Ein schönes Bild oder Gemählde ist, mei¬ nem Sinne nach, eigentlich gar nicht zu be¬ schreiben; denn in dem Augenblicke, da man mehr als ein einziges Wort darüber sagt, fliegt die Einbildung von der Tafel weg, und gaukelt für sich allein in den Lüften. Drum haben die alten Chronikenschreiber der Kunst mich sehr weise gedünket, wenn sie ein Gemählde bloß: ein vortreffliches, ein unvergleichliches, ein über alles herrliches nennen; indem es mir unmöglich scheint, mehr davon zu sagen. Indessen ist es mir beygefallen, ein paar Bilder einmal auf die folgende Art zu schildern, wovon ich die zwey Proben, die mir von selbst in den Sinn gekommen sind, um der eignen Art willen, ohne daß ich diese Art für etwas sehr
Zwey Gemähldeſchilderungen.
Ein ſchönes Bild oder Gemählde iſt, mei¬ nem Sinne nach, eigentlich gar nicht zu be¬ ſchreiben; denn in dem Augenblicke, da man mehr als ein einziges Wort darüber ſagt, fliegt die Einbildung von der Tafel weg, und gaukelt für ſich allein in den Lüften. Drum haben die alten Chronikenſchreiber der Kunſt mich ſehr weiſe gedünket, wenn ſie ein Gemählde bloß: ein vortreffliches, ein unvergleichliches, ein über alles herrliches nennen; indem es mir unmöglich ſcheint, mehr davon zu ſagen. Indeſſen iſt es mir beygefallen, ein paar Bilder einmal auf die folgende Art zu ſchildern, wovon ich die zwey Proben, die mir von ſelbſt in den Sinn gekommen ſind, um der eignen Art willen, ohne daß ich dieſe Art für etwas ſehr
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0098"n="90"/></div><divn="1"><head>Zwey Gemähldeſchilderungen.<lb/></head><p><hirendition="#in">E</hi>in ſchönes Bild oder Gemählde iſt, mei¬<lb/>
nem Sinne nach, eigentlich gar nicht zu be¬<lb/>ſchreiben; denn in dem Augenblicke, da man<lb/>
mehr als ein einziges Wort darüber ſagt,<lb/>
fliegt die Einbildung von der Tafel weg,<lb/>
und gaukelt für ſich allein in den Lüften.<lb/>
Drum haben die alten Chronikenſchreiber der<lb/>
Kunſt mich ſehr weiſe gedünket, wenn ſie<lb/>
ein Gemählde bloß: ein vortreffliches, ein<lb/>
unvergleichliches, ein über alles herrliches<lb/>
nennen; indem es mir unmöglich ſcheint,<lb/><hirendition="#g">mehr</hi> davon zu ſagen. Indeſſen iſt es mir<lb/>
beygefallen, ein paar Bilder einmal auf die<lb/>
folgende Art zu ſchildern, wovon ich die<lb/>
zwey Proben, die mir von ſelbſt in den<lb/>
Sinn gekommen ſind, um der eignen Art<lb/>
willen, ohne daß ich dieſe Art für etwas ſehr<lb/></p></div></body></text></TEI>
[90/0098]
Zwey Gemähldeſchilderungen.
Ein ſchönes Bild oder Gemählde iſt, mei¬
nem Sinne nach, eigentlich gar nicht zu be¬
ſchreiben; denn in dem Augenblicke, da man
mehr als ein einziges Wort darüber ſagt,
fliegt die Einbildung von der Tafel weg,
und gaukelt für ſich allein in den Lüften.
Drum haben die alten Chronikenſchreiber der
Kunſt mich ſehr weiſe gedünket, wenn ſie
ein Gemählde bloß: ein vortreffliches, ein
unvergleichliches, ein über alles herrliches
nennen; indem es mir unmöglich ſcheint,
mehr davon zu ſagen. Indeſſen iſt es mir
beygefallen, ein paar Bilder einmal auf die
folgende Art zu ſchildern, wovon ich die
zwey Proben, die mir von ſelbſt in den
Sinn gekommen ſind, um der eignen Art
willen, ohne daß ich dieſe Art für etwas ſehr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/98>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.