Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

schränkt hätte, so sei alles gehoben und der üble
Ruf werde aufhören.

Jetzt sahen sie, daß aus demselben eine Be-
schämung für ihre Tochter geflossen war, als sie
kaum vermuthen konnten, wenn sie auch wirklich
strafbar gewesen wär. Der Willkommen, den die
arme Sophie empfieng, die mit wenig Worten er-
klärte, was sich zutrüge, war nicht eben zärtlich,
sie glaubten, es sei zwischen ihr und dem Vetter
wirklich etwas vorgefallen, was ein Ehemann nicht
leiden könnte, und Busch sei unleugbar davon
überführt. Als aber die Tochter im Ton der un-
geschmünkten Wahrheit sich vertheidigte und sich
bereit erklärte, ihre Unschuld auf jede beliebige Art
zu bekräftigen, fanden sie sich und sie beleidigt und
wollten, daß die Sache, da sie doch nun schon
stadtkundig sein würde, zur Rechtfertigung ihrer
Tochter gerichtlich erörtert würde.

Sophie liebte Albrechten zu sehr, als den Ge-
danken, daß sie mit ihm als einem Gegner vor Ge-
richten erscheinen sollte, ertragen zu können. Er
ist getäuscht, sagte sie, hier ist nur Erklärung nö-
thig, und da er mich nicht hören will, so erzei-
gen sie, lieber Vater, ihrer Tochter die Liebe,
sich zu ihm zu begeben, Sie darf er nicht ab-
weisen, Sie veranstalten dann eine Unterredung

am
Z 2

ſchraͤnkt haͤtte, ſo ſei alles gehoben und der uͤble
Ruf werde aufhoͤren.

Jetzt ſahen ſie, daß aus demſelben eine Be-
ſchaͤmung fuͤr ihre Tochter gefloſſen war, als ſie
kaum vermuthen konnten, wenn ſie auch wirklich
ſtrafbar geweſen waͤr. Der Willkommen, den die
arme Sophie empfieng, die mit wenig Worten er-
klaͤrte, was ſich zutruͤge, war nicht eben zaͤrtlich,
ſie glaubten, es ſei zwiſchen ihr und dem Vetter
wirklich etwas vorgefallen, was ein Ehemann nicht
leiden koͤnnte, und Buſch ſei unleugbar davon
uͤberfuͤhrt. Als aber die Tochter im Ton der un-
geſchmuͤnkten Wahrheit ſich vertheidigte und ſich
bereit erklaͤrte, ihre Unſchuld auf jede beliebige Art
zu bekraͤftigen, fanden ſie ſich und ſie beleidigt und
wollten, daß die Sache, da ſie doch nun ſchon
ſtadtkundig ſein wuͤrde, zur Rechtfertigung ihrer
Tochter gerichtlich eroͤrtert wuͤrde.

Sophie liebte Albrechten zu ſehr, als den Ge-
danken, daß ſie mit ihm als einem Gegner vor Ge-
richten erſcheinen ſollte, ertragen zu koͤnnen. Er
iſt getaͤuſcht, ſagte ſie, hier iſt nur Erklaͤrung noͤ-
thig, und da er mich nicht hoͤren will, ſo erzei-
gen ſie, lieber Vater, ihrer Tochter die Liebe,
ſich zu ihm zu begeben, Sie darf er nicht ab-
weiſen, Sie veranſtalten dann eine Unterredung

am
Z 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0361" n="355"/>
&#x017F;chra&#x0364;nkt ha&#x0364;tte, &#x017F;o &#x017F;ei alles gehoben und der u&#x0364;ble<lb/>
Ruf werde aufho&#x0364;ren.</p><lb/>
        <p>Jetzt &#x017F;ahen &#x017F;ie, daß aus dem&#x017F;elben eine Be-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;mung fu&#x0364;r ihre Tochter geflo&#x017F;&#x017F;en war, als &#x017F;ie<lb/>
kaum vermuthen konnten, wenn &#x017F;ie auch wirklich<lb/>
&#x017F;trafbar gewe&#x017F;en wa&#x0364;r. Der Willkommen, den die<lb/>
arme Sophie empfieng, die mit wenig Worten er-<lb/>
kla&#x0364;rte, was &#x017F;ich zutru&#x0364;ge, war nicht eben za&#x0364;rtlich,<lb/>
&#x017F;ie glaubten, es &#x017F;ei zwi&#x017F;chen ihr und dem Vetter<lb/>
wirklich etwas vorgefallen, was ein Ehemann nicht<lb/>
leiden ko&#x0364;nnte, und Bu&#x017F;ch &#x017F;ei unleugbar davon<lb/>
u&#x0364;berfu&#x0364;hrt. Als aber die Tochter im Ton der un-<lb/>
ge&#x017F;chmu&#x0364;nkten Wahrheit &#x017F;ich vertheidigte und &#x017F;ich<lb/>
bereit erkla&#x0364;rte, ihre Un&#x017F;chuld auf jede beliebige Art<lb/>
zu bekra&#x0364;ftigen, fanden &#x017F;ie &#x017F;ich und &#x017F;ie beleidigt und<lb/>
wollten, daß die Sache, da &#x017F;ie doch nun &#x017F;chon<lb/>
&#x017F;tadtkundig &#x017F;ein wu&#x0364;rde, zur Rechtfertigung ihrer<lb/>
Tochter gerichtlich ero&#x0364;rtert wu&#x0364;rde.</p><lb/>
        <p>Sophie liebte Albrechten zu &#x017F;ehr, als den Ge-<lb/>
danken, daß &#x017F;ie mit ihm als einem Gegner vor Ge-<lb/>
richten er&#x017F;cheinen &#x017F;ollte, ertragen zu ko&#x0364;nnen. Er<lb/>
i&#x017F;t geta&#x0364;u&#x017F;cht, &#x017F;agte &#x017F;ie, hier i&#x017F;t nur Erkla&#x0364;rung no&#x0364;-<lb/>
thig, und da er mich nicht ho&#x0364;ren will, &#x017F;o erzei-<lb/>
gen &#x017F;ie, lieber Vater, ihrer Tochter die Liebe,<lb/>
&#x017F;ich zu ihm zu begeben, <hi rendition="#g">Sie</hi> darf er nicht ab-<lb/>
wei&#x017F;en, Sie veran&#x017F;talten dann eine Unterredung<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z 2</fw><fw place="bottom" type="catch">am</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355/0361] ſchraͤnkt haͤtte, ſo ſei alles gehoben und der uͤble Ruf werde aufhoͤren. Jetzt ſahen ſie, daß aus demſelben eine Be- ſchaͤmung fuͤr ihre Tochter gefloſſen war, als ſie kaum vermuthen konnten, wenn ſie auch wirklich ſtrafbar geweſen waͤr. Der Willkommen, den die arme Sophie empfieng, die mit wenig Worten er- klaͤrte, was ſich zutruͤge, war nicht eben zaͤrtlich, ſie glaubten, es ſei zwiſchen ihr und dem Vetter wirklich etwas vorgefallen, was ein Ehemann nicht leiden koͤnnte, und Buſch ſei unleugbar davon uͤberfuͤhrt. Als aber die Tochter im Ton der un- geſchmuͤnkten Wahrheit ſich vertheidigte und ſich bereit erklaͤrte, ihre Unſchuld auf jede beliebige Art zu bekraͤftigen, fanden ſie ſich und ſie beleidigt und wollten, daß die Sache, da ſie doch nun ſchon ſtadtkundig ſein wuͤrde, zur Rechtfertigung ihrer Tochter gerichtlich eroͤrtert wuͤrde. Sophie liebte Albrechten zu ſehr, als den Ge- danken, daß ſie mit ihm als einem Gegner vor Ge- richten erſcheinen ſollte, ertragen zu koͤnnen. Er iſt getaͤuſcht, ſagte ſie, hier iſt nur Erklaͤrung noͤ- thig, und da er mich nicht hoͤren will, ſo erzei- gen ſie, lieber Vater, ihrer Tochter die Liebe, ſich zu ihm zu begeben, Sie darf er nicht ab- weiſen, Sie veranſtalten dann eine Unterredung am Z 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/361
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/361>, abgerufen am 23.11.2024.