Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.Menschen für Frömmigkeit gilt. Warum sollt' ich Die Religion soll beseligen, nicht schrecken, uns Die wahre Religion und die höchste Poesie liegt Jch bin nie entstanden und nie werd' ich un- Menſchen fuͤr Froͤmmigkeit gilt. Warum ſollt’ ich Die Religion ſoll beſeligen, nicht ſchrecken, uns Die wahre Religion und die hoͤchſte Poeſie liegt Jch bin nie entſtanden und nie werd’ ich un- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0055" n="45"/> Menſchen fuͤr Froͤmmigkeit gilt. Warum ſollt’ ich<lb/> auch meiner Schwaͤchen und Menſchlichkeiten mich<lb/> ſchaͤmen? Und thu’ ich eine Suͤnde, wenn ich<lb/> menſchlich bin? Jch kann nicht mit ewigem Zagen<lb/> und Zittern, mit ewiger Furcht und Reue, daß ich<lb/> ein Suͤnder ſey, vor Gott treten. <hi rendition="#g">Mein Gott<lb/> iſt kein Gott der Zerknirſchten, er iſt ein<lb/> Gott der Lebendigen.</hi></p><lb/> <p>Die Religion ſoll beſeligen, nicht ſchrecken, uns<lb/> zu Gott fuͤhren und nicht von ihm hinweg, in den<lb/> Himmel und nicht auf die Erde. Sie iſt das na-<lb/> menloſe Gefuͤhl der Entzuͤckung, wann wir in ei-<lb/> ner Stunde des Lichts die Gottheit kuͤſſen. Die<lb/> Religion iſt wie eine keuſche, ſonnenweiße Jungfrau,<lb/> die ſehnend ihre Arme zum Himmel hebt. Jn ih-<lb/> rem Auge ſchauert die Thraͤne einer ungeſtillten<lb/> Sehnſucht. Um ihre Lippen ſpielt die Unſchuld,<lb/> wie der Weſt um eine nieberuͤhrte Roſe. Jhr gan-<lb/> zes Weſen aber iſt ein Geheimniß, und wehe dem<lb/> Frechen, der’s auszuſprechen wagt.</p><lb/> <p>Die wahre Religion und die hoͤchſte Poeſie liegt<lb/> in der Aſtronomie.</p><lb/> <p>Jch bin nie entſtanden und nie werd’ ich un-<lb/> tergehen. Wie kann etwas entſtehen auf der Welt?<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0055]
Menſchen fuͤr Froͤmmigkeit gilt. Warum ſollt’ ich
auch meiner Schwaͤchen und Menſchlichkeiten mich
ſchaͤmen? Und thu’ ich eine Suͤnde, wenn ich
menſchlich bin? Jch kann nicht mit ewigem Zagen
und Zittern, mit ewiger Furcht und Reue, daß ich
ein Suͤnder ſey, vor Gott treten. Mein Gott
iſt kein Gott der Zerknirſchten, er iſt ein
Gott der Lebendigen.
Die Religion ſoll beſeligen, nicht ſchrecken, uns
zu Gott fuͤhren und nicht von ihm hinweg, in den
Himmel und nicht auf die Erde. Sie iſt das na-
menloſe Gefuͤhl der Entzuͤckung, wann wir in ei-
ner Stunde des Lichts die Gottheit kuͤſſen. Die
Religion iſt wie eine keuſche, ſonnenweiße Jungfrau,
die ſehnend ihre Arme zum Himmel hebt. Jn ih-
rem Auge ſchauert die Thraͤne einer ungeſtillten
Sehnſucht. Um ihre Lippen ſpielt die Unſchuld,
wie der Weſt um eine nieberuͤhrte Roſe. Jhr gan-
zes Weſen aber iſt ein Geheimniß, und wehe dem
Frechen, der’s auszuſprechen wagt.
Die wahre Religion und die hoͤchſte Poeſie liegt
in der Aſtronomie.
Jch bin nie entſtanden und nie werd’ ich un-
tergehen. Wie kann etwas entſtehen auf der Welt?
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