Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.Despot aller Schwachen, Feigen, in Wahrheit Bedürfni߬ Die Mode ist daher nicht künstlerische Erzeugung aus 2*
Deſpot aller Schwachen, Feigen, in Wahrheit Bedürfni߬ Die Mode iſt daher nicht künſtleriſche Erzeugung aus 2*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0043" n="27"/> Deſpot aller Schwachen, Feigen, in Wahrheit Bedürfni߬<lb/> loſen. Die Gewohnheit iſt der Kommunismus des Egois¬<lb/> mus, das erhaltungszähe Band gemeinſchaftlichen, noth¬<lb/> loſen Eigennutzes; ihre künſtliche Lebensregung iſt eben die<lb/> der Mode.</p><lb/> <p>Die Mode iſt daher nicht künſtleriſche Erzeugung aus<lb/> ſich, ſondern nur künſtliche Ableitung aus ihrem Gegenſatze,<lb/> der Natur, von der ſie ſich im Grunde doch einzig ernäh¬<lb/> ren muß, wie der Luxus der vornehmen Klaſſen ſich wie¬<lb/> derum nur aus dem Drange nach Befriedigung natürlicher<lb/> Lebensbedürfniſſe der niederen, arbeitenden Klaſſen ernährt.<lb/> Auch die Willkür der Mode kann daher nur aus der wirk¬<lb/> lichen Natur ſchaffen: alle ihre Geſtaltungen, Schnörkel<lb/> und Zierrathen haben endlich doch nur in der Natur ihr<lb/> Urbild; ſie kann, wie all unſer abſtraktes Denken in ſeinen<lb/> weiteſten Abirrungen, ſchließlich doch nichts Anderes er¬<lb/> denken und erfinden, als was ſeinem urſprünglichen Weſen<lb/> nach in der Natur und im Menſchen ſinnlich und förmlich<lb/> vorhanden iſt. Aber ihr Verfahren iſt ein hochmüthiges,<lb/> von der Natur willkürlich ſich lostrennendes: ſie ordnet und<lb/> befiehlt da, wo Alles in Wahrheit ſich nur unterzuordnen<lb/> und zu gehorchen hat. Somit kann ſie in ihren Bildungen<lb/> nur die Natur entſtellen, nicht aber darſtellen; ſie kann<lb/> nur <hi rendition="#g">ableiten</hi>, nicht aber <hi rendition="#g">erfinden</hi>, denn Erfinden iſt in<lb/> <fw place="bottom" type="sig">2*<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0043]
Deſpot aller Schwachen, Feigen, in Wahrheit Bedürfni߬
loſen. Die Gewohnheit iſt der Kommunismus des Egois¬
mus, das erhaltungszähe Band gemeinſchaftlichen, noth¬
loſen Eigennutzes; ihre künſtliche Lebensregung iſt eben die
der Mode.
Die Mode iſt daher nicht künſtleriſche Erzeugung aus
ſich, ſondern nur künſtliche Ableitung aus ihrem Gegenſatze,
der Natur, von der ſie ſich im Grunde doch einzig ernäh¬
ren muß, wie der Luxus der vornehmen Klaſſen ſich wie¬
derum nur aus dem Drange nach Befriedigung natürlicher
Lebensbedürfniſſe der niederen, arbeitenden Klaſſen ernährt.
Auch die Willkür der Mode kann daher nur aus der wirk¬
lichen Natur ſchaffen: alle ihre Geſtaltungen, Schnörkel
und Zierrathen haben endlich doch nur in der Natur ihr
Urbild; ſie kann, wie all unſer abſtraktes Denken in ſeinen
weiteſten Abirrungen, ſchließlich doch nichts Anderes er¬
denken und erfinden, als was ſeinem urſprünglichen Weſen
nach in der Natur und im Menſchen ſinnlich und förmlich
vorhanden iſt. Aber ihr Verfahren iſt ein hochmüthiges,
von der Natur willkürlich ſich lostrennendes: ſie ordnet und
befiehlt da, wo Alles in Wahrheit ſich nur unterzuordnen
und zu gehorchen hat. Somit kann ſie in ihren Bildungen
nur die Natur entſtellen, nicht aber darſtellen; ſie kann
nur ableiten, nicht aber erfinden, denn Erfinden iſt in
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