Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.alten Tragikern. Ach! und wenns dann still wird alten Tragikern. Ach! und wenns dann ſtill wird <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0019" n="9"/> alten Tragikern. Ach! und wenns dann ſtill wird<lb/> umher und immer ſtiller, und durch die dunkle Eiche<lb/> der lezte Strahl der warmen heil’gen Sonne meine<lb/> gluͤhenden Wangen kuͤßt, wie der Mund eines Maͤd-<lb/> chens, wenn die grauen Woͤlkchen im goldnen Meer<lb/> der Abendroͤthe ſchwimmen, wie zarte verflieſſende<lb/> Bilder der Vergangenheit, und das linde Weh’n<lb/> der kuͤhlen Luͤfte ſo zaͤrtlich liebend in meinen Locken<lb/> ſpielt, und wenn dann allmaͤhlich im blaſſen Duft<lb/> auch die fernen Berge zuſammenſchwimmen mit dem<lb/> Himmel, wie eine Seele mit der andern, und der<lb/> Nebelflor auch uͤber dem Thale wallet, und die Abend-<lb/> glocken ſo voll, wie mein ſchwellend Herz, aus der<lb/> Ferne klingen, ach! da wein’ ich wie ein Kind und<lb/> druͤcke den lieben Homer an meine Bruſt, und be-<lb/> netz’ ihn mit meinen Thraͤnen, und die Natur, die<lb/> Ewige, die Liebende, laͤchelt mich an, wie eine Mut-<lb/> ter. Dann fuͤllt ſich mein Jnnres an mit einer un-<lb/> endlichen Wonne und ich fuͤhle jeden Pulsſchlag<lb/> der lebendigen Natur, und wandle dann wieder ſo<lb/> hinunter.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0019]
alten Tragikern. Ach! und wenns dann ſtill wird
umher und immer ſtiller, und durch die dunkle Eiche
der lezte Strahl der warmen heil’gen Sonne meine
gluͤhenden Wangen kuͤßt, wie der Mund eines Maͤd-
chens, wenn die grauen Woͤlkchen im goldnen Meer
der Abendroͤthe ſchwimmen, wie zarte verflieſſende
Bilder der Vergangenheit, und das linde Weh’n
der kuͤhlen Luͤfte ſo zaͤrtlich liebend in meinen Locken
ſpielt, und wenn dann allmaͤhlich im blaſſen Duft
auch die fernen Berge zuſammenſchwimmen mit dem
Himmel, wie eine Seele mit der andern, und der
Nebelflor auch uͤber dem Thale wallet, und die Abend-
glocken ſo voll, wie mein ſchwellend Herz, aus der
Ferne klingen, ach! da wein’ ich wie ein Kind und
druͤcke den lieben Homer an meine Bruſt, und be-
netz’ ihn mit meinen Thraͤnen, und die Natur, die
Ewige, die Liebende, laͤchelt mich an, wie eine Mut-
ter. Dann fuͤllt ſich mein Jnnres an mit einer un-
endlichen Wonne und ich fuͤhle jeden Pulsſchlag
der lebendigen Natur, und wandle dann wieder ſo
hinunter.
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