Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.Frankreich, oder auch an den geistlichen Höfen Teutschlands gewesen, so würden sie wissen, daß Prälaten vom ersten Rang ihrem Anspruch, den sie auf alle menschliche erlaubte Vergnügungen zu machen berechtigt sind, keineswegs entsagen. -- Würde man bey unsrer Kirch anfangen eben so klug zu denken und zu handeln, so würde es weni- ger übertriebene Zeloten, und eben dadurch auch weniger Religionsspötter geben. Fr. Humbrecht. Ey, ey! Herr Vetter! v. Gröningseck. Der Teufel, war das eine Predigt! -- Ma foi, die erste Hofmeisterstelle, die ich zu vergeben habe, sollen sie bekommen. Magister. Jch zweifle. -- Der Vater wenig- stens, der mir, wenn ich eine Viertelstunde erst mit ihm gesprochen, dennoch seinen Sohn anvertrauen wollte, ist schwerlich schon gebohren. v. Gröningseck. Wie so! bald machen sie mich aufmerksam. Magister. Sie wollen spotten, mein Herr! v. Gröningseck. Parole d'honneur! nein! -- ich wiederhohl es, sie haben mich neugierig ge- macht ihre Ursachen anzuhören. Magister. Die alle hier gleich anzuführen, ist mir unmöglich. Ueberhaupt aber würden meine Erziehungs-Grundsätze wohl schwerlich heut zu Tag wo Beyfall finden. Fr. Humbrecht. Ey Herr Vetter Magister! er wird doch nicht so altväterisch denken, wie mein Mann? Magi- C
Frankreich, oder auch an den geiſtlichen Hoͤfen Teutſchlands geweſen, ſo wuͤrden ſie wiſſen, daß Praͤlaten vom erſten Rang ihrem Anſpruch, den ſie auf alle menſchliche erlaubte Vergnuͤgungen zu machen berechtigt ſind, keineswegs entſagen. — Wuͤrde man bey unſrer Kirch anfangen eben ſo klug zu denken und zu handeln, ſo wuͤrde es weni- ger uͤbertriebene Zeloten, und eben dadurch auch weniger Religionsſpoͤtter geben. Fr. Humbrecht. Ey, ey! Herr Vetter! v. Groͤningseck. Der Teufel, war das eine Predigt! — Ma foi, die erſte Hofmeiſterſtelle, die ich zu vergeben habe, ſollen ſie bekommen. Magiſter. Jch zweifle. — Der Vater wenig- ſtens, der mir, wenn ich eine Viertelſtunde erſt mit ihm geſprochen, dennoch ſeinen Sohn anvertrauen wollte, iſt ſchwerlich ſchon gebohren. v. Groͤningseck. Wie ſo! bald machen ſie mich aufmerkſam. Magiſter. Sie wollen ſpotten, mein Herr! v. Groͤningseck. Parole d’honneur! nein! — ich wiederhohl es, ſie haben mich neugierig ge- macht ihre Urſachen anzuhoͤren. Magiſter. Die alle hier gleich anzufuͤhren, iſt mir unmoͤglich. Ueberhaupt aber wuͤrden meine Erziehungs-Grundſaͤtze wohl ſchwerlich heut zu Tag wo Beyfall finden. Fr. Humbrecht. Ey Herr Vetter Magiſter! er wird doch nicht ſo altvaͤteriſch denken, wie mein Mann? Magi- C
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Frankreich, oder auch an den geiſtlichen Hoͤfen
Teutſchlands geweſen, ſo wuͤrden ſie wiſſen, daß
Praͤlaten vom erſten Rang ihrem Anſpruch, den
ſie auf alle menſchliche erlaubte Vergnuͤgungen zu
machen berechtigt ſind, keineswegs entſagen. —
Wuͤrde man bey unſrer Kirch anfangen eben ſo
klug zu denken und zu handeln, ſo wuͤrde es weni-
ger uͤbertriebene Zeloten, und eben dadurch auch
weniger Religionsſpoͤtter geben.
Fr. Humbrecht. Ey, ey! Herr Vetter!
v. Groͤningseck. Der Teufel, war das eine
Predigt! — Ma foi, die erſte Hofmeiſterſtelle, die
ich zu vergeben habe, ſollen ſie bekommen.
Magiſter. Jch zweifle. — Der Vater wenig-
ſtens, der mir, wenn ich eine Viertelſtunde erſt mit
ihm geſprochen, dennoch ſeinen Sohn anvertrauen
wollte, iſt ſchwerlich ſchon gebohren.
v. Groͤningseck. Wie ſo! bald machen ſie mich
aufmerkſam.
Magiſter. Sie wollen ſpotten, mein Herr!
v. Groͤningseck. Parole d’honneur! nein! —
ich wiederhohl es, ſie haben mich neugierig ge-
macht ihre Urſachen anzuhoͤren.
Magiſter. Die alle hier gleich anzufuͤhren, iſt
mir unmoͤglich. Ueberhaupt aber wuͤrden meine
Erziehungs-Grundſaͤtze wohl ſchwerlich heut zu
Tag wo Beyfall finden.
Fr. Humbrecht. Ey Herr Vetter Magiſter! er
wird doch nicht ſo altvaͤteriſch denken, wie mein
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