Aber Tälemachos ging zu seinem hohen Gemache, 425 Auf dem prächtigen Hof', in weitumschauender Gegend: Dorthin ging er zur Ruh mit tiefbekümmerter Seele. Vor ihm ging mit brennenden Fackeln die tüchtige Alte Eurükleia, die Tochter Ops, des Sohnes Peisänors, Welche vordem Laertäs mit seinem Gute gekaufet, 430 In jungfräulicher Blüte, für zwanzig Rinder: er ehrte Sie im hohen Palast, gleich seiner edlen Gemahlin, Aber berührte sie nie, aus Furcht vor dem Zorne der Gattin. Diese begleitete ihn mit brennenden Fackeln; sie hatt' ihn Unter den Mägden am liebsten, und pflegt' ihn, als er ein Kind war. 435
Und er öffnete jezt die Thüre des schönen Gemaches, Sezte sich auf sein Lager, und zog das weiche Gewand aus, Warf es dann in die Hände der wohlbedächtigen Alten. Diese fügte den Rock geschickt in Falten, und hängt' ihn An den hölzernen Nagel zur Seite des zierlichen Bettes, 440 Ging aus der Kammer, und zog mit dem silbernen Ringe die Thüre Hinter sich an, und schob den Riegel vor mit dem Riemen.
Also lag er die Nacht, mit seiner Wolle bedecket, Und umdachte die Reise, die ihm Athänä gerathen.
Oduͤßee. Erſter Geſang.
Aber Taͤlemachos ging zu ſeinem hohen Gemache, 425 Auf dem praͤchtigen Hof', in weitumſchauender Gegend: Dorthin ging er zur Ruh mit tiefbekuͤmmerter Seele. Vor ihm ging mit brennenden Fackeln die tuͤchtige Alte Euruͤkleia, die Tochter Ops, des Sohnes Peiſaͤnors, Welche vordem Laertaͤs mit ſeinem Gute gekaufet, 430 In jungfraͤulicher Bluͤte, fuͤr zwanzig Rinder: er ehrte Sie im hohen Palaſt, gleich ſeiner edlen Gemahlin, Aber beruͤhrte ſie nie, aus Furcht vor dem Zorne der Gattin. Dieſe begleitete ihn mit brennenden Fackeln; ſie hatt' ihn Unter den Maͤgden am liebſten, und pflegt' ihn, als er ein Kind war. 435
Und er oͤffnete jezt die Thuͤre des ſchoͤnen Gemaches, Sezte ſich auf ſein Lager, und zog das weiche Gewand aus, Warf es dann in die Haͤnde der wohlbedaͤchtigen Alten. Dieſe fuͤgte den Rock geſchickt in Falten, und haͤngt' ihn An den hoͤlzernen Nagel zur Seite des zierlichen Bettes, 440 Ging aus der Kammer, und zog mit dem ſilbernen Ringe die Thuͤre Hinter ſich an, und ſchob den Riegel vor mit dem Riemen.
Alſo lag er die Nacht, mit ſeiner Wolle bedecket, Und umdachte die Reiſe, die ihm Athaͤnaͤ gerathen.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0032"n="26"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Oduͤßee. Erſter Geſang.</hi></fw><lb/><p>Aber Taͤlemachos ging zu ſeinem hohen Gemache, <noteplace="right">425</note><lb/>
Auf dem praͤchtigen Hof', in weitumſchauender Gegend:<lb/>
Dorthin ging er zur Ruh mit tiefbekuͤmmerter Seele.<lb/>
Vor ihm ging mit brennenden Fackeln die tuͤchtige Alte<lb/>
Euruͤkleia, die Tochter Ops, des Sohnes Peiſaͤnors,<lb/>
Welche vordem Laertaͤs mit ſeinem Gute gekaufet, <noteplace="right">430</note><lb/>
In jungfraͤulicher Bluͤte, fuͤr zwanzig Rinder: er ehrte<lb/>
Sie im hohen Palaſt, gleich ſeiner edlen Gemahlin,<lb/>
Aber beruͤhrte ſie nie, aus Furcht vor dem Zorne der Gattin.<lb/>
Dieſe begleitete ihn mit brennenden Fackeln; ſie hatt' ihn<lb/>
Unter den Maͤgden am liebſten, und pflegt' ihn, als er ein Kind war. <noteplace="right">435</note></p><lb/><p>Und er oͤffnete jezt die Thuͤre des ſchoͤnen Gemaches,<lb/>
Sezte ſich auf ſein Lager, und zog das weiche Gewand aus,<lb/>
Warf es dann in die Haͤnde der wohlbedaͤchtigen Alten.<lb/>
Dieſe fuͤgte den Rock geſchickt in Falten, und haͤngt' ihn<lb/>
An den hoͤlzernen Nagel zur Seite des zierlichen Bettes, <noteplace="right">440</note><lb/>
Ging aus der Kammer, und zog mit dem ſilbernen Ringe die Thuͤre<lb/>
Hinter ſich an, und ſchob den Riegel vor mit dem Riemen.</p><lb/><p>Alſo lag er die Nacht, mit ſeiner Wolle bedecket,<lb/>
Und umdachte die Reiſe, die ihm Athaͤnaͤ gerathen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></body></text></TEI>
[26/0032]
Oduͤßee. Erſter Geſang.
Aber Taͤlemachos ging zu ſeinem hohen Gemache,
Auf dem praͤchtigen Hof', in weitumſchauender Gegend:
Dorthin ging er zur Ruh mit tiefbekuͤmmerter Seele.
Vor ihm ging mit brennenden Fackeln die tuͤchtige Alte
Euruͤkleia, die Tochter Ops, des Sohnes Peiſaͤnors,
Welche vordem Laertaͤs mit ſeinem Gute gekaufet,
In jungfraͤulicher Bluͤte, fuͤr zwanzig Rinder: er ehrte
Sie im hohen Palaſt, gleich ſeiner edlen Gemahlin,
Aber beruͤhrte ſie nie, aus Furcht vor dem Zorne der Gattin.
Dieſe begleitete ihn mit brennenden Fackeln; ſie hatt' ihn
Unter den Maͤgden am liebſten, und pflegt' ihn, als er ein Kind war.
425
430
435
Und er oͤffnete jezt die Thuͤre des ſchoͤnen Gemaches,
Sezte ſich auf ſein Lager, und zog das weiche Gewand aus,
Warf es dann in die Haͤnde der wohlbedaͤchtigen Alten.
Dieſe fuͤgte den Rock geſchickt in Falten, und haͤngt' ihn
An den hoͤlzernen Nagel zur Seite des zierlichen Bettes,
Ging aus der Kammer, und zog mit dem ſilbernen Ringe die Thuͤre
Hinter ſich an, und ſchob den Riegel vor mit dem Riemen.
440
Alſo lag er die Nacht, mit ſeiner Wolle bedecket,
Und umdachte die Reiſe, die ihm Athaͤnaͤ gerathen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/32>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.