Ton alle fernere Bemühung verbat, ihr zu verstehn gab, daß sie nach Hause gehn könnte und einige Wochen mit ihr zürnte.
Destomehr mußte der arme Schnitzer entgel- ten. Da sie von der Reise zurück kam und erfuhr, daß er in einem Garten wohnte, nahm sie es nicht sogleich übel, es schiene ihr einigermasen vornehm, da er doch einmal ihr Mann war, sahe sie es nicht ungern, daß er wie Leute vom Stande den Som- mer ausser der Stadt zugebracht hatte. Er zog mit Lehnchen Madelon heim, so bald er hörte, daß sei- ne Frau zu Hause wär, denn der gutmüthige Jo- hann Jacob hatte sich sogar nach ihr gesehnt, oh- ne daran zu denken, daß bei ihrer Ankunft seine Ruhe abreiste. Sie empfieng ihn kalt, stolz und verdrüßlich, hatte wenig zu erzählen, eben so we- nig überhaupt mit ihm zu sprechen, sie wollte aus- ruhn und auspacken, sich wieder einrichten, Schni- tzer ließ sie also ruhn, auspacken, sich einrichten. Nach der gehaltenen Untersuchung aber ließ sie ih- ren Grimm vorzüglich an ihm aus. Warum hat- te er nicht selbst nach der Wirthschaft gesehn, was war es nöthig, daß er, da sie nicht zu Hause war, in einen Garten zog, um auch dadurch die Aus- gaben zu vermehren und seine Faulheit abwarten zu können? Des Zankens und der Vorwürfe war
kein
Ton alle fernere Bemuͤhung verbat, ihr zu verſtehn gab, daß ſie nach Hauſe gehn koͤnnte und einige Wochen mit ihr zuͤrnte.
Deſtomehr mußte der arme Schnitzer entgel- ten. Da ſie von der Reiſe zuruͤck kam und erfuhr, daß er in einem Garten wohnte, nahm ſie es nicht ſogleich uͤbel, es ſchiene ihr einigermaſen vornehm, da er doch einmal ihr Mann war, ſahe ſie es nicht ungern, daß er wie Leute vom Stande den Som- mer auſſer der Stadt zugebracht hatte. Er zog mit Lehnchen Madelon heim, ſo bald er hoͤrte, daß ſei- ne Frau zu Hauſe waͤr, denn der gutmuͤthige Jo- hann Jacob hatte ſich ſogar nach ihr geſehnt, oh- ne daran zu denken, daß bei ihrer Ankunft ſeine Ruhe abreiſte. Sie empfieng ihn kalt, ſtolz und verdruͤßlich, hatte wenig zu erzaͤhlen, eben ſo we- nig uͤberhaupt mit ihm zu ſprechen, ſie wollte aus- ruhn und auspacken, ſich wieder einrichten, Schni- tzer ließ ſie alſo ruhn, auspacken, ſich einrichten. Nach der gehaltenen Unterſuchung aber ließ ſie ih- ren Grimm vorzuͤglich an ihm aus. Warum hat- te er nicht ſelbſt nach der Wirthſchaft geſehn, was war es noͤthig, daß er, da ſie nicht zu Hauſe war, in einen Garten zog, um auch dadurch die Aus- gaben zu vermehren und ſeine Faulheit abwarten zu koͤnnen? Des Zankens und der Vorwuͤrfe war
kein
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Ton alle fernere Bemuͤhung verbat, ihr zu verſtehn
gab, daß ſie nach Hauſe gehn koͤnnte und einige
Wochen mit ihr zuͤrnte.
Deſtomehr mußte der arme Schnitzer entgel-
ten. Da ſie von der Reiſe zuruͤck kam und erfuhr,
daß er in einem Garten wohnte, nahm ſie es nicht
ſogleich uͤbel, es ſchiene ihr einigermaſen vornehm,
da er doch einmal ihr Mann war, ſahe ſie es nicht
ungern, daß er wie Leute vom Stande den Som-
mer auſſer der Stadt zugebracht hatte. Er zog mit
Lehnchen Madelon heim, ſo bald er hoͤrte, daß ſei-
ne Frau zu Hauſe waͤr, denn der gutmuͤthige Jo-
hann Jacob hatte ſich ſogar nach ihr geſehnt, oh-
ne daran zu denken, daß bei ihrer Ankunft ſeine
Ruhe abreiſte. Sie empfieng ihn kalt, ſtolz und
verdruͤßlich, hatte wenig zu erzaͤhlen, eben ſo we-
nig uͤberhaupt mit ihm zu ſprechen, ſie wollte aus-
ruhn und auspacken, ſich wieder einrichten, Schni-
tzer ließ ſie alſo ruhn, auspacken, ſich einrichten.
Nach der gehaltenen Unterſuchung aber ließ ſie ih-
ren Grimm vorzuͤglich an ihm aus. Warum hat-
te er nicht ſelbſt nach der Wirthſchaft geſehn, was
war es noͤthig, daß er, da ſie nicht zu Hauſe war,
in einen Garten zog, um auch dadurch die Aus-
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zu koͤnnen? Des Zankens und der Vorwuͤrfe war
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/383>, abgerufen am 28.11.2024.
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