Meine Großmutter erschien unter den süßesten Träumen, meldete sich nach der Anweisung, und ward liebreich empfangen. Man sagte ihr, die Madam Schnitzerinn wollte von ihrer Ankunft erst unterrichtet sein, ehe sie selbst zu ihr käme, welches vielleicht geschähe, weil sie das Vergnügen haben wollte, ihre liebe Mutter abzuholen. Jndessen man zu Buschen sandte, um ihm die Ankunft der guten Alten bekannt zu machen, setzte man ihr ei- nige Erfrischungen vor, die sie sich, in froher Er- wartung des ihr bevorstehenden Glücks, schmecken ließ.
Sie konnte, nach Buschens Absicht, nicht er- wünschter kommen, denn Madam Schnitzer, die eben im Begriff war ins Bad zu gehen, und diesen letzten Tag vor der Reise noch einem Abendessen in einem nahen Dorfe, wo ein Kaffeehaus war, bei- wohnte, wäre nirgend zu größerm Aerger von ihrer Mutter überrascht worden, als eben da. Der also, den jene Leute zu ihr geschickt zu haben vorgaben, welches der Sohn vom Hause war, brachte die Nachricht mit, daß Madam Schnitzer ihre Frau Mutter an dem Ort erwartete, wo sie eben mit einer guten Gesellschaft den Abend hinbrächte, die- ses Vergnügen wollte sie ihr mit genießen lassen, sie möchte also ja ungesäumt kommen.
Die
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Meine Großmutter erſchien unter den ſuͤßeſten Traͤumen, meldete ſich nach der Anweiſung, und ward liebreich empfangen. Man ſagte ihr, die Madam Schnitzerinn wollte von ihrer Ankunft erſt unterrichtet ſein, ehe ſie ſelbſt zu ihr kaͤme, welches vielleicht geſchaͤhe, weil ſie das Vergnuͤgen haben wollte, ihre liebe Mutter abzuholen. Jndeſſen man zu Buſchen ſandte, um ihm die Ankunft der guten Alten bekannt zu machen, ſetzte man ihr ei- nige Erfriſchungen vor, die ſie ſich, in froher Er- wartung des ihr bevorſtehenden Gluͤcks, ſchmecken ließ.
Sie konnte, nach Buſchens Abſicht, nicht er- wuͤnſchter kommen, denn Madam Schnitzer, die eben im Begriff war ins Bad zu gehen, und dieſen letzten Tag vor der Reiſe noch einem Abendeſſen in einem nahen Dorfe, wo ein Kaffeehaus war, bei- wohnte, waͤre nirgend zu groͤßerm Aerger von ihrer Mutter uͤberraſcht worden, als eben da. Der alſo, den jene Leute zu ihr geſchickt zu haben vorgaben, welches der Sohn vom Hauſe war, brachte die Nachricht mit, daß Madam Schnitzer ihre Frau Mutter an dem Ort erwartete, wo ſie eben mit einer guten Geſellſchaft den Abend hinbraͤchte, die- ſes Vergnuͤgen wollte ſie ihr mit genießen laſſen, ſie moͤchte alſo ja ungeſaͤumt kommen.
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Meine Großmutter erſchien unter den ſuͤßeſten
Traͤumen, meldete ſich nach der Anweiſung, und
ward liebreich empfangen. Man ſagte ihr, die
Madam Schnitzerinn wollte von ihrer Ankunft erſt
unterrichtet ſein, ehe ſie ſelbſt zu ihr kaͤme, welches
vielleicht geſchaͤhe, weil ſie das Vergnuͤgen haben
wollte, ihre liebe Mutter abzuholen. Jndeſſen
man zu Buſchen ſandte, um ihm die Ankunft der
guten Alten bekannt zu machen, ſetzte man ihr ei-
nige Erfriſchungen vor, die ſie ſich, in froher Er-
wartung des ihr bevorſtehenden Gluͤcks, ſchmecken
ließ.
Sie konnte, nach Buſchens Abſicht, nicht er-
wuͤnſchter kommen, denn Madam Schnitzer, die
eben im Begriff war ins Bad zu gehen, und dieſen
letzten Tag vor der Reiſe noch einem Abendeſſen in
einem nahen Dorfe, wo ein Kaffeehaus war, bei-
wohnte, waͤre nirgend zu groͤßerm Aerger von ihrer
Mutter uͤberraſcht worden, als eben da. Der alſo,
den jene Leute zu ihr geſchickt zu haben vorgaben,
welches der Sohn vom Hauſe war, brachte die
Nachricht mit, daß Madam Schnitzer ihre Frau
Mutter an dem Ort erwartete, wo ſie eben mit
einer guten Geſellſchaft den Abend hinbraͤchte, die-
ſes Vergnuͤgen wollte ſie ihr mit genießen laſſen, ſie
moͤchte alſo ja ungeſaͤumt kommen.
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/119>, abgerufen am 24.11.2024.
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