Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
doch wohl, wie ich mit Dir und Herrn Felßen
dran bin, er mag sich aber nur vor mir in Acht
nehmen."

Der Leser wird bekennen müssen, daß Madam
Schnitzer eine Frau war, die es auf alle Weise
verstand, sich in Respect zu erhalten und ihr den
Ruhm, dieser sehr nützlichen Kunst, welche die
größten Vortheile verschaft, nicht absprechen. Mit
der einfältigen Bescheidenheit, mit dem feigen Nach-
geben, mit den Rücksichten auf das, was man an-
dern schuldig ist, kommt gar nichts heraus. Doch
der Egoismus muß auch studiert werden, liebe Le-
ser, wenn er seinen Mann nähren und schützen
soll, aber freilich nicht alle haben von der Natur
hinlängliches Talent erhalten, um gehörige Fort-
schritte darinnen zu machen. Meine Mutter be-
saß es und ich erbte es von ihr. Man kann aber
auch nicht immer behaupten, daß unsre Gaben
Erbtheil der Eltern sind, es kann bei mir ein Ohn-
gefähr oder ein Segen sein, der auf dem Namen
Nickel ruht, oder auch auf dem Namen Gold-
fritzel.

Madam Schnitzer brach sich, da eben diesen
Abend Soupe spirituel war, etwas von der ga-
lanten Conversation ab, um der Fanchon in einem
Winkel des Saals ihre neue Aergerniß zu klagen,
sie
doch wohl, wie ich mit Dir und Herrn Felßen
dran bin, er mag ſich aber nur vor mir in Acht
nehmen.“

Der Leſer wird bekennen muͤſſen, daß Madam
Schnitzer eine Frau war, die es auf alle Weiſe
verſtand, ſich in Reſpect zu erhalten und ihr den
Ruhm, dieſer ſehr nuͤtzlichen Kunſt, welche die
groͤßten Vortheile verſchaft, nicht abſprechen. Mit
der einfaͤltigen Beſcheidenheit, mit dem feigen Nach-
geben, mit den Ruͤckſichten auf das, was man an-
dern ſchuldig iſt, kommt gar nichts heraus. Doch
der Egoismus muß auch ſtudiert werden, liebe Le-
ſer, wenn er ſeinen Mann naͤhren und ſchuͤtzen
ſoll, aber freilich nicht alle haben von der Natur
hinlaͤngliches Talent erhalten, um gehoͤrige Fort-
ſchritte darinnen zu machen. Meine Mutter be-
ſaß es und ich erbte es von ihr. Man kann aber
auch nicht immer behaupten, daß unſre Gaben
Erbtheil der Eltern ſind, es kann bei mir ein Ohn-
gefaͤhr oder ein Segen ſein, der auf dem Namen
Nickel ruht, oder auch auf dem Namen Gold-
fritzel.

Madam Schnitzer brach ſich, da eben dieſen
Abend Soupé spirituel war, etwas von der ga-
lanten Converſation ab, um der Fanchon in einem
Winkel des Saals ihre neue Aergerniß zu klagen,
ſie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SUS">
          <p><pb facs="#f0254" n="248"/>
doch wohl, wie ich mit Dir und Herrn Felßen<lb/>
dran bin, er mag &#x017F;ich aber nur vor mir in Acht<lb/>
nehmen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Der Le&#x017F;er wird bekennen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß Madam<lb/>
Schnitzer eine Frau war, die es auf alle Wei&#x017F;e<lb/>
ver&#x017F;tand, &#x017F;ich in Re&#x017F;pect zu erhalten und ihr den<lb/>
Ruhm, die&#x017F;er &#x017F;ehr nu&#x0364;tzlichen Kun&#x017F;t, welche die<lb/>
gro&#x0364;ßten Vortheile ver&#x017F;chaft, nicht ab&#x017F;prechen. Mit<lb/>
der einfa&#x0364;ltigen Be&#x017F;cheidenheit, mit dem feigen Nach-<lb/>
geben, mit den Ru&#x0364;ck&#x017F;ichten auf das, was man an-<lb/>
dern &#x017F;chuldig i&#x017F;t, kommt gar nichts heraus. Doch<lb/>
der Egoismus muß auch &#x017F;tudiert werden, liebe Le-<lb/>
&#x017F;er, wenn er &#x017F;einen Mann na&#x0364;hren und &#x017F;chu&#x0364;tzen<lb/>
&#x017F;oll, aber freilich nicht alle haben von der Natur<lb/>
hinla&#x0364;ngliches Talent erhalten, um geho&#x0364;rige Fort-<lb/>
&#x017F;chritte darinnen zu machen. Meine Mutter be-<lb/>
&#x017F;aß es und ich erbte es von ihr. Man kann aber<lb/>
auch nicht immer behaupten, daß un&#x017F;re Gaben<lb/>
Erbtheil der Eltern &#x017F;ind, es kann bei mir ein Ohn-<lb/>
gefa&#x0364;hr oder ein Segen &#x017F;ein, der auf dem Namen<lb/>
Nickel ruht, oder auch auf dem Namen Gold-<lb/>
fritzel.</p><lb/>
          <p>Madam Schnitzer brach &#x017F;ich, da eben die&#x017F;en<lb/>
Abend <hi rendition="#aq">Soupé spirituel</hi> war, etwas von der ga-<lb/>
lanten Conver&#x017F;ation ab, um der Fanchon in einem<lb/>
Winkel des Saals ihre neue Aergerniß zu klagen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0254] doch wohl, wie ich mit Dir und Herrn Felßen dran bin, er mag ſich aber nur vor mir in Acht nehmen.“ Der Leſer wird bekennen muͤſſen, daß Madam Schnitzer eine Frau war, die es auf alle Weiſe verſtand, ſich in Reſpect zu erhalten und ihr den Ruhm, dieſer ſehr nuͤtzlichen Kunſt, welche die groͤßten Vortheile verſchaft, nicht abſprechen. Mit der einfaͤltigen Beſcheidenheit, mit dem feigen Nach- geben, mit den Ruͤckſichten auf das, was man an- dern ſchuldig iſt, kommt gar nichts heraus. Doch der Egoismus muß auch ſtudiert werden, liebe Le- ſer, wenn er ſeinen Mann naͤhren und ſchuͤtzen ſoll, aber freilich nicht alle haben von der Natur hinlaͤngliches Talent erhalten, um gehoͤrige Fort- ſchritte darinnen zu machen. Meine Mutter be- ſaß es und ich erbte es von ihr. Man kann aber auch nicht immer behaupten, daß unſre Gaben Erbtheil der Eltern ſind, es kann bei mir ein Ohn- gefaͤhr oder ein Segen ſein, der auf dem Namen Nickel ruht, oder auch auf dem Namen Gold- fritzel. Madam Schnitzer brach ſich, da eben dieſen Abend Soupé spirituel war, etwas von der ga- lanten Converſation ab, um der Fanchon in einem Winkel des Saals ihre neue Aergerniß zu klagen, ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/254
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/254>, abgerufen am 22.11.2024.