tenschall unter den hohen Gewölben ertönen, wobey er oft, aus innerer Andacht, demü¬ thig auf den Knieen lag. Ehe die Musik anbrach, war es ihm, wenn er so in dem gedrängten, leise murmelnden Gewimmel der Volksmenge stand, als wenn er das gewöhn¬ liche und gemeine Leben der Menschen, als einen großen Jahrmarkt, unmelodisch durch¬ einander und um sich herum summen hörte; sein Kopf ward von leeren, irdischen Klei¬ nigkeiten betäubt. Erwartungsvoll harrte er auf den ersten Ton der Instrumente; -- und indem er nun aus der dumpfen Stille, mäch¬ tig und langgezogen, gleich dem Wehen eines Windes vom Himmel hervorbrach, und die ganze Gewalt der Töne über seinem Haupte daherzog, -- da war es ihm, als wenn auf einmal seiner Seele große Flügel ausge¬ spannt, als wenn er von einer dürren Haide aufgehoben würde, der trübe Wolkenvor¬
tenſchall unter den hohen Gewölben ertönen, wobey er oft, aus innerer Andacht, demü¬ thig auf den Knieen lag. Ehe die Muſik anbrach, war es ihm, wenn er ſo in dem gedrängten, leiſe murmelnden Gewimmel der Volksmenge ſtand, als wenn er das gewöhn¬ liche und gemeine Leben der Menſchen, als einen großen Jahrmarkt, unmelodiſch durch¬ einander und um ſich herum ſummen hörte; ſein Kopf ward von leeren, irdiſchen Klei¬ nigkeiten betäubt. Erwartungsvoll harrte er auf den erſten Ton der Inſtrumente; — und indem er nun aus der dumpfen Stille, mäch¬ tig und langgezogen, gleich dem Wehen eines Windes vom Himmel hervorbrach, und die ganze Gewalt der Töne über ſeinem Haupte daherzog, — da war es ihm, als wenn auf einmal ſeiner Seele große Flügel ausge¬ ſpannt, als wenn er von einer dürren Haide aufgehoben würde, der trübe Wolkenvor¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0243"n="235"/>
tenſchall unter den hohen Gewölben ertönen,<lb/>
wobey er oft, aus innerer Andacht, demü¬<lb/>
thig auf den Knieen lag. Ehe die Muſik<lb/>
anbrach, war es ihm, wenn er ſo in dem<lb/>
gedrängten, leiſe murmelnden Gewimmel der<lb/>
Volksmenge ſtand, als wenn er das gewöhn¬<lb/>
liche und gemeine Leben der Menſchen, als<lb/>
einen großen Jahrmarkt, unmelodiſch durch¬<lb/>
einander und um ſich herum ſummen hörte;<lb/>ſein <hirendition="#g">Kopf</hi> ward von leeren, irdiſchen Klei¬<lb/>
nigkeiten betäubt. Erwartungsvoll harrte er<lb/>
auf den erſten Ton <hirendition="#g">der</hi> Inſtrumente; — und<lb/>
indem er nun aus der dumpfen Stille, mäch¬<lb/>
tig und langgezogen, gleich dem Wehen eines<lb/>
Windes vom Himmel hervorbrach, und die<lb/>
ganze Gewalt der Töne über ſeinem Haupte<lb/>
daherzog, — da war es ihm, als wenn auf<lb/>
einmal ſeiner Seele große Flügel ausge¬<lb/>ſpannt, als wenn er von einer dürren Haide<lb/>
aufgehoben würde, der trübe Wolkenvor¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[235/0243]
tenſchall unter den hohen Gewölben ertönen,
wobey er oft, aus innerer Andacht, demü¬
thig auf den Knieen lag. Ehe die Muſik
anbrach, war es ihm, wenn er ſo in dem
gedrängten, leiſe murmelnden Gewimmel der
Volksmenge ſtand, als wenn er das gewöhn¬
liche und gemeine Leben der Menſchen, als
einen großen Jahrmarkt, unmelodiſch durch¬
einander und um ſich herum ſummen hörte;
ſein Kopf ward von leeren, irdiſchen Klei¬
nigkeiten betäubt. Erwartungsvoll harrte er
auf den erſten Ton der Inſtrumente; — und
indem er nun aus der dumpfen Stille, mäch¬
tig und langgezogen, gleich dem Wehen eines
Windes vom Himmel hervorbrach, und die
ganze Gewalt der Töne über ſeinem Haupte
daherzog, — da war es ihm, als wenn auf
einmal ſeiner Seele große Flügel ausge¬
ſpannt, als wenn er von einer dürren Haide
aufgehoben würde, der trübe Wolkenvor¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/243>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.