Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


kommt, und Sie, wie ein Mann von ihrem Stand
sprechen muß: beyde können in ihrer Art Recht
haben.
v. Gröningseck (kommt zurück.) Ja, mein lie-
ber Magister! so ists! -- sie wissen nicht, wie
sauer es unser einem oft wird ein ehrlicher Mann
zu bleiben! wie vorsichtig, bedächtig wir jeden
Schritt abmessen müssen! -- Aber -- (im schmeich-
lenden Ton.)
sie haben doch über dem gelehrten
Streit meinen Auftrag nicht vergessen?
Magister. Gewiß nicht! -- ihnen allen Zwei-
fel desfalls zu benehmen, will ich gehn und sogleich
Gelegenheit suchen mein Bäschen zu sprechen.
v. Gröningseck. Thun sies; sie verbinden
mich unendlich. Zudem glaub ich ein Recht zu
haben diese Gefälligkeit von ihnen fordern zu kön-
nen; ich fühl, daß ich das nemliche für sie thun
würde.
(drückt dem Magister, der abgeht, die Hand.)
v. Hasenpoth. Tausendsakerment! Grönings-
eck! hast du dich nicht ein paarmal so dumm an-
gestellt, daß man dein ganzes Geheimniß dir in
den Augen lesen konnte. Wäre der Magister nur
einen Grad mistrauischer --
v. Gröningseck. O dafür scheint er mir zu
gutherzig!
v. Hasenpoth. Und den Auftrag, den du ihm
da gegeben!
v. Gröningseck. Hab ich sehr zweydeutig ein-
gerichtet: -- mit vieler Müh, ich gesteh es. --
Richtet er ihn aber so aus, wie ich ihn ihm gab,
so


kommt, und Sie, wie ein Mann von ihrem Stand
ſprechen muß: beyde koͤnnen in ihrer Art Recht
haben.
v. Groͤningseck (kommt zuruͤck.) Ja, mein lie-
ber Magiſter! ſo iſts! — ſie wiſſen nicht, wie
ſauer es unſer einem oft wird ein ehrlicher Mann
zu bleiben! wie vorſichtig, bedaͤchtig wir jeden
Schritt abmeſſen muͤſſen! — Aber — (im ſchmeich-
lenden Ton.)
ſie haben doch uͤber dem gelehrten
Streit meinen Auftrag nicht vergeſſen?
Magiſter. Gewiß nicht! — ihnen allen Zwei-
fel desfalls zu benehmen, will ich gehn und ſogleich
Gelegenheit ſuchen mein Baͤschen zu ſprechen.
v. Groͤningseck. Thun ſies; ſie verbinden
mich unendlich. Zudem glaub ich ein Recht zu
haben dieſe Gefaͤlligkeit von ihnen fordern zu koͤn-
nen; ich fuͤhl, daß ich das nemliche fuͤr ſie thun
wuͤrde.
(druͤckt dem Magiſter, der abgeht, die Hand.)
v. Haſenpoth. Tauſendſakerment! Groͤnings-
eck! haſt du dich nicht ein paarmal ſo dumm an-
geſtellt, daß man dein ganzes Geheimniß dir in
den Augen leſen konnte. Waͤre der Magiſter nur
einen Grad mistrauiſcher —
v. Groͤningseck. O dafuͤr ſcheint er mir zu
gutherzig!
v. Haſenpoth. Und den Auftrag, den du ihm
da gegeben!
v. Groͤningseck. Hab ich ſehr zweydeutig ein-
gerichtet: — mit vieler Muͤh, ich geſteh es. —
Richtet er ihn aber ſo aus, wie ich ihn ihm gab,
ſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#HAS">
          <p><pb facs="#f0061" n="59"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> kommt, und <hi rendition="#fr">Sie,</hi> wie ein Mann von ihrem Stand<lb/>
&#x017F;prechen muß: beyde ko&#x0364;nnen in ihrer Art Recht<lb/>
haben.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GRN">
          <speaker> <hi rendition="#b">v. Gro&#x0364;ningseck</hi> </speaker>
          <stage>(kommt zuru&#x0364;ck.)</stage>
          <p>Ja, mein lie-<lb/>
ber Magi&#x017F;ter! &#x017F;o i&#x017F;ts! &#x2014; &#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en nicht, wie<lb/>
&#x017F;auer es un&#x017F;er einem oft wird ein ehrlicher Mann<lb/>
zu bleiben! wie vor&#x017F;ichtig, beda&#x0364;chtig wir jeden<lb/>
Schritt abme&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en! &#x2014; Aber &#x2014; <stage>(im &#x017F;chmeich-<lb/>
lenden Ton.)</stage> &#x017F;ie haben doch u&#x0364;ber dem gelehrten<lb/>
Streit meinen Auftrag nicht verge&#x017F;&#x017F;en?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#MHUM">
          <speaker> <hi rendition="#b">Magi&#x017F;ter.</hi> </speaker>
          <p>Gewiß nicht! &#x2014; ihnen allen Zwei-<lb/>
fel desfalls zu benehmen, will ich gehn und &#x017F;ogleich<lb/>
Gelegenheit &#x017F;uchen mein Ba&#x0364;schen zu &#x017F;prechen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GRN">
          <speaker> <hi rendition="#b">v. Gro&#x0364;ningseck.</hi> </speaker>
          <p>Thun &#x017F;ies; &#x017F;ie verbinden<lb/>
mich unendlich. Zudem glaub ich ein Recht zu<lb/>
haben die&#x017F;e Gefa&#x0364;lligkeit von ihnen fordern zu ko&#x0364;n-<lb/>
nen; ich fu&#x0364;hl, daß ich das nemliche fu&#x0364;r &#x017F;ie thun<lb/>
wu&#x0364;rde.</p>
          <stage>(dru&#x0364;ckt dem Magi&#x017F;ter, der abgeht, die Hand.)</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HAS">
          <speaker> <hi rendition="#b">v. Ha&#x017F;enpoth.</hi> </speaker>
          <p>Tau&#x017F;end&#x017F;akerment! Gro&#x0364;nings-<lb/>
eck! ha&#x017F;t du dich nicht ein paarmal &#x017F;o dumm an-<lb/>
ge&#x017F;tellt, daß man dein ganzes Geheimniß dir in<lb/>
den Augen le&#x017F;en konnte. Wa&#x0364;re der Magi&#x017F;ter nur<lb/>
einen Grad mistraui&#x017F;cher &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GRN">
          <speaker> <hi rendition="#b">v. Gro&#x0364;ningseck.</hi> </speaker>
          <p>O dafu&#x0364;r &#x017F;cheint er mir zu<lb/>
gutherzig!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HAS">
          <speaker> <hi rendition="#b">v. Ha&#x017F;enpoth.</hi> </speaker>
          <p>Und den Auftrag, den du ihm<lb/>
da gegeben!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GRN">
          <speaker> <hi rendition="#b">v. Gro&#x0364;ningseck.</hi> </speaker>
          <p>Hab ich &#x017F;ehr zweydeutig ein-<lb/>
gerichtet: &#x2014; mit vieler Mu&#x0364;h, ich ge&#x017F;teh es. &#x2014;<lb/>
Richtet er ihn aber &#x017F;o aus, wie ich ihn ihm gab,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0061] kommt, und Sie, wie ein Mann von ihrem Stand ſprechen muß: beyde koͤnnen in ihrer Art Recht haben. v. Groͤningseck (kommt zuruͤck.) Ja, mein lie- ber Magiſter! ſo iſts! — ſie wiſſen nicht, wie ſauer es unſer einem oft wird ein ehrlicher Mann zu bleiben! wie vorſichtig, bedaͤchtig wir jeden Schritt abmeſſen muͤſſen! — Aber — (im ſchmeich- lenden Ton.) ſie haben doch uͤber dem gelehrten Streit meinen Auftrag nicht vergeſſen? Magiſter. Gewiß nicht! — ihnen allen Zwei- fel desfalls zu benehmen, will ich gehn und ſogleich Gelegenheit ſuchen mein Baͤschen zu ſprechen. v. Groͤningseck. Thun ſies; ſie verbinden mich unendlich. Zudem glaub ich ein Recht zu haben dieſe Gefaͤlligkeit von ihnen fordern zu koͤn- nen; ich fuͤhl, daß ich das nemliche fuͤr ſie thun wuͤrde. (druͤckt dem Magiſter, der abgeht, die Hand.) v. Haſenpoth. Tauſendſakerment! Groͤnings- eck! haſt du dich nicht ein paarmal ſo dumm an- geſtellt, daß man dein ganzes Geheimniß dir in den Augen leſen konnte. Waͤre der Magiſter nur einen Grad mistrauiſcher — v. Groͤningseck. O dafuͤr ſcheint er mir zu gutherzig! v. Haſenpoth. Und den Auftrag, den du ihm da gegeben! v. Groͤningseck. Hab ich ſehr zweydeutig ein- gerichtet: — mit vieler Muͤh, ich geſteh es. — Richtet er ihn aber ſo aus, wie ich ihn ihm gab, ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/61
Zitationshilfe: Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/61>, abgerufen am 23.11.2024.