Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
genug. Busch will, ich soll Friede mit ihm ma-
chen. Hm! was hat man auch vom Zanken?

Mit diesen Worten eilte er fort; der Prima-
ner sagte aber seinen Eltern, daß der Magister
prahlte und löge; er habe es haußen, indem Herr
Busch drinnen geschrieben hätte, ganz anders ge-
hört. Die Eltern wollten mehr hören, und erfuh-
ren nun, was sie noch nicht gewußt hatten, daß
ihr Miethmann mit seinen Schauspielen zum all-
gemeinen Spott gemacht würde; daß nicht 120 Tha-
ler, sondern eine Kleinigkeit daraus gelößt sei, wel-
che Busch an sich behielt, und in seiner Antwort
auf weitere Bezahlung des Drucks dränge, u. s. w.
Jn diesem Augenblicke fiel auch sein Credit beim
Schuster, der die Miethe für das ganze letzte Jahr
zu fodern hatte; es wurde beschlossen, ihn zur Be-
zahlung anzuhalten, und ihm die Wohnung aufzu-
sagen.

Der arme Magister gieng indessen oben in
seinem Stübchen, mit dem Tode ringend, auf und
ab, und konnte drei bis vier folternde Stunden
hinter einander durchaus keinen Schluß fassen; sich
hängen, sich ersäufen, mit Buschen doch anbinden,
mit der ganzen Stadt anbinden, eine Schmähschrift
schreiben, davon laufen -- das alles jagte sich un-
ter und neben einander in seinem Kopfe.

Gegen
genug. Buſch will, ich ſoll Friede mit ihm ma-
chen. Hm! was hat man auch vom Zanken?

Mit dieſen Worten eilte er fort; der Prima-
ner ſagte aber ſeinen Eltern, daß der Magiſter
prahlte und loͤge; er habe es haußen, indem Herr
Buſch drinnen geſchrieben haͤtte, ganz anders ge-
hoͤrt. Die Eltern wollten mehr hoͤren, und erfuh-
ren nun, was ſie noch nicht gewußt hatten, daß
ihr Miethmann mit ſeinen Schauſpielen zum all-
gemeinen Spott gemacht wuͤrde; daß nicht 120 Tha-
ler, ſondern eine Kleinigkeit daraus geloͤßt ſei, wel-
che Buſch an ſich behielt, und in ſeiner Antwort
auf weitere Bezahlung des Drucks draͤnge, u. ſ. w.
Jn dieſem Augenblicke fiel auch ſein Credit beim
Schuſter, der die Miethe fuͤr das ganze letzte Jahr
zu fodern hatte; es wurde beſchloſſen, ihn zur Be-
zahlung anzuhalten, und ihm die Wohnung aufzu-
ſagen.

Der arme Magiſter gieng indeſſen oben in
ſeinem Stuͤbchen, mit dem Tode ringend, auf und
ab, und konnte drei bis vier folternde Stunden
hinter einander durchaus keinen Schluß faſſen; ſich
haͤngen, ſich erſaͤufen, mit Buſchen doch anbinden,
mit der ganzen Stadt anbinden, eine Schmaͤhſchrift
ſchreiben, davon laufen — das alles jagte ſich un-
ter und neben einander in ſeinem Kopfe.

Gegen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#BUS">
          <p><pb facs="#f0096" n="90"/>
genug. Bu&#x017F;ch will, ich &#x017F;oll Friede mit ihm ma-<lb/>
chen. Hm! was hat man auch vom Zanken?</p><lb/>
          <p>Mit die&#x017F;en Worten eilte er fort; der Prima-<lb/>
ner &#x017F;agte aber &#x017F;einen Eltern, daß der Magi&#x017F;ter<lb/>
prahlte und lo&#x0364;ge; er habe es haußen, indem Herr<lb/>
Bu&#x017F;ch drinnen ge&#x017F;chrieben ha&#x0364;tte, ganz anders ge-<lb/>
ho&#x0364;rt. Die Eltern wollten mehr ho&#x0364;ren, und erfuh-<lb/>
ren nun, was &#x017F;ie noch nicht gewußt hatten, daß<lb/>
ihr Miethmann mit &#x017F;einen Schau&#x017F;pielen zum all-<lb/>
gemeinen Spott gemacht wu&#x0364;rde; daß nicht 120 Tha-<lb/>
ler, &#x017F;ondern eine Kleinigkeit daraus gelo&#x0364;ßt &#x017F;ei, wel-<lb/>
che Bu&#x017F;ch an &#x017F;ich behielt, und in &#x017F;einer Antwort<lb/>
auf weitere Bezahlung des Drucks dra&#x0364;nge, u. &#x017F;. w.<lb/>
Jn die&#x017F;em Augenblicke fiel auch &#x017F;ein Credit beim<lb/>
Schu&#x017F;ter, der die Miethe fu&#x0364;r das ganze letzte Jahr<lb/>
zu fodern hatte; es wurde be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, ihn zur Be-<lb/>
zahlung anzuhalten, und ihm die Wohnung aufzu-<lb/>
&#x017F;agen.</p><lb/>
          <p>Der arme Magi&#x017F;ter gieng inde&#x017F;&#x017F;en oben in<lb/>
&#x017F;einem Stu&#x0364;bchen, mit dem Tode ringend, auf und<lb/>
ab, und konnte drei bis vier folternde Stunden<lb/>
hinter einander durchaus keinen Schluß fa&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;ich<lb/>
ha&#x0364;ngen, &#x017F;ich er&#x017F;a&#x0364;ufen, mit Bu&#x017F;chen doch anbinden,<lb/>
mit der ganzen Stadt anbinden, eine Schma&#x0364;h&#x017F;chrift<lb/>
&#x017F;chreiben, davon laufen &#x2014; das alles jagte &#x017F;ich un-<lb/>
ter und neben einander in &#x017F;einem Kopfe.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Gegen</fw><lb/>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0096] genug. Buſch will, ich ſoll Friede mit ihm ma- chen. Hm! was hat man auch vom Zanken? Mit dieſen Worten eilte er fort; der Prima- ner ſagte aber ſeinen Eltern, daß der Magiſter prahlte und loͤge; er habe es haußen, indem Herr Buſch drinnen geſchrieben haͤtte, ganz anders ge- hoͤrt. Die Eltern wollten mehr hoͤren, und erfuh- ren nun, was ſie noch nicht gewußt hatten, daß ihr Miethmann mit ſeinen Schauſpielen zum all- gemeinen Spott gemacht wuͤrde; daß nicht 120 Tha- ler, ſondern eine Kleinigkeit daraus geloͤßt ſei, wel- che Buſch an ſich behielt, und in ſeiner Antwort auf weitere Bezahlung des Drucks draͤnge, u. ſ. w. Jn dieſem Augenblicke fiel auch ſein Credit beim Schuſter, der die Miethe fuͤr das ganze letzte Jahr zu fodern hatte; es wurde beſchloſſen, ihn zur Be- zahlung anzuhalten, und ihm die Wohnung aufzu- ſagen. Der arme Magiſter gieng indeſſen oben in ſeinem Stuͤbchen, mit dem Tode ringend, auf und ab, und konnte drei bis vier folternde Stunden hinter einander durchaus keinen Schluß faſſen; ſich haͤngen, ſich erſaͤufen, mit Buſchen doch anbinden, mit der ganzen Stadt anbinden, eine Schmaͤhſchrift ſchreiben, davon laufen — das alles jagte ſich un- ter und neben einander in ſeinem Kopfe. Gegen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/96
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/96>, abgerufen am 21.11.2024.