Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Odüßee. Niemand erinnert sich ja des göttergleichen OdüßeusVon den Völkern, die er mit Vaterliebe beherschte! 235 Aber ich eifere jezt nicht gegen die trozigen Freier, Die so gewaltsame Thaten mit tückischer Seele beginnen; Denn sie weihen ihr Haupt dem Verderben, da sie Odüßeus Habe wie Räuber verprassen, und wähnen, er kehre nicht wieder. Jezo schelt' ich das übrige Volk, daß ihr alle so gänzlich 240 Stumm dasizt, und auch nicht mit Einem strafenden Worte Diese Freier, die wenigen, zähmt, da euer so viel sind! Aber Euänors Sohn Leiokritos sagte dagegen: Also sprach der Freier, und trennte schnell die Versammlung. Und Tälemachos ging beiseit ans Ufer des Meeres, Oduͤßee. Niemand erinnert ſich ja des goͤttergleichen OduͤßeusVon den Voͤlkern, die er mit Vaterliebe beherſchte! 235 Aber ich eifere jezt nicht gegen die trozigen Freier, Die ſo gewaltſame Thaten mit tuͤckiſcher Seele beginnen; Denn ſie weihen ihr Haupt dem Verderben, da ſie Oduͤßeus Habe wie Raͤuber verpraſſen, und waͤhnen, er kehre nicht wieder. Jezo ſchelt' ich das uͤbrige Volk, daß ihr alle ſo gaͤnzlich 240 Stumm daſizt, und auch nicht mit Einem ſtrafenden Worte Dieſe Freier, die wenigen, zaͤhmt, da euer ſo viel ſind! Aber Euaͤnors Sohn Leiokritos ſagte dagegen: Alſo ſprach der Freier, und trennte ſchnell die Verſammlung. Und Taͤlemachos ging beiſeit ans Ufer des Meeres, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0042" n="36"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Oduͤßee.</hi></fw><lb/> Niemand erinnert ſich ja des goͤttergleichen Oduͤßeus<lb/> Von den Voͤlkern, die er mit Vaterliebe beherſchte! <note place="right">235</note><lb/> Aber ich eifere jezt nicht gegen die trozigen Freier,<lb/> Die ſo gewaltſame Thaten mit tuͤckiſcher Seele beginnen;<lb/> Denn ſie weihen ihr Haupt dem Verderben, da ſie Oduͤßeus<lb/> Habe wie Raͤuber verpraſſen, und waͤhnen, er kehre nicht wieder.<lb/> Jezo ſchelt' ich das uͤbrige Volk, daß ihr alle ſo gaͤnzlich <note place="right">240</note><lb/> Stumm daſizt, und auch nicht mit Einem ſtrafenden Worte<lb/> Dieſe Freier, die wenigen, zaͤhmt, da euer ſo viel ſind!</p><lb/> <p>Aber Euaͤnors Sohn Leiokritos ſagte dagegen:<lb/> Mentor, du Schadenſtifter von thoͤrichtem Herzen, was ſprachſt du<lb/> Da vor Laͤſterung aus, und befahlſt, uns Freier zu zaͤhmen? <note place="right">245</note><lb/> Schwer, auch mehreren, iſt der Kampf mit ſchmauſenden Maͤnnern!<lb/> Wenn auch ſelbſt Oduͤßeus, der Held von Ithaka, kaͤme,<lb/> Und die glaͤnzenden Freier, die ſeine Guͤter verſchmauſen,<lb/> Aus dem Palaſte zu treiben gedaͤchte; ſo wuͤrde ſich dennoch<lb/> Seine Gemahlin nicht, wie ſehr ſie auch ſchmachtet, der Ankunft <note place="right">250</note><lb/> Freun! Ihn traͤfe gewiß auf der Stelle das Schreckenverhaͤngniß,<lb/> Wenn er mit mehreren kaͤmpfte! Du haſt nicht kluͤglich geredet!<lb/> Aber wohlan! ihr Maͤnner, zerſtreut euch zu euren Geſchaͤften!<lb/> Dieſem beſchleunigen wohl Halitherſaͤs und Mentor die Reiſe,<lb/> Welche von Alters her Oduͤßeus Freunde geweſen! <note place="right">255</note><lb/> Aber ich hoffe, er ſizt noch lang', und ſpaͤhet ſich Botſchaft<lb/> Hier in Ithaka aus; die Reiſe vollendet er niemals!</p><lb/> <p>Alſo ſprach der Freier, und trennte ſchnell die Verſammlung.<lb/> Alle zerſtreueten ſich, ein jeder zu ſeinen Geſchaͤften;<lb/> Aber die Freier gingen zum Hauſe des edlen Oduͤßeus. <note place="right">260</note></p><lb/> <p>Und Taͤlemachos ging beiſeit ans Ufer des Meeres,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0042]
Oduͤßee.
Niemand erinnert ſich ja des goͤttergleichen Oduͤßeus
Von den Voͤlkern, die er mit Vaterliebe beherſchte!
Aber ich eifere jezt nicht gegen die trozigen Freier,
Die ſo gewaltſame Thaten mit tuͤckiſcher Seele beginnen;
Denn ſie weihen ihr Haupt dem Verderben, da ſie Oduͤßeus
Habe wie Raͤuber verpraſſen, und waͤhnen, er kehre nicht wieder.
Jezo ſchelt' ich das uͤbrige Volk, daß ihr alle ſo gaͤnzlich
Stumm daſizt, und auch nicht mit Einem ſtrafenden Worte
Dieſe Freier, die wenigen, zaͤhmt, da euer ſo viel ſind!
235
240
Aber Euaͤnors Sohn Leiokritos ſagte dagegen:
Mentor, du Schadenſtifter von thoͤrichtem Herzen, was ſprachſt du
Da vor Laͤſterung aus, und befahlſt, uns Freier zu zaͤhmen?
Schwer, auch mehreren, iſt der Kampf mit ſchmauſenden Maͤnnern!
Wenn auch ſelbſt Oduͤßeus, der Held von Ithaka, kaͤme,
Und die glaͤnzenden Freier, die ſeine Guͤter verſchmauſen,
Aus dem Palaſte zu treiben gedaͤchte; ſo wuͤrde ſich dennoch
Seine Gemahlin nicht, wie ſehr ſie auch ſchmachtet, der Ankunft
Freun! Ihn traͤfe gewiß auf der Stelle das Schreckenverhaͤngniß,
Wenn er mit mehreren kaͤmpfte! Du haſt nicht kluͤglich geredet!
Aber wohlan! ihr Maͤnner, zerſtreut euch zu euren Geſchaͤften!
Dieſem beſchleunigen wohl Halitherſaͤs und Mentor die Reiſe,
Welche von Alters her Oduͤßeus Freunde geweſen!
Aber ich hoffe, er ſizt noch lang', und ſpaͤhet ſich Botſchaft
Hier in Ithaka aus; die Reiſe vollendet er niemals!
245
250
255
Alſo ſprach der Freier, und trennte ſchnell die Verſammlung.
Alle zerſtreueten ſich, ein jeder zu ſeinen Geſchaͤften;
Aber die Freier gingen zum Hauſe des edlen Oduͤßeus.
260
Und Taͤlemachos ging beiſeit ans Ufer des Meeres,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |