen, auf Aepfel roͤthen ſich Aepfel,
Trauben auf Trauben erdunkeln, und Feigen ſchrumpfen auf Feigen.
Alda prangt auch ein Feld, von edlen Reben beſchattet.
Einige Trauben dorren auf weiter Ebne des Gartens,
An der Sonne verbreitet, und andere ſchneidet der Winzer,
Andere keltert man ſchon. Hier ſtehen die Herling' in Reihen,
Dort entbluͤhen ſie erſt, dort braͤunen ſich leiſe die Beeren.
An dem Ende des Gartens ſind immerduftende Beete,
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