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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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fremdgestalteter Thiere, und durch eine un¬
endliche, mühsame Verschiedenheit der Pflan¬
zen und Bäume, so bereicherte und aus¬
schmückte, daß man über die Mannigfaltig¬
keit erstaunen mußte, und seine Augen nicht
von dem Bilde abziehen konnte. Noch wun¬
derbarer war der Medusenkopf, den er einst
auf ein hölzernes Schild für einen Bauern
mahlte: er setzte ihn aus den Gliedern aller
nur ersinnlichen häßlichen Gewürme und
gräulicher Unthiere zusammen, so daß man
gar nichts Erschrecklicheres sehen mochte. Die
Erfahrenheit der Jahre ordnete nachher die¬
sen wilden, üppigen Reichthum in seinem
Geiste.

Aber ich will zur Hauptsache eilen, und
versuchen, ob ich eine Abschilderung von
dem vielumfassenden Eifer dieses Mannes
geben kann.

In der Mahlerey trachtete er mit uner¬

fremdgeſtalteter Thiere, und durch eine un¬
endliche, mühſame Verſchiedenheit der Pflan¬
zen und Bäume, ſo bereicherte und aus¬
ſchmückte, daß man über die Mannigfaltig¬
keit erſtaunen mußte, und ſeine Augen nicht
von dem Bilde abziehen konnte. Noch wun¬
derbarer war der Meduſenkopf, den er einſt
auf ein hölzernes Schild für einen Bauern
mahlte: er ſetzte ihn aus den Gliedern aller
nur erſinnlichen häßlichen Gewürme und
gräulicher Unthiere zuſammen, ſo daß man
gar nichts Erſchrecklicheres ſehen mochte. Die
Erfahrenheit der Jahre ordnete nachher die¬
ſen wilden, üppigen Reichthum in ſeinem
Geiſte.

Aber ich will zur Hauptſache eilen, und
verſuchen, ob ich eine Abſchilderung von
dem vielumfaſſenden Eifer dieſes Mannes
geben kann.

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[68/0076] fremdgeſtalteter Thiere, und durch eine un¬ endliche, mühſame Verſchiedenheit der Pflan¬ zen und Bäume, ſo bereicherte und aus¬ ſchmückte, daß man über die Mannigfaltig¬ keit erſtaunen mußte, und ſeine Augen nicht von dem Bilde abziehen konnte. Noch wun¬ derbarer war der Meduſenkopf, den er einſt auf ein hölzernes Schild für einen Bauern mahlte: er ſetzte ihn aus den Gliedern aller nur erſinnlichen häßlichen Gewürme und gräulicher Unthiere zuſammen, ſo daß man gar nichts Erſchrecklicheres ſehen mochte. Die Erfahrenheit der Jahre ordnete nachher die¬ ſen wilden, üppigen Reichthum in ſeinem Geiſte. Aber ich will zur Hauptſache eilen, und verſuchen, ob ich eine Abſchilderung von dem vielumfaſſenden Eifer dieſes Mannes geben kann. In der Mahlerey trachtete er mit uner¬

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/76>, abgerufen am 11.05.2024.