get war, ohne daß die Kranke von ihrer so nahen Gegenwart wußte, fieng diese an, mit ihrem au- ten Johann Jacob, der eben bei ihr saß, von ih- rem nahen Ende zu sprechen, wovon er aber durch- aus nichts hören wollte, weil er sich bei seiner alten Lebensgefährtinn immer recht gut befunden hatte, und überhaupt gar nicht der Mann war, der sich etwa nach einer jungen Frau gesehnt hät- te, indem er sich bei einer solchen manche Beschwer- de vorstellte, der er bisher überhoben gewesen war. Jhm war überhaupt jede Veränderung unange- nehm; und alles, was außerordentliche Geschäfte gab, wie z. B. bei Begräbnissen der Fall ist, ekelte ihn an; daher war ihm auch wirklich der Ge- danke, daß seine Frau sterben würde, im höchsten Grad ungelegen.
Ach! meine liebe Frau, sagte er, sprich doch nicht von deinem Tode; du bist schon lange kränk- lich und Gott hat dich immer noch erhalten, er wird schon dießmal auch wieder helfen.
Nein, mein lieber Jacob, nein, versetzte Frau Schnitzerinn, wenn der Steckfluß noch einmal kömmt, nimmt er mich mit; das wirst du sehn. Also laß uns immer davon sprechen, wie's nach meinem Tode werden soll. Ach! das ist meine größte Unruhe, daß du eine Frau bekommen könntest, die
meine
get war, ohne daß die Kranke von ihrer ſo nahen Gegenwart wußte, fieng dieſe an, mit ihrem au- ten Johann Jacob, der eben bei ihr ſaß, von ih- rem nahen Ende zu ſprechen, wovon er aber durch- aus nichts hoͤren wollte, weil er ſich bei ſeiner alten Lebensgefaͤhrtinn immer recht gut befunden hatte, und uͤberhaupt gar nicht der Mann war, der ſich etwa nach einer jungen Frau geſehnt haͤt- te, indem er ſich bei einer ſolchen manche Beſchwer- de vorſtellte, der er bisher uͤberhoben geweſen war. Jhm war uͤberhaupt jede Veraͤnderung unange- nehm; und alles, was außerordentliche Geſchaͤfte gab, wie z. B. bei Begraͤbniſſen der Fall iſt, ekelte ihn an; daher war ihm auch wirklich der Ge- danke, daß ſeine Frau ſterben wuͤrde, im hoͤchſten Grad ungelegen.
Ach! meine liebe Frau, ſagte er, ſprich doch nicht von deinem Tode; du biſt ſchon lange kraͤnk- lich und Gott hat dich immer noch erhalten, er wird ſchon dießmal auch wieder helfen.
Nein, mein lieber Jacob, nein, verſetzte Frau Schnitzerinn, wenn der Steckfluß noch einmal koͤmmt, nimmt er mich mit; das wirſt du ſehn. Alſo laß uns immer davon ſprechen, wie’s nach meinem Tode werden ſoll. Ach! das iſt meine groͤßte Unruhe, daß du eine Frau bekommen koͤnnteſt, die
meine
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get war, ohne daß die Kranke von ihrer ſo nahen
Gegenwart wußte, fieng dieſe an, mit ihrem au-
ten Johann Jacob, der eben bei ihr ſaß, von ih-
rem nahen Ende zu ſprechen, wovon er aber durch-
aus nichts hoͤren wollte, weil er ſich bei ſeiner
alten Lebensgefaͤhrtinn immer recht gut befunden
hatte, und uͤberhaupt gar nicht der Mann war,
der ſich etwa nach einer jungen Frau geſehnt haͤt-
te, indem er ſich bei einer ſolchen manche Beſchwer-
de vorſtellte, der er bisher uͤberhoben geweſen war.
Jhm war uͤberhaupt jede Veraͤnderung unange-
nehm; und alles, was außerordentliche Geſchaͤfte
gab, wie z. B. bei Begraͤbniſſen der Fall iſt,
ekelte ihn an; daher war ihm auch wirklich der Ge-
danke, daß ſeine Frau ſterben wuͤrde, im hoͤchſten
Grad ungelegen.
Ach! meine liebe Frau, ſagte er, ſprich doch
nicht von deinem Tode; du biſt ſchon lange kraͤnk-
lich und Gott hat dich immer noch erhalten, er
wird ſchon dießmal auch wieder helfen.
Nein, mein lieber Jacob, nein, verſetzte Frau
Schnitzerinn, wenn der Steckfluß noch einmal
koͤmmt, nimmt er mich mit; das wirſt du ſehn.
Alſo laß uns immer davon ſprechen, wie’s nach
meinem Tode werden ſoll. Ach! das iſt meine groͤßte
Unruhe, daß du eine Frau bekommen koͤnnteſt, die
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/47>, abgerufen am 21.11.2024.
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