Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

geben müsse, wenn der erste was bei dem letzten
ausrichten sollte. Weil ich eben hinter einander
etliche Bubenstücke ausgeübt hatte, die meiner lie-
ben Mama Schaden und Verdruß verursachten, so
begann sie Reitmanns verblümten Vorschlägen Ge-
hör zu geben, und da Lebrecht seine Stelle antrat,
ward ich ihm so gänzlich übergeben, daß mein Bett
aus der Schlafstube meiner Mutter in die des Hof-
meisters gesetzt wurde, und die erste sich erklärte, sie
wolle mich anders nicht als beim Essen, und auch
da nicht sehen, wenn ich Herr Lebrechten nicht recht
gut folgte und fleißig lernte.

Mir war diese Drohung lächerlich, weil ich
wußte, daß es leicht sein würde, Mammachen an-
ders Sinnes zu machen, sobald es mir beliebte.
Vor der Hand war ich mit der getroffenen Einrich-
tung zufrteden, denn an der Gesellschaft der Frau
Mutter war mir eigentlich nie etwas gelegen, hin-
gegen war ich, so lange Lebrecht neu war, gern
um ihn.

Er hatte eine Art mich in Respect zu erhal-
ten, und zu seinem Willen zu bringen, die mir
bisher ganz fremd gewesen war, ich konnte nicht
über Strenge oder harte Worte klagen, vielmehr
war er sehr liebreich gegen mich, sobald ich aber
etwas wollte, was nicht in seinen Plan taugte,

wußte
K 2

geben muͤſſe, wenn der erſte was bei dem letzten
ausrichten ſollte. Weil ich eben hinter einander
etliche Bubenſtuͤcke ausgeuͤbt hatte, die meiner lie-
ben Mama Schaden und Verdruß verurſachten, ſo
begann ſie Reitmanns verbluͤmten Vorſchlaͤgen Ge-
hoͤr zu geben, und da Lebrecht ſeine Stelle antrat,
ward ich ihm ſo gaͤnzlich uͤbergeben, daß mein Bett
aus der Schlafſtube meiner Mutter in die des Hof-
meiſters geſetzt wurde, und die erſte ſich erklaͤrte, ſie
wolle mich anders nicht als beim Eſſen, und auch
da nicht ſehen, wenn ich Herr Lebrechten nicht recht
gut folgte und fleißig lernte.

Mir war dieſe Drohung laͤcherlich, weil ich
wußte, daß es leicht ſein wuͤrde, Mammachen an-
ders Sinnes zu machen, ſobald es mir beliebte.
Vor der Hand war ich mit der getroffenen Einrich-
tung zufrteden, denn an der Geſellſchaft der Frau
Mutter war mir eigentlich nie etwas gelegen, hin-
gegen war ich, ſo lange Lebrecht neu war, gern
um ihn.

Er hatte eine Art mich in Reſpect zu erhal-
ten, und zu ſeinem Willen zu bringen, die mir
bisher ganz fremd geweſen war, ich konnte nicht
uͤber Strenge oder harte Worte klagen, vielmehr
war er ſehr liebreich gegen mich, ſobald ich aber
etwas wollte, was nicht in ſeinen Plan taugte,

wußte
K 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0151" n="147"/>
geben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, wenn der er&#x017F;te was bei dem letzten<lb/>
ausrichten &#x017F;ollte. Weil ich eben hinter einander<lb/>
etliche Buben&#x017F;tu&#x0364;cke ausgeu&#x0364;bt hatte, die meiner lie-<lb/>
ben Mama Schaden und Verdruß verur&#x017F;achten, &#x017F;o<lb/>
begann &#x017F;ie Reitmanns verblu&#x0364;mten Vor&#x017F;chla&#x0364;gen Ge-<lb/>
ho&#x0364;r zu geben, und da Lebrecht &#x017F;eine Stelle antrat,<lb/>
ward ich ihm &#x017F;o ga&#x0364;nzlich u&#x0364;bergeben, daß mein Bett<lb/>
aus der Schlaf&#x017F;tube meiner Mutter in die des Hof-<lb/>
mei&#x017F;ters ge&#x017F;etzt wurde, und die er&#x017F;te &#x017F;ich erkla&#x0364;rte, &#x017F;ie<lb/>
wolle mich anders nicht als beim E&#x017F;&#x017F;en, und auch<lb/>
da nicht &#x017F;ehen, wenn ich Herr Lebrechten nicht recht<lb/>
gut folgte und fleißig lernte.</p><lb/>
        <p>Mir war die&#x017F;e Drohung la&#x0364;cherlich, weil ich<lb/>
wußte, daß es leicht &#x017F;ein wu&#x0364;rde, Mammachen an-<lb/>
ders Sinnes zu machen, &#x017F;obald es mir beliebte.<lb/>
Vor der Hand war ich mit der getroffenen Einrich-<lb/>
tung zufrteden, denn an der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft der Frau<lb/>
Mutter war mir eigentlich nie etwas gelegen, hin-<lb/>
gegen war ich, &#x017F;o lange Lebrecht neu war, gern<lb/>
um ihn.</p><lb/>
        <p>Er hatte eine Art mich in Re&#x017F;pect zu erhal-<lb/>
ten, und zu &#x017F;einem Willen zu bringen, die mir<lb/>
bisher ganz fremd gewe&#x017F;en war, ich konnte nicht<lb/>
u&#x0364;ber Strenge oder harte Worte klagen, vielmehr<lb/>
war er &#x017F;ehr liebreich gegen mich, &#x017F;obald ich aber<lb/>
etwas wollte, was nicht in &#x017F;einen Plan taugte,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 2</fw><fw place="bottom" type="catch">wußte</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0151] geben muͤſſe, wenn der erſte was bei dem letzten ausrichten ſollte. Weil ich eben hinter einander etliche Bubenſtuͤcke ausgeuͤbt hatte, die meiner lie- ben Mama Schaden und Verdruß verurſachten, ſo begann ſie Reitmanns verbluͤmten Vorſchlaͤgen Ge- hoͤr zu geben, und da Lebrecht ſeine Stelle antrat, ward ich ihm ſo gaͤnzlich uͤbergeben, daß mein Bett aus der Schlafſtube meiner Mutter in die des Hof- meiſters geſetzt wurde, und die erſte ſich erklaͤrte, ſie wolle mich anders nicht als beim Eſſen, und auch da nicht ſehen, wenn ich Herr Lebrechten nicht recht gut folgte und fleißig lernte. Mir war dieſe Drohung laͤcherlich, weil ich wußte, daß es leicht ſein wuͤrde, Mammachen an- ders Sinnes zu machen, ſobald es mir beliebte. Vor der Hand war ich mit der getroffenen Einrich- tung zufrteden, denn an der Geſellſchaft der Frau Mutter war mir eigentlich nie etwas gelegen, hin- gegen war ich, ſo lange Lebrecht neu war, gern um ihn. Er hatte eine Art mich in Reſpect zu erhal- ten, und zu ſeinem Willen zu bringen, die mir bisher ganz fremd geweſen war, ich konnte nicht uͤber Strenge oder harte Worte klagen, vielmehr war er ſehr liebreich gegen mich, ſobald ich aber etwas wollte, was nicht in ſeinen Plan taugte, wußte K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/151
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/151>, abgerufen am 15.05.2024.