schränkt hätte, so sei alles gehoben und der üble Ruf werde aufhören.
Jetzt sahen sie, daß aus demselben eine Be- schämung für ihre Tochter geflossen war, als sie kaum vermuthen konnten, wenn sie auch wirklich strafbar gewesen wär. Der Willkommen, den die arme Sophie empfieng, die mit wenig Worten er- klärte, was sich zutrüge, war nicht eben zärtlich, sie glaubten, es sei zwischen ihr und dem Vetter wirklich etwas vorgefallen, was ein Ehemann nicht leiden könnte, und Busch sei unleugbar davon überführt. Als aber die Tochter im Ton der un- geschmünkten Wahrheit sich vertheidigte und sich bereit erklärte, ihre Unschuld auf jede beliebige Art zu bekräftigen, fanden sie sich und sie beleidigt und wollten, daß die Sache, da sie doch nun schon stadtkundig sein würde, zur Rechtfertigung ihrer Tochter gerichtlich erörtert würde.
Sophie liebte Albrechten zu sehr, als den Ge- danken, daß sie mit ihm als einem Gegner vor Ge- richten erscheinen sollte, ertragen zu können. Er ist getäuscht, sagte sie, hier ist nur Erklärung nö- thig, und da er mich nicht hören will, so erzei- gen sie, lieber Vater, ihrer Tochter die Liebe, sich zu ihm zu begeben, Sie darf er nicht ab- weisen, Sie veranstalten dann eine Unterredung
am
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ſchraͤnkt haͤtte, ſo ſei alles gehoben und der uͤble Ruf werde aufhoͤren.
Jetzt ſahen ſie, daß aus demſelben eine Be- ſchaͤmung fuͤr ihre Tochter gefloſſen war, als ſie kaum vermuthen konnten, wenn ſie auch wirklich ſtrafbar geweſen waͤr. Der Willkommen, den die arme Sophie empfieng, die mit wenig Worten er- klaͤrte, was ſich zutruͤge, war nicht eben zaͤrtlich, ſie glaubten, es ſei zwiſchen ihr und dem Vetter wirklich etwas vorgefallen, was ein Ehemann nicht leiden koͤnnte, und Buſch ſei unleugbar davon uͤberfuͤhrt. Als aber die Tochter im Ton der un- geſchmuͤnkten Wahrheit ſich vertheidigte und ſich bereit erklaͤrte, ihre Unſchuld auf jede beliebige Art zu bekraͤftigen, fanden ſie ſich und ſie beleidigt und wollten, daß die Sache, da ſie doch nun ſchon ſtadtkundig ſein wuͤrde, zur Rechtfertigung ihrer Tochter gerichtlich eroͤrtert wuͤrde.
Sophie liebte Albrechten zu ſehr, als den Ge- danken, daß ſie mit ihm als einem Gegner vor Ge- richten erſcheinen ſollte, ertragen zu koͤnnen. Er iſt getaͤuſcht, ſagte ſie, hier iſt nur Erklaͤrung noͤ- thig, und da er mich nicht hoͤren will, ſo erzei- gen ſie, lieber Vater, ihrer Tochter die Liebe, ſich zu ihm zu begeben, Sie darf er nicht ab- weiſen, Sie veranſtalten dann eine Unterredung
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ſchraͤnkt haͤtte, ſo ſei alles gehoben und der uͤble
Ruf werde aufhoͤren.
Jetzt ſahen ſie, daß aus demſelben eine Be-
ſchaͤmung fuͤr ihre Tochter gefloſſen war, als ſie
kaum vermuthen konnten, wenn ſie auch wirklich
ſtrafbar geweſen waͤr. Der Willkommen, den die
arme Sophie empfieng, die mit wenig Worten er-
klaͤrte, was ſich zutruͤge, war nicht eben zaͤrtlich,
ſie glaubten, es ſei zwiſchen ihr und dem Vetter
wirklich etwas vorgefallen, was ein Ehemann nicht
leiden koͤnnte, und Buſch ſei unleugbar davon
uͤberfuͤhrt. Als aber die Tochter im Ton der un-
geſchmuͤnkten Wahrheit ſich vertheidigte und ſich
bereit erklaͤrte, ihre Unſchuld auf jede beliebige Art
zu bekraͤftigen, fanden ſie ſich und ſie beleidigt und
wollten, daß die Sache, da ſie doch nun ſchon
ſtadtkundig ſein wuͤrde, zur Rechtfertigung ihrer
Tochter gerichtlich eroͤrtert wuͤrde.
Sophie liebte Albrechten zu ſehr, als den Ge-
danken, daß ſie mit ihm als einem Gegner vor Ge-
richten erſcheinen ſollte, ertragen zu koͤnnen. Er
iſt getaͤuſcht, ſagte ſie, hier iſt nur Erklaͤrung noͤ-
thig, und da er mich nicht hoͤren will, ſo erzei-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/361>, abgerufen am 23.11.2024.
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