selbst; ich folgte bloß meinem innerlichen Geiste, meinem Blute, von dem mir jetzt jeder Tropfen geläuterter vorkömmt.
Ach! glaubte ich denn nicht schon ehe¬ mals die heiligen Geschichten und die Wun¬ derwerke, die uns unbegreiflich scheinen? Kannst Du ein hohes Bild recht verstehen, und mit heiliger Andacht es betrachten, ohne in diesem Momente die Darstellung zu glau¬ ben? Und was ist es denn nun mehr, wenn diese Poesie der göttlichen Kunst bey mir länger wirkt?
Dein Herz wird sich dem meinigen gewiß nicht abwenden, das ist nicht möglich, Se¬ bastian, und so laß uns denn zu demselben Gotte beten, daß er unser Gemüth hin¬ führo immer mehr erleuchte, und die wahre Frömmigkeit auf uns herniedergieße: nicht wahr, Freund meiner Jugend, das übrige soll und kann uns nicht trennen?
Lebe
ſelbſt; ich folgte bloß meinem innerlichen Geiſte, meinem Blute, von dem mir jetzt jeder Tropfen geläuterter vorkömmt.
Ach! glaubte ich denn nicht ſchon ehe¬ mals die heiligen Geſchichten und die Wun¬ derwerke, die uns unbegreiflich ſcheinen? Kannſt Du ein hohes Bild recht verſtehen, und mit heiliger Andacht es betrachten, ohne in dieſem Momente die Darſtellung zu glau¬ ben? Und was iſt es denn nun mehr, wenn dieſe Poeſie der göttlichen Kunſt bey mir länger wirkt?
Dein Herz wird ſich dem meinigen gewiß nicht abwenden, das iſt nicht möglich, Se¬ baſtian, und ſo laß uns denn zu demſelben Gotte beten, daß er unſer Gemüth hin¬ führo immer mehr erleuchte, und die wahre Frömmigkeit auf uns herniedergieße: nicht wahr, Freund meiner Jugend, das übrige ſoll und kann uns nicht trennen?
Lebe
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0200"n="192"/>ſelbſt; ich folgte bloß meinem innerlichen<lb/>
Geiſte, meinem Blute, von dem mir jetzt<lb/>
jeder Tropfen geläuterter vorkömmt.</p><lb/><p>Ach! glaubte ich denn nicht ſchon ehe¬<lb/>
mals die heiligen Geſchichten und die Wun¬<lb/>
derwerke, die uns unbegreiflich ſcheinen?<lb/>
Kannſt Du ein hohes Bild recht verſtehen,<lb/>
und mit heiliger Andacht es betrachten, ohne<lb/>
in dieſem Momente die Darſtellung zu <hirendition="#g">glau¬<lb/>
ben</hi>? Und was iſt es denn nun mehr, wenn<lb/>
dieſe Poeſie der göttlichen Kunſt bey mir<lb/>
länger wirkt?</p><lb/><p>Dein Herz wird ſich dem meinigen gewiß<lb/>
nicht abwenden, das iſt nicht möglich, Se¬<lb/>
baſtian, und ſo laß uns denn zu demſelben<lb/>
Gotte beten, daß er unſer Gemüth hin¬<lb/>
führo immer mehr erleuchte, und die wahre<lb/>
Frömmigkeit auf uns herniedergieße: nicht<lb/>
wahr, Freund meiner Jugend, das übrige<lb/>ſoll und kann uns nicht trennen?</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Lebe<lb/></fw></div></body></text></TEI>
[192/0200]
ſelbſt; ich folgte bloß meinem innerlichen
Geiſte, meinem Blute, von dem mir jetzt
jeder Tropfen geläuterter vorkömmt.
Ach! glaubte ich denn nicht ſchon ehe¬
mals die heiligen Geſchichten und die Wun¬
derwerke, die uns unbegreiflich ſcheinen?
Kannſt Du ein hohes Bild recht verſtehen,
und mit heiliger Andacht es betrachten, ohne
in dieſem Momente die Darſtellung zu glau¬
ben? Und was iſt es denn nun mehr, wenn
dieſe Poeſie der göttlichen Kunſt bey mir
länger wirkt?
Dein Herz wird ſich dem meinigen gewiß
nicht abwenden, das iſt nicht möglich, Se¬
baſtian, und ſo laß uns denn zu demſelben
Gotte beten, daß er unſer Gemüth hin¬
führo immer mehr erleuchte, und die wahre
Frömmigkeit auf uns herniedergieße: nicht
wahr, Freund meiner Jugend, das übrige
ſoll und kann uns nicht trennen?
Lebe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/200>, abgerufen am 11.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.