Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
Deßwegen wollte er auch dießmal nicht selbst gegen- wärtig sein, entschloß sich aber, vorher zum Brannt- weinbrenner zu gehen, und ihn nochmals um Got- teswillen um Beistand zu bitten. Unglücklicher Weise war dieser Mann, auf den er itzt sein ganzes Vertrauen gesetzt hatte, nicht zu Hause. Confuselius gieng des Nachmittags wie- der zu ihm, traf ihn aber auch dießmal nicht, und schlich mit gepreßtem Herzen durch Nebengäßchen wieder heim: denn die Begleitung der Knaben, das Gaffen und Lachen der Vorübergehenden war itzt noch ärger, als am Vormittage. Der arme Magister gerieth in die Versuchung, sich zu hängen, und würde es ohne Zweifel gethan haben, wenn ihn nicht noch die Hofnung, daß er sich durch dieses giftige Complott des Neides und der Bosheit noch als Sieger schlagen, und dann desto mehr erheben würde, von einem so verzwei- felten Schritt abgehalten hätte. Jndessen b. schloß er, heute zu Hause zu blei- ben, schrieb aber ein höchst schmeichelhaftes, obwohl zugleich prahlendes Briefchen an den Branntwein- brenner, worinnen er ihn einen einsichts vollen Mann und großmüthigen Freund, sich selbst aber ein verfolgtes Genie nannte, und ihn versicherte, daß er alle Hofnung seine Feinde beschämen zu kön- nen
Deßwegen wollte er auch dießmal nicht ſelbſt gegen- waͤrtig ſein, entſchloß ſich aber, vorher zum Brannt- weinbrenner zu gehen, und ihn nochmals um Got- teswillen um Beiſtand zu bitten. Ungluͤcklicher Weiſe war dieſer Mann, auf den er itzt ſein ganzes Vertrauen geſetzt hatte, nicht zu Hauſe. Confuſelius gieng des Nachmittags wie- der zu ihm, traf ihn aber auch dießmal nicht, und ſchlich mit gepreßtem Herzen durch Nebengaͤßchen wieder heim: denn die Begleitung der Knaben, das Gaffen und Lachen der Voruͤbergehenden war itzt noch aͤrger, als am Vormittage. Der arme Magiſter gerieth in die Verſuchung, ſich zu haͤngen, und wuͤrde es ohne Zweifel gethan haben, wenn ihn nicht noch die Hofnung, daß er ſich durch dieſes giftige Complott des Neides und der Bosheit noch als Sieger ſchlagen, und dann deſto mehr erheben wuͤrde, von einem ſo verzwei- felten Schritt abgehalten haͤtte. Jndeſſen b. ſchloß er, heute zu Hauſe zu blei- ben, ſchrieb aber ein hoͤchſt ſchmeichelhaftes, obwohl zugleich prahlendes Briefchen an den Branntwein- brenner, worinnen er ihn einen einſichts vollen Mann und großmuͤthigen Freund, ſich ſelbſt aber ein verfolgtes Genie nannte, und ihn verſicherte, daß er alle Hofnung ſeine Feinde beſchaͤmen zu koͤn- nen
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Deßwegen wollte er auch dießmal nicht ſelbſt gegen-
waͤrtig ſein, entſchloß ſich aber, vorher zum Brannt-
weinbrenner zu gehen, und ihn nochmals um Got-
teswillen um Beiſtand zu bitten.
Ungluͤcklicher Weiſe war dieſer Mann, auf den
er itzt ſein ganzes Vertrauen geſetzt hatte, nicht zu
Hauſe. Confuſelius gieng des Nachmittags wie-
der zu ihm, traf ihn aber auch dießmal nicht, und
ſchlich mit gepreßtem Herzen durch Nebengaͤßchen
wieder heim: denn die Begleitung der Knaben, das
Gaffen und Lachen der Voruͤbergehenden war itzt
noch aͤrger, als am Vormittage.
Der arme Magiſter gerieth in die Verſuchung,
ſich zu haͤngen, und wuͤrde es ohne Zweifel gethan
haben, wenn ihn nicht noch die Hofnung, daß er
ſich durch dieſes giftige Complott des Neides und
der Bosheit noch als Sieger ſchlagen, und dann
deſto mehr erheben wuͤrde, von einem ſo verzwei-
felten Schritt abgehalten haͤtte.
Jndeſſen b. ſchloß er, heute zu Hauſe zu blei-
ben, ſchrieb aber ein hoͤchſt ſchmeichelhaftes, obwohl
zugleich prahlendes Briefchen an den Branntwein-
brenner, worinnen er ihn einen einſichts vollen
Mann und großmuͤthigen Freund, ſich ſelbſt aber
ein verfolgtes Genie nannte, und ihn verſicherte,
daß er alle Hofnung ſeine Feinde beſchaͤmen zu koͤn-
nen
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