abergläubischen Meinungen nicht hätte anstecken lassen, wenn er mich auch völlig erzogen und mir eine solche Art zu denken noch so ernsthaft und be- flissen hätte einpredigen wollen.
So zweifelhaft es also war, daß Schnitzers Wunsch, den zu hoffenden Sohn durch seinen Ab- gott Felß erzogen zu sehn, in Erfüllung gehen würde, so ein sehnliches Verlangen trug er doch, ihm denselben zu gestehn, wärs auch nur um dem Mann, den er so hochschätzte, zu zeigen, wie sehr er seine Denkungsart verehrte; überhaupt war er besorgt, Felß möchte ungleich von ihm denken, weil er mit einemmal seine Besuche abbräche.
Johann Jacob war, wie meine Leser schon werden bemerkt haben, seit Suschens Regierung listig worden. Er konnte dem Verlangen, seinen Freund zu sehn, nicht mehr widerstehn, und wollte doch nicht öffentlich hingehen, weil Suschen ihm selbst gesagt hatte, daß sie es, es möchte auch im Dunkeln geschehen, doch durch ihre Canäle wieder erführe. Da dies immer wahrscheinlich war, wollte er den Lärm, welcher entstehen würde, wenn er seiner Befehlshaberinn Gebot überträte, nicht ris- quiren; er suchte also seinen Wunsch auf eine an- dre Art zu befriedigen. Es war ihm bekannt, daß Felß fast täglich in den Buchladen gieng, also bat
er
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aberglaͤubiſchen Meinungen nicht haͤtte anſtecken laſſen, wenn er mich auch voͤllig erzogen und mir eine ſolche Art zu denken noch ſo ernſthaft und be- fliſſen haͤtte einpredigen wollen.
So zweifelhaft es alſo war, daß Schnitzers Wunſch, den zu hoffenden Sohn durch ſeinen Ab- gott Felß erzogen zu ſehn, in Erfuͤllung gehen wuͤrde, ſo ein ſehnliches Verlangen trug er doch, ihm denſelben zu geſtehn, waͤrs auch nur um dem Mann, den er ſo hochſchaͤtzte, zu zeigen, wie ſehr er ſeine Denkungsart verehrte; uͤberhaupt war er beſorgt, Felß moͤchte ungleich von ihm denken, weil er mit einemmal ſeine Beſuche abbraͤche.
Johann Jacob war, wie meine Leſer ſchon werden bemerkt haben, ſeit Suschens Regierung liſtig worden. Er konnte dem Verlangen, ſeinen Freund zu ſehn, nicht mehr widerſtehn, und wollte doch nicht oͤffentlich hingehen, weil Suschen ihm ſelbſt geſagt hatte, daß ſie es, es moͤchte auch im Dunkeln geſchehen, doch durch ihre Canaͤle wieder erfuͤhre. Da dies immer wahrſcheinlich war, wollte er den Laͤrm, welcher entſtehen wuͤrde, wenn er ſeiner Befehlshaberinn Gebot uͤbertraͤte, nicht ris- quiren; er ſuchte alſo ſeinen Wunſch auf eine an- dre Art zu befriedigen. Es war ihm bekannt, daß Felß faſt taͤglich in den Buchladen gieng, alſo bat
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aberglaͤubiſchen Meinungen nicht haͤtte anſtecken
laſſen, wenn er mich auch voͤllig erzogen und mir
eine ſolche Art zu denken noch ſo ernſthaft und be-
fliſſen haͤtte einpredigen wollen.
So zweifelhaft es alſo war, daß Schnitzers
Wunſch, den zu hoffenden Sohn durch ſeinen Ab-
gott Felß erzogen zu ſehn, in Erfuͤllung gehen
wuͤrde, ſo ein ſehnliches Verlangen trug er doch,
ihm denſelben zu geſtehn, waͤrs auch nur um dem
Mann, den er ſo hochſchaͤtzte, zu zeigen, wie ſehr
er ſeine Denkungsart verehrte; uͤberhaupt war er
beſorgt, Felß moͤchte ungleich von ihm denken, weil
er mit einemmal ſeine Beſuche abbraͤche.
Johann Jacob war, wie meine Leſer ſchon
werden bemerkt haben, ſeit Suschens Regierung
liſtig worden. Er konnte dem Verlangen, ſeinen
Freund zu ſehn, nicht mehr widerſtehn, und wollte
doch nicht oͤffentlich hingehen, weil Suschen ihm
ſelbſt geſagt hatte, daß ſie es, es moͤchte auch im
Dunkeln geſchehen, doch durch ihre Canaͤle wieder
erfuͤhre. Da dies immer wahrſcheinlich war, wollte
er den Laͤrm, welcher entſtehen wuͤrde, wenn er
ſeiner Befehlshaberinn Gebot uͤbertraͤte, nicht ris-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/283>, abgerufen am 21.11.2024.
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