Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.alles Uebrige läßt ihn kalt oder beunruhigt ihn auf kon¬ Ein durch sie bedingter Zusammenhang unserer 5*
alles Uebrige läßt ihn kalt oder beunruhigt ihn auf kon¬ Ein durch ſie bedingter Zuſammenhang unſerer 5*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0115" n="99"/> alles Uebrige läßt ihn kalt oder beunruhigt ihn auf kon¬<lb/> fuſe Weiſe, weil er es ſehr einfach nicht verſteht und nicht<lb/> verſtehen kann. Unſer modernes Concertpublikum, welches<lb/> der Kunſtſymphonie gegenüber ſich warm und befriedigt<lb/> anſtellt, lügt und heuchelt, und die Probe dieſer Lüge und<lb/> Heuchelei können wir jeden Augenblick erhalten, ſobald —<lb/> wie es denn auch in den berühmteſten Conzertinſtituten<lb/> geſchieht, — nach einer ſolchen Symphonie irgend ein<lb/> modern melodiöſes Operntonſtück vorgetragen wird, wo wir<lb/> denn den eigentlichen muſikaliſchen Puls des Auditoriums<lb/> in ungeheuchelter Freude ſogleich ſchlagen hören.</p><lb/> <p>Ein durch ſie bedingter Zuſammenhang unſerer<lb/> Kunſtmuſik mit der Oeffentlichkeit iſt durchaus zu leugnen:<lb/> wo er ſich kundgeben will, iſt er affektirt und unwahr,<lb/> oder bei einem gewiſſen Volkspublikum, welches ohne<lb/> Affectation von dem Draſtiſchen einer Beethovenſchen<lb/> Symphonie zuweilen ergriffen zu werden vermag, minde¬<lb/> ſtens unklar und der Eindruck dieſer Tonwerke ſicher ein<lb/> unvollſtändiger, lückenhafter. Wo dieſer Zuſammenhang<lb/> aber nicht vorhanden iſt, kann der zünftige Zuſammenhang<lb/> der Kunſtgenoſſenſchaft nur ein äußerlicher ſein; das<lb/> Wachſen und Geſtalten der Kunſt aus Innen heraus kann<lb/> nicht aus der Gemeinſchaft ſich bedingen, die eben nur eine<lb/> künſtlich ſyſtematiſche iſt, — ſondern nur in dem Einzel¬<lb/> nen, aus der Individualität des beſonderen Weſens, ver¬<lb/> <fw place="bottom" type="sig">5*<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [99/0115]
alles Uebrige läßt ihn kalt oder beunruhigt ihn auf kon¬
fuſe Weiſe, weil er es ſehr einfach nicht verſteht und nicht
verſtehen kann. Unſer modernes Concertpublikum, welches
der Kunſtſymphonie gegenüber ſich warm und befriedigt
anſtellt, lügt und heuchelt, und die Probe dieſer Lüge und
Heuchelei können wir jeden Augenblick erhalten, ſobald —
wie es denn auch in den berühmteſten Conzertinſtituten
geſchieht, — nach einer ſolchen Symphonie irgend ein
modern melodiöſes Operntonſtück vorgetragen wird, wo wir
denn den eigentlichen muſikaliſchen Puls des Auditoriums
in ungeheuchelter Freude ſogleich ſchlagen hören.
Ein durch ſie bedingter Zuſammenhang unſerer
Kunſtmuſik mit der Oeffentlichkeit iſt durchaus zu leugnen:
wo er ſich kundgeben will, iſt er affektirt und unwahr,
oder bei einem gewiſſen Volkspublikum, welches ohne
Affectation von dem Draſtiſchen einer Beethovenſchen
Symphonie zuweilen ergriffen zu werden vermag, minde¬
ſtens unklar und der Eindruck dieſer Tonwerke ſicher ein
unvollſtändiger, lückenhafter. Wo dieſer Zuſammenhang
aber nicht vorhanden iſt, kann der zünftige Zuſammenhang
der Kunſtgenoſſenſchaft nur ein äußerlicher ſein; das
Wachſen und Geſtalten der Kunſt aus Innen heraus kann
nicht aus der Gemeinſchaft ſich bedingen, die eben nur eine
künſtlich ſyſtematiſche iſt, — ſondern nur in dem Einzel¬
nen, aus der Individualität des beſonderen Weſens, ver¬
5*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |