Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Odüßee. Achzehnter Gesang.
Nichts von den Freuden des Mahls; denn es wird je länger je ärger!

Und die heilige Kraft Tälemachos sprach zur Versammlung:
Unglückselige Männer, ihr rast, und eure Gespräche 405
Zeugen von Speis' und Trank; euch reizet wahrlich ein Dämon!
Aber nachdem ihr geschmaust, so geht, und legt euch zu Hause
Schlafen, wanns euch gefällt; doch treib' ich keinen von hinnen.

Also sprach er; da bißen sie ringsumher sich die Lippen,
Ueber den Jüngling erstaunt, der so entschloßen geredet. 410
Drauf erhub sich und sprach Amfinomos zu der Versammlung,
Nisos rühmlicher Sohn, des arätiadischen Königs:

Freunde, Tälemachos hat mit großem Rechte geredet;
Drum entrüste sich keiner, noch geb' ihm trozige Antwort!
Auch mishandelt nicht ferner den armen Fremdling, noch jemand 415
Von den Leuten im Hause des göttergleichen Odüßeus.
Auf! es fülle von neuem der Schenk mit Weine die Becher,
Daß wir opfern, und dann nach Hause gehen zu schlafen.
Aber der Fremdling bleib' im Hause des edlen Odüßeus
Unter Tälemachos Schuz; denn ihm vertraut' er sein Heil an. 420

Also sprach er, und allen gefiel Amfinomos Rede.
Und Held Mulios mischte den Wein im Kelche mit Waßer,
Dieser dulichische Herold, Amfinomos treuer Gefährte;
Reichte dann allen umher die vollen Becher. Die Freier
Opferten jezt, und tranken des herzerfreuenden Weines. 425
Und nachdem sie geopfert und nach Verlangen getrunken,
Gingen sie alle heim, der süßen Ruhe zu pflegen.



Oduͤßee. Achzehnter Geſang.
Nichts von den Freuden des Mahls; denn es wird je laͤnger je aͤrger!

Und die heilige Kraft Taͤlemachos ſprach zur Verſammlung:
Ungluͤckſelige Maͤnner, ihr raſt, und eure Geſpraͤche 405
Zeugen von Speiſ' und Trank; euch reizet wahrlich ein Daͤmon!
Aber nachdem ihr geſchmauſt, ſo geht, und legt euch zu Hauſe
Schlafen, wanns euch gefaͤllt; doch treib' ich keinen von hinnen.

Alſo ſprach er; da bißen ſie ringsumher ſich die Lippen,
Ueber den Juͤngling erſtaunt, der ſo entſchloßen geredet. 410
Drauf erhub ſich und ſprach Amfinomos zu der Verſammlung,
Niſos ruͤhmlicher Sohn, des araͤtiadiſchen Koͤnigs:

Freunde, Taͤlemachos hat mit großem Rechte geredet;
Drum entruͤſte ſich keiner, noch geb' ihm trozige Antwort!
Auch mishandelt nicht ferner den armen Fremdling, noch jemand 415
Von den Leuten im Hauſe des goͤttergleichen Oduͤßeus.
Auf! es fuͤlle von neuem der Schenk mit Weine die Becher,
Daß wir opfern, und dann nach Hauſe gehen zu ſchlafen.
Aber der Fremdling bleib' im Hauſe des edlen Oduͤßeus
Unter Taͤlemachos Schuz; denn ihm vertraut' er ſein Heil an. 420

Alſo ſprach er, und allen gefiel Amfinomos Rede.
Und Held Mulios miſchte den Wein im Kelche mit Waßer,
Dieſer dulichiſche Herold, Amfinomos treuer Gefaͤhrte;
Reichte dann allen umher die vollen Becher. Die Freier
Opferten jezt, und tranken des herzerfreuenden Weines. 425
Und nachdem ſie geopfert und nach Verlangen getrunken,
Gingen ſie alle heim, der ſuͤßen Ruhe zu pflegen.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0366" n="360"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Odu&#x0364;ßee. Achzehnter Ge&#x017F;ang.</hi></fw><lb/>
Nichts von den Freuden des Mahls; denn es wird je la&#x0364;nger je a&#x0364;rger!</p><lb/>
        <p>Und die heilige Kraft Ta&#x0364;lemachos &#x017F;prach zur Ver&#x017F;ammlung:<lb/>
Unglu&#x0364;ck&#x017F;elige Ma&#x0364;nner, ihr ra&#x017F;t, und eure Ge&#x017F;pra&#x0364;che <note place="right">405</note><lb/>
Zeugen von Spei&#x017F;' und Trank; euch reizet wahrlich ein Da&#x0364;mon!<lb/>
Aber nachdem ihr ge&#x017F;chmau&#x017F;t, &#x017F;o geht, und legt euch zu Hau&#x017F;e<lb/>
Schlafen, wanns euch gefa&#x0364;llt; doch treib' ich keinen von hinnen.</p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o &#x017F;prach er; da bißen &#x017F;ie ringsumher &#x017F;ich die Lippen,<lb/>
Ueber den Ju&#x0364;ngling er&#x017F;taunt, der &#x017F;o ent&#x017F;chloßen geredet. <note place="right">410</note><lb/>
Drauf erhub &#x017F;ich und &#x017F;prach Amfinomos zu der Ver&#x017F;ammlung,<lb/>
Ni&#x017F;os ru&#x0364;hmlicher Sohn, des ara&#x0364;tiadi&#x017F;chen Ko&#x0364;nigs:</p><lb/>
        <p>Freunde, Ta&#x0364;lemachos hat mit großem Rechte geredet;<lb/>
Drum entru&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ich keiner, noch geb' ihm trozige Antwort!<lb/>
Auch mishandelt nicht ferner den armen Fremdling, noch jemand <note place="right">415</note><lb/>
Von den Leuten im Hau&#x017F;e des go&#x0364;ttergleichen Odu&#x0364;ßeus.<lb/>
Auf! es fu&#x0364;lle von neuem der Schenk mit Weine die Becher,<lb/>
Daß wir opfern, und dann nach Hau&#x017F;e gehen zu &#x017F;chlafen.<lb/>
Aber der Fremdling bleib' im Hau&#x017F;e des edlen Odu&#x0364;ßeus<lb/>
Unter Ta&#x0364;lemachos Schuz; denn ihm vertraut' er &#x017F;ein Heil an. <note place="right">420</note></p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o &#x017F;prach er, und allen gefiel Amfinomos Rede.<lb/>
Und Held Mulios mi&#x017F;chte den Wein im Kelche mit Waßer,<lb/>
Die&#x017F;er dulichi&#x017F;che Herold, Amfinomos treuer Gefa&#x0364;hrte;<lb/>
Reichte dann allen umher die vollen Becher. Die Freier<lb/>
Opferten jezt, und tranken des herzerfreuenden Weines. <note place="right">425</note><lb/>
Und nachdem &#x017F;ie geopfert und nach Verlangen getrunken,<lb/>
Gingen &#x017F;ie alle heim, der &#x017F;u&#x0364;ßen Ruhe zu pflegen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0366] Oduͤßee. Achzehnter Geſang. Nichts von den Freuden des Mahls; denn es wird je laͤnger je aͤrger! Und die heilige Kraft Taͤlemachos ſprach zur Verſammlung: Ungluͤckſelige Maͤnner, ihr raſt, und eure Geſpraͤche Zeugen von Speiſ' und Trank; euch reizet wahrlich ein Daͤmon! Aber nachdem ihr geſchmauſt, ſo geht, und legt euch zu Hauſe Schlafen, wanns euch gefaͤllt; doch treib' ich keinen von hinnen. 405 Alſo ſprach er; da bißen ſie ringsumher ſich die Lippen, Ueber den Juͤngling erſtaunt, der ſo entſchloßen geredet. Drauf erhub ſich und ſprach Amfinomos zu der Verſammlung, Niſos ruͤhmlicher Sohn, des araͤtiadiſchen Koͤnigs: 410 Freunde, Taͤlemachos hat mit großem Rechte geredet; Drum entruͤſte ſich keiner, noch geb' ihm trozige Antwort! Auch mishandelt nicht ferner den armen Fremdling, noch jemand Von den Leuten im Hauſe des goͤttergleichen Oduͤßeus. Auf! es fuͤlle von neuem der Schenk mit Weine die Becher, Daß wir opfern, und dann nach Hauſe gehen zu ſchlafen. Aber der Fremdling bleib' im Hauſe des edlen Oduͤßeus Unter Taͤlemachos Schuz; denn ihm vertraut' er ſein Heil an. 415 420 Alſo ſprach er, und allen gefiel Amfinomos Rede. Und Held Mulios miſchte den Wein im Kelche mit Waßer, Dieſer dulichiſche Herold, Amfinomos treuer Gefaͤhrte; Reichte dann allen umher die vollen Becher. Die Freier Opferten jezt, und tranken des herzerfreuenden Weines. Und nachdem ſie geopfert und nach Verlangen getrunken, Gingen ſie alle heim, der ſuͤßen Ruhe zu pflegen. 425

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/366
Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/366>, abgerufen am 26.11.2024.