Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
Höhe. Er sollte Hausmiethe bezahlen und aus-
ziehn: denn der Schuster war nicht einfältig
genug, an eine sehr nahe bessere Zukunft zu glau-
ben. Der erste Zahlungstermin bei'm Vater
Busch rückte auch heran; aber wegen dieses
Punktes verließ sich Confuselius auf den Sohn.
Ein andres Dachstübchen hatte er endlich auch
erfragt; und zu kleinen Bedürfnissen aller Art
borgten ihm bald Schnitzer, bald Albrecht einige
Groschen.

Voller Kummers aber war unser Mann
doch bei alle dem beständig, weil er sich unmög-
lich des Gedankens entschlagen konnte, wie es
auf Ostern, oder vielmehr nach Ostern, wenn
die Finte, daß Albrecht Geld für ihn von Leip-
zig mitbrächte, aus Licht käme, werden sollte.
Er ließ diesem mehr als einmal etwas davon
merken; Albrecht tröstete ihn aber damit, daß
man ihm doch nichts nehmen könnte, wenn er
nichts hätte.

Eines Tages kam Albrecht in großer Eile
mit einem dicken Buche zu ihm. Hören Sie,
Herr Magister, sagte er, mir ist etwas einge-
sallen. -- Was thut der Mensch nicht, wenn er
in Nöthen ist? Da hab' ich in meines Vaters
Büchervorrathe Doctor Fausts Höllenzwang ge-
fun-
Hoͤhe. Er ſollte Hausmiethe bezahlen und aus-
ziehn: denn der Schuſter war nicht einfaͤltig
genug, an eine ſehr nahe beſſere Zukunft zu glau-
ben. Der erſte Zahlungstermin bei’m Vater
Buſch ruͤckte auch heran; aber wegen dieſes
Punktes verließ ſich Confuſelius auf den Sohn.
Ein andres Dachſtuͤbchen hatte er endlich auch
erfragt; und zu kleinen Beduͤrfniſſen aller Art
borgten ihm bald Schnitzer, bald Albrecht einige
Groſchen.

Voller Kummers aber war unſer Mann
doch bei alle dem beſtaͤndig, weil er ſich unmoͤg-
lich des Gedankens entſchlagen konnte, wie es
auf Oſtern, oder vielmehr nach Oſtern, wenn
die Finte, daß Albrecht Geld fuͤr ihn von Leip-
zig mitbraͤchte, aus Licht kaͤme, werden ſollte.
Er ließ dieſem mehr als einmal etwas davon
merken; Albrecht troͤſtete ihn aber damit, daß
man ihm doch nichts nehmen koͤnnte, wenn er
nichts haͤtte.

Eines Tages kam Albrecht in großer Eile
mit einem dicken Buche zu ihm. Hoͤren Sie,
Herr Magiſter, ſagte er, mir iſt etwas einge-
ſallen. — Was thut der Menſch nicht, wenn er
in Noͤthen iſt? Da hab’ ich in meines Vaters
Buͤchervorrathe Doctor Fauſts Hoͤllenzwang ge-
fun-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#CON">
          <p><pb facs="#f0116" n="110"/>
Ho&#x0364;he. Er &#x017F;ollte Hausmiethe bezahlen und aus-<lb/>
ziehn: denn der Schu&#x017F;ter war nicht einfa&#x0364;ltig<lb/>
genug, an eine &#x017F;ehr nahe be&#x017F;&#x017F;ere Zukunft zu glau-<lb/>
ben. Der er&#x017F;te Zahlungstermin bei&#x2019;m Vater<lb/>
Bu&#x017F;ch ru&#x0364;ckte auch heran; aber wegen die&#x017F;es<lb/>
Punktes verließ &#x017F;ich Confu&#x017F;elius auf den Sohn.<lb/>
Ein andres Dach&#x017F;tu&#x0364;bchen hatte er endlich auch<lb/>
erfragt; und zu kleinen Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en aller Art<lb/>
borgten ihm bald Schnitzer, bald Albrecht einige<lb/>
Gro&#x017F;chen.</p><lb/>
          <p>Voller Kummers aber war un&#x017F;er Mann<lb/>
doch bei alle dem be&#x017F;ta&#x0364;ndig, weil er &#x017F;ich unmo&#x0364;g-<lb/>
lich des Gedankens ent&#x017F;chlagen konnte, wie es<lb/>
auf O&#x017F;tern, oder vielmehr nach O&#x017F;tern, wenn<lb/>
die Finte, daß Albrecht Geld fu&#x0364;r ihn von Leip-<lb/>
zig mitbra&#x0364;chte, aus Licht ka&#x0364;me, werden &#x017F;ollte.<lb/>
Er ließ die&#x017F;em mehr als einmal etwas davon<lb/>
merken; Albrecht tro&#x0364;&#x017F;tete ihn aber damit, daß<lb/>
man ihm doch nichts nehmen ko&#x0364;nnte, wenn er<lb/>
nichts ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Eines Tages kam Albrecht in großer Eile<lb/>
mit einem dicken Buche zu ihm. Ho&#x0364;ren Sie,<lb/>
Herr Magi&#x017F;ter, &#x017F;agte er, mir i&#x017F;t etwas einge-<lb/>
&#x017F;allen. &#x2014; Was thut der Men&#x017F;ch nicht, wenn er<lb/>
in No&#x0364;then i&#x017F;t? Da hab&#x2019; ich in meines Vaters<lb/>
Bu&#x0364;chervorrathe Doctor Fau&#x017F;ts Ho&#x0364;llenzwang ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fun-</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0116] Hoͤhe. Er ſollte Hausmiethe bezahlen und aus- ziehn: denn der Schuſter war nicht einfaͤltig genug, an eine ſehr nahe beſſere Zukunft zu glau- ben. Der erſte Zahlungstermin bei’m Vater Buſch ruͤckte auch heran; aber wegen dieſes Punktes verließ ſich Confuſelius auf den Sohn. Ein andres Dachſtuͤbchen hatte er endlich auch erfragt; und zu kleinen Beduͤrfniſſen aller Art borgten ihm bald Schnitzer, bald Albrecht einige Groſchen. Voller Kummers aber war unſer Mann doch bei alle dem beſtaͤndig, weil er ſich unmoͤg- lich des Gedankens entſchlagen konnte, wie es auf Oſtern, oder vielmehr nach Oſtern, wenn die Finte, daß Albrecht Geld fuͤr ihn von Leip- zig mitbraͤchte, aus Licht kaͤme, werden ſollte. Er ließ dieſem mehr als einmal etwas davon merken; Albrecht troͤſtete ihn aber damit, daß man ihm doch nichts nehmen koͤnnte, wenn er nichts haͤtte. Eines Tages kam Albrecht in großer Eile mit einem dicken Buche zu ihm. Hoͤren Sie, Herr Magiſter, ſagte er, mir iſt etwas einge- ſallen. — Was thut der Menſch nicht, wenn er in Noͤthen iſt? Da hab’ ich in meines Vaters Buͤchervorrathe Doctor Fauſts Hoͤllenzwang ge- fun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/116
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/116>, abgerufen am 04.12.2024.