Walcker, Karl: Die Frauenbewegung. Straßburg, 1896.sogar in Rechtsstreitigkeiten, höchstens von Kleinstaaten, nicht von den mächtigsten Staaten benutzt werden. Die letzteren haben selten ein Bedürfnis nach einem Schiedsgericht, und sie würden bei einem Tribunal ad hoc viel besser ihre Rechnung finden, wie bei einem ständigen. Nehmen wir z. B. an, Rußland habe einen Grenz- streit mit China, und das Recht sei auf seiner Seite, so würde es viel besser fahren, wenn es z. B. den deutschen Kaiser, den König von Portugal, den König von Belgien, oder das schweizerische Bundes- gericht zum Schiedsrichter wählte, als wenn es sich den unberechen- baren Chancen einer Abstimmung im ständigen, internationalen Tri- bunal aussetzte. Rußland ist natürlich nur beispielsweise gewählt. Ähnliches gilt vom Deutschen Reiche, den Vereinigten Staaten u. s. w. D. Noch weniger würden sich die Großmächte in politischen Lebensfragen einem internationalen Tribunal unterwerfen. Graf Leo Tolstoi, eine große Autorität, sozusagen ein Heiliger oder Papst, der Burrittianer und Suttnerianer, polemisiert im Mai-Juni-Heft der "Monatlichen Friedens-Korrespondenz", des Organs der "Deutschen Friedensgesellschaft", gegen den Patriotismus, ist aber doch unbe- fangen, sozusagen patriotisch genug, um folgendes zu schreiben: " ... Einzelne machen den komischen Versuch, einen Vogel zu fangen, indem sie ihm Salz auf den Schwanz streuen, nämlich den Versuch, internationale Kongresse [soll heißen: ein internationales Schieds- gericht] ins Leben zu rufen, welche augenscheinlich aber nie von den mächtigen Staaten werden anerkannt werden, da diese Staaten ja nur zu dem Zweck bewaffnet sind, um niemandem zu gehorchen." E. Das ehemalige Aschenbrödel Deutschland hat noch heute viele Gegner. Man denke z. B. an die Sprache der meisten englischen Blätter über das Telegramm, welches Kaiser Wilhelm II. 1896 an Krüger, den Präsidenten der südafrikanischen Republik, richtete, an die Depesche, welche der amerikanische Staatssekretär Olney im Mai 1896 an den Freiherrn v. Thielmann in Sachen Stern's richtete. Letzterer hatte 1895 in Kissingen die bekannte Affaire. Jn einem internationalen Tribunal würden die Neider unseres Volkes eine feste Mehrheit haben. Sie würden ihm verbieten, gegen Polen, Magyaren u. s. w. Notwehr zu üben, Nichtdeutsche im Kampf ums Dasein wirtschaftlich zu verdrängen, oder zu germani- sieren, sich Ellbogen-Raum zu schaffen. Sie würden im bekannten sogar in Rechtsstreitigkeiten, höchstens von Kleinstaaten, nicht von den mächtigsten Staaten benutzt werden. Die letzteren haben selten ein Bedürfnis nach einem Schiedsgericht, und sie würden bei einem Tribunal ad hoc viel besser ihre Rechnung finden, wie bei einem ständigen. Nehmen wir z. B. an, Rußland habe einen Grenz- streit mit China, und das Recht sei auf seiner Seite, so würde es viel besser fahren, wenn es z. B. den deutschen Kaiser, den König von Portugal, den König von Belgien, oder das schweizerische Bundes- gericht zum Schiedsrichter wählte, als wenn es sich den unberechen- baren Chancen einer Abstimmung im ständigen, internationalen Tri- bunal aussetzte. Rußland ist natürlich nur beispielsweise gewählt. Ähnliches gilt vom Deutschen Reiche, den Vereinigten Staaten u. s. w. D. Noch weniger würden sich die Großmächte in politischen Lebensfragen einem internationalen Tribunal unterwerfen. Graf Leo Tolstoi, eine große Autorität, sozusagen ein Heiliger oder Papst, der Burrittianer und Suttnerianer, polemisiert im Mai-Juni-Heft der „Monatlichen Friedens-Korrespondenz“, des Organs der „Deutschen Friedensgesellschaft“, gegen den Patriotismus, ist aber doch unbe- fangen, sozusagen patriotisch genug, um folgendes zu schreiben: „ … Einzelne machen den komischen Versuch, einen Vogel zu fangen, indem sie ihm Salz auf den Schwanz streuen, nämlich den Versuch, internationale Kongresse [soll heißen: ein internationales Schieds- gericht] ins Leben zu rufen, welche augenscheinlich aber nie von den mächtigen Staaten werden anerkannt werden, da diese Staaten ja nur zu dem Zweck bewaffnet sind, um niemandem zu gehorchen.“ E. Das ehemalige Aschenbrödel Deutschland hat noch heute viele Gegner. Man denke z. B. an die Sprache der meisten englischen Blätter über das Telegramm, welches Kaiser Wilhelm II. 1896 an Krüger, den Präsidenten der südafrikanischen Republik, richtete, an die Depesche, welche der amerikanische Staatssekretär Olney im Mai 1896 an den Freiherrn v. Thielmann in Sachen Stern's richtete. Letzterer hatte 1895 in Kissingen die bekannte Affaire. Jn einem internationalen Tribunal würden die Neider unseres Volkes eine feste Mehrheit haben. Sie würden ihm verbieten, gegen Polen, Magyaren u. s. w. Notwehr zu üben, Nichtdeutsche im Kampf ums Dasein wirtschaftlich zu verdrängen, oder zu germani- sieren, sich Ellbogen-Raum zu schaffen. Sie würden im bekannten <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <list> <item><pb facs="#f0029" n="23"/> sogar in Rechtsstreitigkeiten, höchstens von Kleinstaaten, <hi rendition="#g">nicht von<lb/> den mächtigsten Staaten benutzt werden</hi>. 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einem Tribunal ad hoc viel besser ihre Rechnung finden, wie bei
einem ständigen. Nehmen wir z. B. an, Rußland habe einen Grenz-
streit mit China, und das Recht sei auf seiner Seite, so würde es
viel besser fahren, wenn es z. B. den deutschen Kaiser, den König
von Portugal, den König von Belgien, oder das schweizerische Bundes-
gericht zum Schiedsrichter wählte, als wenn es sich den unberechen-
baren Chancen einer Abstimmung im ständigen, internationalen Tri-
bunal aussetzte. Rußland ist natürlich nur beispielsweise gewählt.
Ähnliches gilt vom Deutschen Reiche, den Vereinigten Staaten u. s. w.
D. Noch weniger würden sich die Großmächte in politischen
Lebensfragen einem internationalen Tribunal unterwerfen. Graf Leo
Tolstoi, eine große Autorität, sozusagen ein Heiliger oder Papst,
der Burrittianer und Suttnerianer, polemisiert im Mai-Juni-Heft
der „Monatlichen Friedens-Korrespondenz“, des Organs der „Deutschen
Friedensgesellschaft“, gegen den Patriotismus, ist aber doch unbe-
fangen, sozusagen patriotisch genug, um folgendes zu schreiben:
„ … Einzelne machen den komischen Versuch, einen Vogel zu fangen,
indem sie ihm Salz auf den Schwanz streuen, nämlich den Versuch,
internationale Kongresse [soll heißen: ein internationales Schieds-
gericht] ins Leben zu rufen, welche augenscheinlich aber nie von
den mächtigen Staaten werden anerkannt werden, da diese
Staaten ja nur zu dem Zweck bewaffnet sind, um niemandem zu
gehorchen.“
E. Das ehemalige Aschenbrödel Deutschland hat noch heute viele
Gegner. Man denke z. B. an die Sprache der meisten englischen
Blätter über das Telegramm, welches Kaiser Wilhelm II. 1896 an
Krüger, den Präsidenten der südafrikanischen Republik, richtete,
an die Depesche, welche der amerikanische Staatssekretär Olney im
Mai 1896 an den Freiherrn v. Thielmann in Sachen Stern's
richtete. Letzterer hatte 1895 in Kissingen die bekannte Affaire. Jn
einem internationalen Tribunal würden die Neider unseres
Volkes eine feste Mehrheit haben. Sie würden ihm verbieten,
gegen Polen, Magyaren u. s. w. Notwehr zu üben, Nichtdeutsche im
Kampf ums Dasein wirtschaftlich zu verdrängen, oder zu germani-
sieren, sich Ellbogen-Raum zu schaffen. Sie würden im bekannten
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(2018-04-09T14:25:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-04-09T14:25:10Z)
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