Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.was Schändliches begangen. Jhre Augen können O Theodor! wie viele meiner Brüder geh'n was Schaͤndliches begangen. Jhre Augen koͤnnen O Theodor! wie viele meiner Bruͤder geh’n <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0101" n="91"/> was Schaͤndliches begangen. Jhre Augen koͤnnen<lb/> aus mir machen, was ſie wollen.</p><lb/> <p>O Theodor! wie viele meiner Bruͤder geh’n<lb/> verloren durch ſchwelgeriſchen Sinnengenuß! Die<lb/> Wolluſt weht durch ihre Seele, wie der Hauch ver-<lb/> ſengender Winde, und verzehrt die edle Kraft.<lb/> Bruͤder! der Name Kunſt, fuͤllt er nicht euer Jn-<lb/> nerſtes an mit ſeiner Heiligkeit Fuͤlle? Und euer<lb/> Auge, das Befleckte, glaubt ihr, es werde anſchauen<lb/> duͤrfen die Schoͤnheit, wenn ſie herabſteigt vom<lb/> Himmel in ihrer Klarheit in den Stunden der Ahn-<lb/> ung, und die Fuͤlle des Gerichts, wie ein Licht-<lb/> meer den Heilig-Bebenden umwallet? Jn eurem<lb/> Buſen ſchlaͤgt die Stimme Gottes, wie ſie ſchlaͤgt<lb/> im Buſen eines Kuͤnſtlers? Jhr wollt mit unheili-<lb/> gen Haͤnden den Schleyer luͤften vom Bilde der<lb/> Jſis? und ſchauen die Urbilder, wie ſie weben in<lb/> Gott, in wandelloſer Schoͤne? Jhr Unreinen, woll-<lb/> tet Prieſter ſeyn der heiligen Kunſt, die eine Ver-<lb/> kuͤndigerin iſt der goͤttlichen Vollkommenheit? Nicht<lb/> der geuͤbte Meißel macht den Kuͤnſtler; der Drang<lb/> von Jnnen, der erklingt wie eine Stimme von<lb/> Gott, die heilig ſchaffende Kraft, im vollen Bu-<lb/> ſen, die bruͤnſtige Liebe des Ewigen, und die ge-<lb/> heimnißvolle Anſchauung der Gottheit in ihrer<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0101]
was Schaͤndliches begangen. Jhre Augen koͤnnen
aus mir machen, was ſie wollen.
O Theodor! wie viele meiner Bruͤder geh’n
verloren durch ſchwelgeriſchen Sinnengenuß! Die
Wolluſt weht durch ihre Seele, wie der Hauch ver-
ſengender Winde, und verzehrt die edle Kraft.
Bruͤder! der Name Kunſt, fuͤllt er nicht euer Jn-
nerſtes an mit ſeiner Heiligkeit Fuͤlle? Und euer
Auge, das Befleckte, glaubt ihr, es werde anſchauen
duͤrfen die Schoͤnheit, wenn ſie herabſteigt vom
Himmel in ihrer Klarheit in den Stunden der Ahn-
ung, und die Fuͤlle des Gerichts, wie ein Licht-
meer den Heilig-Bebenden umwallet? Jn eurem
Buſen ſchlaͤgt die Stimme Gottes, wie ſie ſchlaͤgt
im Buſen eines Kuͤnſtlers? Jhr wollt mit unheili-
gen Haͤnden den Schleyer luͤften vom Bilde der
Jſis? und ſchauen die Urbilder, wie ſie weben in
Gott, in wandelloſer Schoͤne? Jhr Unreinen, woll-
tet Prieſter ſeyn der heiligen Kunſt, die eine Ver-
kuͤndigerin iſt der goͤttlichen Vollkommenheit? Nicht
der geuͤbte Meißel macht den Kuͤnſtler; der Drang
von Jnnen, der erklingt wie eine Stimme von
Gott, die heilig ſchaffende Kraft, im vollen Bu-
ſen, die bruͤnſtige Liebe des Ewigen, und die ge-
heimnißvolle Anſchauung der Gottheit in ihrer
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