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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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kunst geben lassen, auch den Vater über den
Schritt Josephs nach und nach ziemlich be¬
ruhigt. Durch den lebhaftesten Eifer hatte
Joseph sich empor gearbeitet, und war end¬
lich auf die höchste Stufe des Glücks, die
er nur je hatte erwünschen können, gelangt.

Allein die Dinge der Welt verändern sich
vor unsern Augen. Er schrieb mir einst, wie
er ein paar Jahre Kapellmeister gewesen
war, folgenden Brief:

" Lieber Pater,"

"Es ist ein elendes Leben, das ich füh¬
re: -- je mehr Ihr mich trösten wollt, desto
bitterer fühl' ich es." --

"Wenn ich an die Träume meiner Ju¬
gend zurückdenke, -- wie ich in diesen Träu¬
men so selig war! -- Ich meynte, ich wollte
in einem fort umher phantasieren, und mein
volles Herz in Kunstwerken auslassen, --

aber

kunſt geben laſſen, auch den Vater über den
Schritt Joſephs nach und nach ziemlich be¬
ruhigt. Durch den lebhafteſten Eifer hatte
Joſeph ſich empor gearbeitet, und war end¬
lich auf die höchſte Stufe des Glücks, die
er nur je hatte erwünſchen können, gelangt.

Allein die Dinge der Welt verändern ſich
vor unſern Augen. Er ſchrieb mir einſt, wie
er ein paar Jahre Kapellmeiſter geweſen
war, folgenden Brief:

» Lieber Pater

»Es iſt ein elendes Leben, das ich füh¬
re: — je mehr Ihr mich tröſten wollt, deſto
bitterer fühl' ich es.« —

»Wenn ich an die Träume meiner Ju¬
gend zurückdenke, — wie ich in dieſen Träu¬
men ſo ſelig war! — Ich meynte, ich wollte
in einem fort umher phantaſieren, und mein
volles Herz in Kunſtwerken auslaſſen, —

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[256/0264] kunſt geben laſſen, auch den Vater über den Schritt Joſephs nach und nach ziemlich be¬ ruhigt. Durch den lebhafteſten Eifer hatte Joſeph ſich empor gearbeitet, und war end¬ lich auf die höchſte Stufe des Glücks, die er nur je hatte erwünſchen können, gelangt. Allein die Dinge der Welt verändern ſich vor unſern Augen. Er ſchrieb mir einſt, wie er ein paar Jahre Kapellmeiſter geweſen war, folgenden Brief: » Lieber Pater,« »Es iſt ein elendes Leben, das ich füh¬ re: — je mehr Ihr mich tröſten wollt, deſto bitterer fühl' ich es.« — »Wenn ich an die Träume meiner Ju¬ gend zurückdenke, — wie ich in dieſen Träu¬ men ſo ſelig war! — Ich meynte, ich wollte in einem fort umher phantaſieren, und mein volles Herz in Kunſtwerken auslaſſen, — aber

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/264>, abgerufen am 13.05.2024.