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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Funfzehnter Gesang.
Und sie zeigte sogleich zu des Vaters hohem Palaste:

Meine Geburtstadt ist die erzdurchschimmerte Sidon.
Und ich rühme mich dort des reichen Arübas Tochter. 425
Aber mich raubeten einst, da ich vom Felde zurückkam,
Tafische Räuber, und brachten mich hier, und boten im Hause
Dieses Mannes mich feil, der mich nach Würden bezahlte.

Ihr antwortete drauf der Mann, der sie heimlich beschlafen:
Möchtest du jezo denn nicht mit uns nach Hause zurückgehn, 430
Deiner Eltern hohen Palast, und Vater und Mutter
Wiederzusehn? Denn sie leben noch beid', und man nennt sie begütert.

Und das fönikische Weib antwortete jenem, und sagte:
Ja auch dieses geschehe, wofern ihr Schiffer mir eidlich
Angelobt, mich sicher und wohl nach Hause zu bringen. 435

Also sprach sie; und alle beschwuren, was sie verlangte.
Als sie es jezo gelobt, und vollendet den heiligen Eidschwur,
Hub die Fönikerin an, und sprach zu der Männer Versammlung:

Seid nun still, und keiner von eures Schiffes Genoßen
Rede mit Worten mich an, er begegne mir auf der Straße, 440
Oder beim Waßerschöpfen: daß niemand zu unserem Hause
Gehend dem Alten es sag', und dieser vielleicht mir aus Argwohn
Schwere Band' anlege, und euch das Verderben bereite!
Sondern haltet die Sache geheim, und beschleunigt den Einkauf.
Aber sobald ihr das Schiff mit Lebensgütern beladen; 445
Dann geh' einer geschwind' in die Burg, und bringe mir Botschaft,
Nehmen will ich, was mir an goldnem Geschirr' in die Hand fällt;
Und ich möcht' euch gerne die Fahrt noch höher bezahlen.
Denn ich erziehe den Sohn des alten Herrn im Palaste,
Welcher schon wizig ist, und aus dem Hause so mitläuft. 450

Funfzehnter Geſang.
Und ſie zeigte ſogleich zu des Vaters hohem Palaſte:

Meine Geburtſtadt iſt die erzdurchſchimmerte Sidon.
Und ich ruͤhme mich dort des reichen Aruͤbas Tochter. 425
Aber mich raubeten einſt, da ich vom Felde zuruͤckkam,
Tafiſche Raͤuber, und brachten mich hier, und boten im Hauſe
Dieſes Mannes mich feil, der mich nach Wuͤrden bezahlte.

Ihr antwortete drauf der Mann, der ſie heimlich beſchlafen:
Moͤchteſt du jezo denn nicht mit uns nach Hauſe zuruͤckgehn, 430
Deiner Eltern hohen Palaſt, und Vater und Mutter
Wiederzuſehn? Denn ſie leben noch beid', und man nennt ſie beguͤtert.

Und das foͤnikiſche Weib antwortete jenem, und ſagte:
Ja auch dieſes geſchehe, wofern ihr Schiffer mir eidlich
Angelobt, mich ſicher und wohl nach Hauſe zu bringen. 435

Alſo ſprach ſie; und alle beſchwuren, was ſie verlangte.
Als ſie es jezo gelobt, und vollendet den heiligen Eidſchwur,
Hub die Foͤnikerin an, und ſprach zu der Maͤnner Verſammlung:

Seid nun ſtill, und keiner von eures Schiffes Genoßen
Rede mit Worten mich an, er begegne mir auf der Straße, 440
Oder beim Waßerſchoͤpfen: daß niemand zu unſerem Hauſe
Gehend dem Alten es ſag', und dieſer vielleicht mir aus Argwohn
Schwere Band' anlege, und euch das Verderben bereite!
Sondern haltet die Sache geheim, und beſchleunigt den Einkauf.
Aber ſobald ihr das Schiff mit Lebensguͤtern beladen; 445
Dann geh' einer geſchwind' in die Burg, und bringe mir Botſchaft,
Nehmen will ich, was mir an goldnem Geſchirr' in die Hand faͤllt;
Und ich moͤcht' euch gerne die Fahrt noch hoͤher bezahlen.
Denn ich erziehe den Sohn des alten Herrn im Palaſte,
Welcher ſchon wizig iſt, und aus dem Hauſe ſo mitlaͤuft. 450

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[299/0305] Funfzehnter Geſang. Und ſie zeigte ſogleich zu des Vaters hohem Palaſte: Meine Geburtſtadt iſt die erzdurchſchimmerte Sidon. Und ich ruͤhme mich dort des reichen Aruͤbas Tochter. Aber mich raubeten einſt, da ich vom Felde zuruͤckkam, Tafiſche Raͤuber, und brachten mich hier, und boten im Hauſe Dieſes Mannes mich feil, der mich nach Wuͤrden bezahlte. 425 Ihr antwortete drauf der Mann, der ſie heimlich beſchlafen: Moͤchteſt du jezo denn nicht mit uns nach Hauſe zuruͤckgehn, Deiner Eltern hohen Palaſt, und Vater und Mutter Wiederzuſehn? Denn ſie leben noch beid', und man nennt ſie beguͤtert. 430 Und das foͤnikiſche Weib antwortete jenem, und ſagte: Ja auch dieſes geſchehe, wofern ihr Schiffer mir eidlich Angelobt, mich ſicher und wohl nach Hauſe zu bringen. 435 Alſo ſprach ſie; und alle beſchwuren, was ſie verlangte. Als ſie es jezo gelobt, und vollendet den heiligen Eidſchwur, Hub die Foͤnikerin an, und ſprach zu der Maͤnner Verſammlung: Seid nun ſtill, und keiner von eures Schiffes Genoßen Rede mit Worten mich an, er begegne mir auf der Straße, Oder beim Waßerſchoͤpfen: daß niemand zu unſerem Hauſe Gehend dem Alten es ſag', und dieſer vielleicht mir aus Argwohn Schwere Band' anlege, und euch das Verderben bereite! Sondern haltet die Sache geheim, und beſchleunigt den Einkauf. Aber ſobald ihr das Schiff mit Lebensguͤtern beladen; Dann geh' einer geſchwind' in die Burg, und bringe mir Botſchaft, Nehmen will ich, was mir an goldnem Geſchirr' in die Hand faͤllt; Und ich moͤcht' euch gerne die Fahrt noch hoͤher bezahlen. Denn ich erziehe den Sohn des alten Herrn im Palaſte, Welcher ſchon wizig iſt, und aus dem Hauſe ſo mitlaͤuft. 440 445 450

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/305>, abgerufen am 23.11.2024.