Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.zu construiren, -- wie ihm die alexandrinischen Hofdichter zu conſtruiren, — wie ihm die alexandriniſchen Hofdichter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0189" n="173"/> zu conſtruiren, — wie ihm die alexandriniſchen Hofdichter<lb/> z. B. ſich hingaben, — unterſchied ſich jedoch die Maler¬<lb/> kunſt auf das Vortheilhafteſte, indem ſie das Verlorene<lb/> verloren gab, und dem Drange, es wieder vorzuführen,<lb/> durch Ausbildung einer beſonderen, eigenthümlichen, künſt¬<lb/> leriſchen Fähigkeit des Menſchen entſprach. War die<lb/> Aeußerung dieſer Fähigkeit eine vielfach vermittelte, ſo<lb/> gewann die Malerei vor der Bildhauerei doch bald einen<lb/> wichtigen Vorzug. Das Werk des Bildhauers ſtellte in<lb/> ſeinem Material den ganzen Menſchen nach ſeiner vollkom¬<lb/> menen Form dar, und ſtand inſofern dem lebendigen<lb/> Kunſtwerke des ſich ſelbſt darſtellenden Menſchen näher,<lb/> als das Werk der Malerei, das von dieſem gewiſſermaßen<lb/> nur den farbigen Schatten zu geben vermochte: wie in<lb/> beiden Nachbildungen das Leben dennoch unerreichbar<lb/> war, und Bewegung in ihren Darſtellungen nur dem<lb/> beſchauenden Denker angedeutet, ihre denkbare Möglichkeit<lb/> der Phantaſie des Beſchauers, nach gewiſſen natürlichen<lb/> Geſetzen der Abſtraction, zur Ausführung nur überlaſſen<lb/> werden konnte, — ſo vermochte die Malerei, eben weil<lb/> ſie noch idealer von der Wirklichkeit abſah, noch mehr<lb/> nur auf künſtleriſche Täuſchung ausging, als die Bild¬<lb/> hauerei, auch vollſtändiger zu dichten als dieſe. Die Male¬<lb/> rei brauchte ſich endlich nicht, wie die Bildhauerei, mit<lb/> der Darſtellung <hi rendition="#g">dieſes</hi> Menſchen, oder dieſer <hi rendition="#g">gewiſſen</hi>,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [173/0189]
zu conſtruiren, — wie ihm die alexandriniſchen Hofdichter
z. B. ſich hingaben, — unterſchied ſich jedoch die Maler¬
kunſt auf das Vortheilhafteſte, indem ſie das Verlorene
verloren gab, und dem Drange, es wieder vorzuführen,
durch Ausbildung einer beſonderen, eigenthümlichen, künſt¬
leriſchen Fähigkeit des Menſchen entſprach. War die
Aeußerung dieſer Fähigkeit eine vielfach vermittelte, ſo
gewann die Malerei vor der Bildhauerei doch bald einen
wichtigen Vorzug. Das Werk des Bildhauers ſtellte in
ſeinem Material den ganzen Menſchen nach ſeiner vollkom¬
menen Form dar, und ſtand inſofern dem lebendigen
Kunſtwerke des ſich ſelbſt darſtellenden Menſchen näher,
als das Werk der Malerei, das von dieſem gewiſſermaßen
nur den farbigen Schatten zu geben vermochte: wie in
beiden Nachbildungen das Leben dennoch unerreichbar
war, und Bewegung in ihren Darſtellungen nur dem
beſchauenden Denker angedeutet, ihre denkbare Möglichkeit
der Phantaſie des Beſchauers, nach gewiſſen natürlichen
Geſetzen der Abſtraction, zur Ausführung nur überlaſſen
werden konnte, — ſo vermochte die Malerei, eben weil
ſie noch idealer von der Wirklichkeit abſah, noch mehr
nur auf künſtleriſche Täuſchung ausging, als die Bild¬
hauerei, auch vollſtändiger zu dichten als dieſe. Die Male¬
rei brauchte ſich endlich nicht, wie die Bildhauerei, mit
der Darſtellung dieſes Menſchen, oder dieſer gewiſſen,
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