nungen auf Treffs erneuerte Liebe. Sie versprach ihm, sich so behutsam als möglich aufzuführen, und wünschte sogar guten Erfolg seines Vorha- bens.
Nun war alles im Gange, Suschen ward richtig den folgenden Tag als Frau Kriegsräthinn Schnitzerinn vorgestellt und als solche geschätzt. Sie war bei den meisten guten Gesellschaften und nahm an allen Vergnügnugen Theil. Da sie sahe, daß einige Damen spielten, und sie schon zu Hause oft bei dem Baron auf eine Charte gesetzt hatte, stellte sie sich ebenfalls am Pharotisch ein, sie war das erste und anderemal glücklich, dies reitzte sie zu weitern Versuchen, und endlich war sie die eifrigste und unablässigste Spielerinn. Demohnerachtet blieb ihr Zeit übrig, die Geschichten aller, die in P. waren und ankammen, auszuforschen, wozu sie eine besondere Gabe besaß. Sie war bald im Besitz aller Begebenheiten der hohen und niedern Badegäste, aller der Vorfälle in ihren Leben, womit keiner gern die Gesellschaft unterhält; die geheime Geschichte sämtlicher Herrschaften, ihre eigentliche Vermögensumstände u. d. gl. wußte sie an den Fingern her zu erzählen. Eben so waren ihr die für den Aufenthalt im Bade ge- machten Verbindungen bekannt, wovon die Vä-
ter
nungen auf Treffs erneuerte Liebe. Sie verſprach ihm, ſich ſo behutſam als moͤglich aufzufuͤhren, und wuͤnſchte ſogar guten Erfolg ſeines Vorha- bens.
Nun war alles im Gange, Suschen ward richtig den folgenden Tag als Frau Kriegsraͤthinn Schnitzerinn vorgeſtellt und als ſolche geſchaͤtzt. Sie war bei den meiſten guten Geſellſchaften und nahm an allen Vergnuͤgnugen Theil. Da ſie ſahe, daß einige Damen ſpielten, und ſie ſchon zu Hauſe oft bei dem Baron auf eine Charte geſetzt hatte, ſtellte ſie ſich ebenfalls am Pharotiſch ein, ſie war das erſte und anderemal gluͤcklich, dies reitzte ſie zu weitern Verſuchen, und endlich war ſie die eifrigſte und unablaͤſſigſte Spielerinn. Demohnerachtet blieb ihr Zeit uͤbrig, die Geſchichten aller, die in P. waren und ankammen, auszuforſchen, wozu ſie eine beſondere Gabe beſaß. Sie war bald im Beſitz aller Begebenheiten der hohen und niedern Badegaͤſte, aller der Vorfaͤlle in ihren Leben, womit keiner gern die Geſellſchaft unterhaͤlt; die geheime Geſchichte ſaͤmtlicher Herrſchaften, ihre eigentliche Vermoͤgensumſtaͤnde u. d. gl. wußte ſie an den Fingern her zu erzaͤhlen. Eben ſo waren ihr die fuͤr den Aufenthalt im Bade ge- machten Verbindungen bekannt, wovon die Vaͤ-
ter
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0374"n="368"/>
nungen auf Treffs erneuerte Liebe. Sie verſprach<lb/>
ihm, ſich ſo behutſam als moͤglich aufzufuͤhren,<lb/>
und wuͤnſchte ſogar guten Erfolg ſeines Vorha-<lb/>
bens.</p><lb/><p>Nun war alles im Gange, Suschen ward<lb/>
richtig den folgenden Tag als Frau Kriegsraͤthinn<lb/>
Schnitzerinn vorgeſtellt und als ſolche geſchaͤtzt.<lb/>
Sie war bei den meiſten guten Geſellſchaften und<lb/>
nahm an allen Vergnuͤgnugen Theil. Da ſie ſahe,<lb/>
daß einige Damen ſpielten, und ſie ſchon zu Hauſe<lb/>
oft bei dem Baron auf eine Charte geſetzt hatte,<lb/>ſtellte ſie ſich ebenfalls am Pharotiſch ein, ſie war<lb/>
das erſte und anderemal gluͤcklich, dies reitzte ſie zu<lb/>
weitern Verſuchen, und endlich war ſie die eifrigſte<lb/>
und unablaͤſſigſte Spielerinn. Demohnerachtet<lb/>
blieb ihr Zeit uͤbrig, die Geſchichten aller, die in<lb/>
P. waren und ankammen, auszuforſchen, wozu<lb/>ſie eine beſondere Gabe beſaß. Sie war bald im<lb/>
Beſitz aller Begebenheiten der hohen und niedern<lb/>
Badegaͤſte, aller der Vorfaͤlle in ihren Leben,<lb/>
womit keiner gern die Geſellſchaft unterhaͤlt; die<lb/>
geheime Geſchichte ſaͤmtlicher Herrſchaften, ihre<lb/>
eigentliche Vermoͤgensumſtaͤnde u. d. gl. wußte<lb/>ſie an den Fingern her zu erzaͤhlen. Eben ſo<lb/>
waren ihr die fuͤr den Aufenthalt im Bade ge-<lb/>
machten Verbindungen bekannt, wovon die Vaͤ-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ter</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[368/0374]
nungen auf Treffs erneuerte Liebe. Sie verſprach
ihm, ſich ſo behutſam als moͤglich aufzufuͤhren,
und wuͤnſchte ſogar guten Erfolg ſeines Vorha-
bens.
Nun war alles im Gange, Suschen ward
richtig den folgenden Tag als Frau Kriegsraͤthinn
Schnitzerinn vorgeſtellt und als ſolche geſchaͤtzt.
Sie war bei den meiſten guten Geſellſchaften und
nahm an allen Vergnuͤgnugen Theil. Da ſie ſahe,
daß einige Damen ſpielten, und ſie ſchon zu Hauſe
oft bei dem Baron auf eine Charte geſetzt hatte,
ſtellte ſie ſich ebenfalls am Pharotiſch ein, ſie war
das erſte und anderemal gluͤcklich, dies reitzte ſie zu
weitern Verſuchen, und endlich war ſie die eifrigſte
und unablaͤſſigſte Spielerinn. Demohnerachtet
blieb ihr Zeit uͤbrig, die Geſchichten aller, die in
P. waren und ankammen, auszuforſchen, wozu
ſie eine beſondere Gabe beſaß. Sie war bald im
Beſitz aller Begebenheiten der hohen und niedern
Badegaͤſte, aller der Vorfaͤlle in ihren Leben,
womit keiner gern die Geſellſchaft unterhaͤlt; die
geheime Geſchichte ſaͤmtlicher Herrſchaften, ihre
eigentliche Vermoͤgensumſtaͤnde u. d. gl. wußte
ſie an den Fingern her zu erzaͤhlen. Eben ſo
waren ihr die fuͤr den Aufenthalt im Bade ge-
machten Verbindungen bekannt, wovon die Vaͤ-
ter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/374>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.