Nach der Ordnung, und lösten das Seil vom durchlöcherten Steine, Beugten sich vor und zurück, und schlugen das Meer mit dem Ruder. Und ein sanfter Schlaf bedeckte die Augen Odüßeus, Unerwecklich und süß, und fast dem Tode zu gleichen. 80
Wie wenn auf ebener Bahn vier gleichgespannete Hengste V. 81. Alle zugleich hinstürzen, umschwirrt von der treibenden Geißel, Hoch sich erhebend, und hurtig zum Ziele des Laufes gelangen: Also erhob sich das Steuer des Schiffs, und es rollte von hinten Dunkel und groß die Woge des lautaufrauschenden Meeres. 85 Schnell und sicheres Laufes enteilten sie; selber kein Habicht Hätte sie eingeholt, der geschwindeste unter den Vögeln. Also durcheilte der schneidende Kiel die Fluten des Meeres, Heimwärts tragend den Mann, an Weisheit ähnlich den Göttern. Ach! er hatte so viel unnennbare Leiden erduldet, 90 Da er die Schlachten der Männer und tobende Fluten durchkämpfte; Und nun schlief er so ruhig, und alle sein Leiden vergeßend.
Als nun östlich der Stern mit funkelndem Schimmer emporstieg, Welcher das kommende Licht der Morgenröthe verkündet; Schwebten sie nahe der Insel im meerdurchwallenden Schiffe. 95 Forküs, dem Greise des Meers, ist eine der Buchten geheiligt, Gegen der Ithaker Stadt, wo zwo vorragende schroffe Felsenspizen der Reede sich an der Mündung begegnen. Diese zwingen die Flut, die der Sturm lautbrausend heranwälzt, Draußen zurück; inwendig am stillen Ufer des Hafens 100 Ruhn unangebunden die schöngebordeten Schiffe. Oben grünt am Gestad' ein weitumschattender Oelbaum.
V. 81. Die Alten spannten die Pferde alle neben einander.
Dreizehnter Geſang.
Nach der Ordnung, und loͤſten das Seil vom durchloͤcherten Steine, Beugten ſich vor und zuruͤck, und ſchlugen das Meer mit dem Ruder. Und ein ſanfter Schlaf bedeckte die Augen Oduͤßeus, Unerwecklich und ſuͤß, und faſt dem Tode zu gleichen. 80
Wie wenn auf ebener Bahn vier gleichgeſpannete Hengſte V. 81. Alle zugleich hinſtuͤrzen, umſchwirrt von der treibenden Geißel, Hoch ſich erhebend, und hurtig zum Ziele des Laufes gelangen: Alſo erhob ſich das Steuer des Schiffs, und es rollte von hinten Dunkel und groß die Woge des lautaufrauſchenden Meeres. 85 Schnell und ſicheres Laufes enteilten ſie; ſelber kein Habicht Haͤtte ſie eingeholt, der geſchwindeſte unter den Voͤgeln. Alſo durcheilte der ſchneidende Kiel die Fluten des Meeres, Heimwaͤrts tragend den Mann, an Weisheit aͤhnlich den Goͤttern. Ach! er hatte ſo viel unnennbare Leiden erduldet, 90 Da er die Schlachten der Maͤnner und tobende Fluten durchkaͤmpfte; Und nun ſchlief er ſo ruhig, und alle ſein Leiden vergeßend.
Als nun oͤſtlich der Stern mit funkelndem Schimmer emporſtieg, Welcher das kommende Licht der Morgenroͤthe verkuͤndet; Schwebten ſie nahe der Inſel im meerdurchwallenden Schiffe. 95 Forkuͤs, dem Greiſe des Meers, iſt eine der Buchten geheiligt, Gegen der Ithaker Stadt, wo zwo vorragende ſchroffe Felſenſpizen der Reede ſich an der Muͤndung begegnen. Dieſe zwingen die Flut, die der Sturm lautbrauſend heranwaͤlzt, Draußen zuruͤck; inwendig am ſtillen Ufer des Hafens 100 Ruhn unangebunden die ſchoͤngebordeten Schiffe. Oben gruͤnt am Geſtad' ein weitumſchattender Oelbaum.
V. 81. Die Alten ſpannten die Pferde alle neben einander.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0255"n="249"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Dreizehnter Geſang.</hi></fw><lb/>
Nach der Ordnung, und loͤſten das Seil vom durchloͤcherten Steine,<lb/>
Beugten ſich vor und zuruͤck, und ſchlugen das Meer mit dem Ruder.<lb/>
Und ein ſanfter Schlaf bedeckte die Augen Oduͤßeus,<lb/>
Unerwecklich und ſuͤß, und faſt dem Tode zu gleichen. <noteplace="right">80</note></p><lb/><p>Wie wenn auf ebener Bahn vier gleichgeſpannete Hengſte <noteplace="foot"n="V. 81.">Die Alten ſpannten die Pferde alle neben einander.</note><lb/>
Alle zugleich hinſtuͤrzen, umſchwirrt von der treibenden Geißel,<lb/>
Hoch ſich erhebend, und hurtig zum Ziele des Laufes gelangen:<lb/>
Alſo erhob ſich das Steuer des Schiffs, und es rollte von hinten<lb/>
Dunkel und groß die Woge des lautaufrauſchenden Meeres. <noteplace="right">85</note><lb/>
Schnell und ſicheres Laufes enteilten ſie; ſelber kein Habicht<lb/>
Haͤtte ſie eingeholt, der geſchwindeſte unter den Voͤgeln.<lb/>
Alſo durcheilte der ſchneidende Kiel die Fluten des Meeres,<lb/>
Heimwaͤrts tragend den Mann, an Weisheit aͤhnlich den Goͤttern.<lb/>
Ach! er hatte ſo viel unnennbare Leiden erduldet, <noteplace="right">90</note><lb/>
Da er die Schlachten der Maͤnner und tobende Fluten durchkaͤmpfte;<lb/>
Und nun ſchlief er ſo ruhig, und alle ſein Leiden vergeßend.</p><lb/><p>Als nun oͤſtlich der Stern mit funkelndem Schimmer emporſtieg,<lb/>
Welcher das kommende Licht der Morgenroͤthe verkuͤndet;<lb/>
Schwebten ſie nahe der Inſel im meerdurchwallenden Schiffe. <noteplace="right">95</note><lb/>
Forkuͤs, dem Greiſe des Meers, iſt eine der Buchten geheiligt,<lb/>
Gegen der Ithaker Stadt, wo zwo vorragende ſchroffe<lb/>
Felſenſpizen der Reede ſich an der Muͤndung begegnen.<lb/>
Dieſe zwingen die Flut, die der Sturm lautbrauſend heranwaͤlzt,<lb/>
Draußen zuruͤck; inwendig am ſtillen Ufer des Hafens <noteplace="right">100</note><lb/>
Ruhn unangebunden die ſchoͤngebordeten Schiffe.<lb/>
Oben gruͤnt am Geſtad' ein weitumſchattender Oelbaum.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[249/0255]
Dreizehnter Geſang.
Nach der Ordnung, und loͤſten das Seil vom durchloͤcherten Steine,
Beugten ſich vor und zuruͤck, und ſchlugen das Meer mit dem Ruder.
Und ein ſanfter Schlaf bedeckte die Augen Oduͤßeus,
Unerwecklich und ſuͤß, und faſt dem Tode zu gleichen.
80
Wie wenn auf ebener Bahn vier gleichgeſpannete Hengſte V. 81.
Alle zugleich hinſtuͤrzen, umſchwirrt von der treibenden Geißel,
Hoch ſich erhebend, und hurtig zum Ziele des Laufes gelangen:
Alſo erhob ſich das Steuer des Schiffs, und es rollte von hinten
Dunkel und groß die Woge des lautaufrauſchenden Meeres.
Schnell und ſicheres Laufes enteilten ſie; ſelber kein Habicht
Haͤtte ſie eingeholt, der geſchwindeſte unter den Voͤgeln.
Alſo durcheilte der ſchneidende Kiel die Fluten des Meeres,
Heimwaͤrts tragend den Mann, an Weisheit aͤhnlich den Goͤttern.
Ach! er hatte ſo viel unnennbare Leiden erduldet,
Da er die Schlachten der Maͤnner und tobende Fluten durchkaͤmpfte;
Und nun ſchlief er ſo ruhig, und alle ſein Leiden vergeßend.
85
90
Als nun oͤſtlich der Stern mit funkelndem Schimmer emporſtieg,
Welcher das kommende Licht der Morgenroͤthe verkuͤndet;
Schwebten ſie nahe der Inſel im meerdurchwallenden Schiffe.
Forkuͤs, dem Greiſe des Meers, iſt eine der Buchten geheiligt,
Gegen der Ithaker Stadt, wo zwo vorragende ſchroffe
Felſenſpizen der Reede ſich an der Muͤndung begegnen.
Dieſe zwingen die Flut, die der Sturm lautbrauſend heranwaͤlzt,
Draußen zuruͤck; inwendig am ſtillen Ufer des Hafens
Ruhn unangebunden die ſchoͤngebordeten Schiffe.
Oben gruͤnt am Geſtad' ein weitumſchattender Oelbaum.
95
100
V. 81. Die Alten ſpannten die Pferde alle neben einander.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/255>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.