Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
vermuthen, sondern für unfehlbar gewiß zu halten, daß Suschen den guten Johann Jacob völlig un- ter den Pantoffel nehmen, und mithin künftig al- les von ihr allein abhängen würde. Die Hochzeit wurde mit vielem Aufwande ge- feiert: denn so wollte es Suschen haben. Schon von dem Tage an, da ihre vorseiende Verbindung öffentlich erklärt worden war, hatte sie jedermann Mamsell nennen müssen. Die Kleider der seli- gen Frau, welche sie Schnitzern bald nach getrof- fener Einigung abzuschwatzen gewußt hatte, waren theils nach der Mode geändert, theils verkauft, und dagegen galantere Sachen angeschaft worden. So mit war sie schon als erklärte Braut nicht anders, als höchst elegant erschienen; und nun sah man sie am Hochzeittag in voller Pracht, wie sie sich denn hernach als junge Frau so wohl im Negligee, als im Putz allezeit nach dem besten Geschmacke klei- dete. Sie hatte nicht ruhen können bis Schnitzer sie als die Tochter eines Lieutenants aufbieten ließ; ja sie hatte ihn selbst überredet, daß ihr Vater ein Lieutnant gewesen wäre; und nur weil ihre Mutter und sie bisher diesem Stande nicht hät- ten Ehre machen können, wollten sie es mit Fleiß verschwiegen haben. Johann Jacob glaubte es treuherzig genug, indem er sich entweder nicht auf den L 3
vermuthen, ſondern fuͤr unfehlbar gewiß zu halten, daß Suschen den guten Johann Jacob voͤllig un- ter den Pantoffel nehmen, und mithin kuͤnftig al- les von ihr allein abhaͤngen wuͤrde. Die Hochzeit wurde mit vielem Aufwande ge- feiert: denn ſo wollte es Suschen haben. Schon von dem Tage an, da ihre vorſeiende Verbindung oͤffentlich erklaͤrt worden war, hatte ſie jedermann Mamſell nennen muͤſſen. Die Kleider der ſeli- gen Frau, welche ſie Schnitzern bald nach getrof- fener Einigung abzuſchwatzen gewußt hatte, waren theils nach der Mode geaͤndert, theils verkauft, und dagegen galantere Sachen angeſchaft worden. So mit war ſie ſchon als erklaͤrte Braut nicht anders, als hoͤchſt elegant erſchienen; und nun ſah man ſie am Hochzeittag in voller Pracht, wie ſie ſich denn hernach als junge Frau ſo wohl im Negligee, als im Putz allezeit nach dem beſten Geſchmacke klei- dete. Sie hatte nicht ruhen koͤnnen bis Schnitzer ſie als die Tochter eines Lieutenants aufbieten ließ; ja ſie hatte ihn ſelbſt uͤberredet, daß ihr Vater ein Lieutnant geweſen waͤre; und nur weil ihre Mutter und ſie bisher dieſem Stande nicht haͤt- ten Ehre machen koͤnnen, wollten ſie es mit Fleiß verſchwiegen haben. Johann Jacob glaubte es treuherzig genug, indem er ſich entweder nicht auf den L 3
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vermuthen, ſondern fuͤr unfehlbar gewiß zu halten,
daß Suschen den guten Johann Jacob voͤllig un-
ter den Pantoffel nehmen, und mithin kuͤnftig al-
les von ihr allein abhaͤngen wuͤrde.
Die Hochzeit wurde mit vielem Aufwande ge-
feiert: denn ſo wollte es Suschen haben. Schon
von dem Tage an, da ihre vorſeiende Verbindung
oͤffentlich erklaͤrt worden war, hatte ſie jedermann
Mamſell nennen muͤſſen. Die Kleider der ſeli-
gen Frau, welche ſie Schnitzern bald nach getrof-
fener Einigung abzuſchwatzen gewußt hatte, waren
theils nach der Mode geaͤndert, theils verkauft,
und dagegen galantere Sachen angeſchaft worden.
So mit war ſie ſchon als erklaͤrte Braut nicht anders,
als hoͤchſt elegant erſchienen; und nun ſah man ſie
am Hochzeittag in voller Pracht, wie ſie ſich denn
hernach als junge Frau ſo wohl im Negligee, als
im Putz allezeit nach dem beſten Geſchmacke klei-
dete. Sie hatte nicht ruhen koͤnnen bis Schnitzer
ſie als die Tochter eines Lieutenants aufbieten ließ;
ja ſie hatte ihn ſelbſt uͤberredet, daß ihr Vater
ein Lieutnant geweſen waͤre; und nur weil ihre
Mutter und ſie bisher dieſem Stande nicht haͤt-
ten Ehre machen koͤnnen, wollten ſie es mit Fleiß
verſchwiegen haben. Johann Jacob glaubte es
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