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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.

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Phaethon an Theodor.

Oft an heiterm Vormittage drängt mich's, mein
Zimmer zu verlassen und ich wandle dann hinaus
ins Freye. Ach welch' ein Gefühl, zu irren durch
die stillen Wiesen und Gründe, wenn alles so stille
ist umher, und nur selten ein Mensch geschäftig
seinen Weg vorüberwandelt! Da leg' ich mich dann
am Fuß eines kleinen Abhangs nieder mit einem
Buche. Theodor, wenn ich dann aufschaue und
hinüberblicke über die schweigenden Dörfer, und die
liebe Sonne bald ins Gewölke sich hüllt, bald in
all' ihrem Lichte wieder heraustritt, und zu meinen
Füßen eine Quelle mit tiefbescheid'nem Rieseln durch
die Gräser sprudelt -- wenn's dann immer stiller
wird und feyerlicher, nur hie und da ein reifer
Apfel vom belad'nen Aste tönend auf den Boden
fällt oder ferne Stimmen erklingen und wechselnd
sich antworten -- wenn dann mein ganzer Busen
sich füllt, und ich fühle das geheime, glühende

Phaethon an Theodor.

Oft an heiterm Vormittage draͤngt mich’s, mein
Zimmer zu verlaſſen und ich wandle dann hinaus
ins Freye. Ach welch’ ein Gefuͤhl, zu irren durch
die ſtillen Wieſen und Gruͤnde, wenn alles ſo ſtille
iſt umher, und nur ſelten ein Menſch geſchaͤftig
ſeinen Weg voruͤberwandelt! Da leg’ ich mich dann
am Fuß eines kleinen Abhangs nieder mit einem
Buche. Theodor, wenn ich dann aufſchaue und
hinuͤberblicke uͤber die ſchweigenden Doͤrfer, und die
liebe Sonne bald ins Gewoͤlke ſich huͤllt, bald in
all’ ihrem Lichte wieder heraustritt, und zu meinen
Fuͤßen eine Quelle mit tiefbeſcheid’nem Rieſeln durch
die Graͤſer ſprudelt — wenn’s dann immer ſtiller
wird und feyerlicher, nur hie und da ein reifer
Apfel vom belad’nen Aſte toͤnend auf den Boden
faͤllt oder ferne Stimmen erklingen und wechſelnd
ſich antworten — wenn dann mein ganzer Buſen
ſich fuͤllt, und ich fuͤhle das geheime, gluͤhende

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[108/0118] Phaethon an Theodor. Oft an heiterm Vormittage draͤngt mich’s, mein Zimmer zu verlaſſen und ich wandle dann hinaus ins Freye. Ach welch’ ein Gefuͤhl, zu irren durch die ſtillen Wieſen und Gruͤnde, wenn alles ſo ſtille iſt umher, und nur ſelten ein Menſch geſchaͤftig ſeinen Weg voruͤberwandelt! Da leg’ ich mich dann am Fuß eines kleinen Abhangs nieder mit einem Buche. Theodor, wenn ich dann aufſchaue und hinuͤberblicke uͤber die ſchweigenden Doͤrfer, und die liebe Sonne bald ins Gewoͤlke ſich huͤllt, bald in all’ ihrem Lichte wieder heraustritt, und zu meinen Fuͤßen eine Quelle mit tiefbeſcheid’nem Rieſeln durch die Graͤſer ſprudelt — wenn’s dann immer ſtiller wird und feyerlicher, nur hie und da ein reifer Apfel vom belad’nen Aſte toͤnend auf den Boden faͤllt oder ferne Stimmen erklingen und wechſelnd ſich antworten — wenn dann mein ganzer Buſen ſich fuͤllt, und ich fuͤhle das geheime, gluͤhende

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton01_1823/118>, abgerufen am 04.12.2024.