Und wie gelang ich heim auf dem fischdurchwimmelten Meere? 470
Also sprach ich; der Greis antwortete wieder, und sagte: Aber du solltest auch Zeus und den andern unsterblichen Göttern Opfern, als du die Schiffe bestiegst, damit du geschwinder Deine Heimat erreichtest, die dunkle Woge durchsteurend! Denn dir verbeut das Schicksal, die Deinigen wieder zu sehen 475 Und dein prächtiges Haus und deiner Väter Gefilde, Bis du wieder zurück zu des himmelernährten Aigüptos Waßern segelst, und dort mit heiligen Hekatomben Sühnst der Unsterblichen Zorn, die den weiten Himmel bewohnen: Dann verleihn dir die Götter die Heimfahrt, welche du wünschest. 480
Also sagte der Greis. Mir brach das Herz vor Betrübniß, Weil er mir wieder befahl, auf dem dunkelwogenden Meere Nach dem Aigüptos zu schiffen, die weite gefährliche Reise. Aber ich faßte mich doch, und gab ihm dieses zur Antwort:
Göttlicher Greis, ich will ausrichten, was du befiehlest. 485 Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit: Sind die Danaer all' unbeschädigt wiedergekehret, Welche Nestor und ich beim Scheideu in Troja verließen? Oder ward einer im Schiffe vom bittern Verderben ereilet, Oder den Freunden im Arme, nachdem er den Krieg vollendet? 490
Also sprach ich; und drauf antwortete jener, und sagte: Warum fragst du mich das, Sohn Atreus? Du mußt nicht alles Wissen, noch meine Gedanken erforschen! Du möchtest nicht lange Dich der Thränen enthalten, wenn du das alles erführest! Siehe, gefallen sind viele davon, und viele noch übrig; 495 Aber nur zween Heerführer der erzgepanzerten Griechen
F
Vierter Geſang.
Und wie gelang ich heim auf dem fiſchdurchwimmelten Meere? 470
Alſo ſprach ich; der Greis antwortete wieder, und ſagte: Aber du ſollteſt auch Zeus und den andern unſterblichen Goͤttern Opfern, als du die Schiffe beſtiegſt, damit du geſchwinder Deine Heimat erreichteſt, die dunkle Woge durchſteurend! Denn dir verbeut das Schickſal, die Deinigen wieder zu ſehen 475 Und dein praͤchtiges Haus und deiner Vaͤter Gefilde, Bis du wieder zuruͤck zu des himmelernaͤhrten Aiguͤptos Waßern ſegelſt, und dort mit heiligen Hekatomben Suͤhnſt der Unſterblichen Zorn, die den weiten Himmel bewohnen: Dann verleihn dir die Goͤtter die Heimfahrt, welche du wuͤnſcheſt. 480
Alſo ſagte der Greis. Mir brach das Herz vor Betruͤbniß, Weil er mir wieder befahl, auf dem dunkelwogenden Meere Nach dem Aiguͤptos zu ſchiffen, die weite gefaͤhrliche Reiſe. Aber ich faßte mich doch, und gab ihm dieſes zur Antwort:
Goͤttlicher Greis, ich will ausrichten, was du befiehleſt. 485 Aber verkuͤndige mir, und ſage die lautere Wahrheit: Sind die Danaer all' unbeſchaͤdigt wiedergekehret, Welche Neſtor und ich beim Scheideu in Troja verließen? Oder ward einer im Schiffe vom bittern Verderben ereilet, Oder den Freunden im Arme, nachdem er den Krieg vollendet? 490
Alſo ſprach ich; und drauf antwortete jener, und ſagte: Warum fragſt du mich das, Sohn Atreus? Du mußt nicht alles Wiſſen, noch meine Gedanken erforſchen! Du moͤchteſt nicht lange Dich der Thraͤnen enthalten, wenn du das alles erfuͤhreſt! Siehe, gefallen ſind viele davon, und viele noch uͤbrig; 495 Aber nur zween Heerfuͤhrer der erzgepanzerten Griechen
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Vierter Geſang.
Und wie gelang ich heim auf dem fiſchdurchwimmelten Meere?
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Alſo ſprach ich; der Greis antwortete wieder, und ſagte:
Aber du ſollteſt auch Zeus und den andern unſterblichen Goͤttern
Opfern, als du die Schiffe beſtiegſt, damit du geſchwinder
Deine Heimat erreichteſt, die dunkle Woge durchſteurend!
Denn dir verbeut das Schickſal, die Deinigen wieder zu ſehen
Und dein praͤchtiges Haus und deiner Vaͤter Gefilde,
Bis du wieder zuruͤck zu des himmelernaͤhrten Aiguͤptos
Waßern ſegelſt, und dort mit heiligen Hekatomben
Suͤhnſt der Unſterblichen Zorn, die den weiten Himmel bewohnen:
Dann verleihn dir die Goͤtter die Heimfahrt, welche du wuͤnſcheſt.
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Alſo ſagte der Greis. Mir brach das Herz vor Betruͤbniß,
Weil er mir wieder befahl, auf dem dunkelwogenden Meere
Nach dem Aiguͤptos zu ſchiffen, die weite gefaͤhrliche Reiſe.
Aber ich faßte mich doch, und gab ihm dieſes zur Antwort:
Goͤttlicher Greis, ich will ausrichten, was du befiehleſt.
Aber verkuͤndige mir, und ſage die lautere Wahrheit:
Sind die Danaer all' unbeſchaͤdigt wiedergekehret,
Welche Neſtor und ich beim Scheideu in Troja verließen?
Oder ward einer im Schiffe vom bittern Verderben ereilet,
Oder den Freunden im Arme, nachdem er den Krieg vollendet?
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Alſo ſprach ich; und drauf antwortete jener, und ſagte:
Warum fragſt du mich das, Sohn Atreus? Du mußt nicht alles
Wiſſen, noch meine Gedanken erforſchen! Du moͤchteſt nicht lange
Dich der Thraͤnen enthalten, wenn du das alles erfuͤhreſt!
Siehe, gefallen ſind viele davon, und viele noch uͤbrig;
Aber nur zween Heerfuͤhrer der erzgepanzerten Griechen
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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/87>, abgerufen am 27.11.2024.
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