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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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Alles war schon zur Ruhe, ich pochte an dem ge-
schloßnen Thore; da man nicht sogleich hörte, wie-
derholte ichs, und wimmerte dazu so kläglich, daß
meine Mutter, welche auf das erste Pochen aufge-
horcht hatte, um zu vernehmen, ob es wiederholt
werden würde, nun die Stimme ihres Küchelchens
zu hören glaubte, und zitternd aus dem Bette fuhr.
Jhre eigne Stimme erschallte nun im Hause, zuerst
mit Schelten und Schimpfen auf die Leute, die
das Pochen doch auch mußten gehört haben, aber
aus Faulheit liegen blieben, einige davon aber wa-
ren schon aufgestanden, und schlugen Licht, diese
kamen mir und einem der Knechte, der im Stall
logirte, dem Thore also näher war, und mich schon
eingelassen hatte, entgegen, so ward ich zu meiner
Mutter begleitet, die im Hause stand und mich zit-
ternd erwartete. Ach, schrie sie, und eilte mit
ausgebreiteten Armen auf mich zu, so habe ich doch
recht gehört, du bists, mein Goldfritzel, ach Kind,
wie hast du dich so wagen können -- o, die gottlo-
sen Menschen, was haben sie meinem Kinde ge-
than! Die Worte von o, an, brachten meine Thrä-
nen, oder vielmehr mein Geheul hervor, unter
welchem mich die Mutter in ihr Zimmer führte.
Hier erzählte ich nun, wie man mir mitgespielt
hätte, und entkleidete mich, um meinen Rücken

zu

Alles war ſchon zur Ruhe, ich pochte an dem ge-
ſchloßnen Thore; da man nicht ſogleich hoͤrte, wie-
derholte ichs, und wimmerte dazu ſo klaͤglich, daß
meine Mutter, welche auf das erſte Pochen aufge-
horcht hatte, um zu vernehmen, ob es wiederholt
werden wuͤrde, nun die Stimme ihres Kuͤchelchens
zu hoͤren glaubte, und zitternd aus dem Bette fuhr.
Jhre eigne Stimme erſchallte nun im Hauſe, zuerſt
mit Schelten und Schimpfen auf die Leute, die
das Pochen doch auch mußten gehoͤrt haben, aber
aus Faulheit liegen blieben, einige davon aber wa-
ren ſchon aufgeſtanden, und ſchlugen Licht, dieſe
kamen mir und einem der Knechte, der im Stall
logirte, dem Thore alſo naͤher war, und mich ſchon
eingelaſſen hatte, entgegen, ſo ward ich zu meiner
Mutter begleitet, die im Hauſe ſtand und mich zit-
ternd erwartete. Ach, ſchrie ſie, und eilte mit
ausgebreiteten Armen auf mich zu, ſo habe ich doch
recht gehoͤrt, du biſts, mein Goldfritzel, ach Kind,
wie haſt du dich ſo wagen koͤnnen — o, die gottlo-
ſen Menſchen, was haben ſie meinem Kinde ge-
than! Die Worte von o, an, brachten meine Thraͤ-
nen, oder vielmehr mein Geheul hervor, unter
welchem mich die Mutter in ihr Zimmer fuͤhrte.
Hier erzaͤhlte ich nun, wie man mir mitgeſpielt
haͤtte, und entkleidete mich, um meinen Ruͤcken

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[157/0161] Alles war ſchon zur Ruhe, ich pochte an dem ge- ſchloßnen Thore; da man nicht ſogleich hoͤrte, wie- derholte ichs, und wimmerte dazu ſo klaͤglich, daß meine Mutter, welche auf das erſte Pochen aufge- horcht hatte, um zu vernehmen, ob es wiederholt werden wuͤrde, nun die Stimme ihres Kuͤchelchens zu hoͤren glaubte, und zitternd aus dem Bette fuhr. Jhre eigne Stimme erſchallte nun im Hauſe, zuerſt mit Schelten und Schimpfen auf die Leute, die das Pochen doch auch mußten gehoͤrt haben, aber aus Faulheit liegen blieben, einige davon aber wa- ren ſchon aufgeſtanden, und ſchlugen Licht, dieſe kamen mir und einem der Knechte, der im Stall logirte, dem Thore alſo naͤher war, und mich ſchon eingelaſſen hatte, entgegen, ſo ward ich zu meiner Mutter begleitet, die im Hauſe ſtand und mich zit- ternd erwartete. Ach, ſchrie ſie, und eilte mit ausgebreiteten Armen auf mich zu, ſo habe ich doch recht gehoͤrt, du biſts, mein Goldfritzel, ach Kind, wie haſt du dich ſo wagen koͤnnen — o, die gottlo- ſen Menſchen, was haben ſie meinem Kinde ge- than! Die Worte von o, an, brachten meine Thraͤ- nen, oder vielmehr mein Geheul hervor, unter welchem mich die Mutter in ihr Zimmer fuͤhrte. Hier erzaͤhlte ich nun, wie man mir mitgeſpielt haͤtte, und entkleidete mich, um meinen Ruͤcken zu

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/161>, abgerufen am 16.05.2024.