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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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Die gütliche Behandlung dieser Sache hatte
ich meiner Verstellung zu danken; ich that nehmlich,
nachdem der Schade angerichtet war, als wärs von
ohngefähr geschehen, und stellte mich sehr erschro-
cken darüber. Diese Sprache behielt ich auch bei
dem Gerichtsverwalter bei, und selbst meine Mut-
ter unterrichtete ich nicht besser, bis alles vorüber
war. Dann aber sagte ich ihr, daß ich ganz eigent-
lich nach der Wade des Bauers gezielt hätte, wor-
aus sie sehen könnte, wie richtig ich zu treffen
verstünde.

Aber, versetzte meine Mutter, warum hast du
Schelm denn das gethan? -- J nu, Mammachen,
weil der Kerl mir vor ein paar Wochen drohte,
daß er mir eine tüchtige Tracht Prügel aufzählen
wollte, darnach könnte ich hingehen und es Jhnen
klagen. Der alte kecke Schlingel, sagte meine
Mutter, beinah möchte ich sprechen, daß du recht
gehabt hast -- aber du hättest es doch lieber mir
sagen sollen.

Ach, erwiederte ich, was soll ich immer kla-
gen, man muß sich selbst zu helfen wissen. Jch
machs wie Sie, wenn mir jemand was thut, trag
ichs ihm nach, bis ich ihm mit guter Art eins
versetzen kann -- nicht wahr, das ist recht? So
haben Sie es mit Felßen gemacht, den ich in Jhrem

Namen

Die guͤtliche Behandlung dieſer Sache hatte
ich meiner Verſtellung zu danken; ich that nehmlich,
nachdem der Schade angerichtet war, als waͤrs von
ohngefaͤhr geſchehen, und ſtellte mich ſehr erſchro-
cken daruͤber. Dieſe Sprache behielt ich auch bei
dem Gerichtsverwalter bei, und ſelbſt meine Mut-
ter unterrichtete ich nicht beſſer, bis alles voruͤber
war. Dann aber ſagte ich ihr, daß ich ganz eigent-
lich nach der Wade des Bauers gezielt haͤtte, wor-
aus ſie ſehen koͤnnte, wie richtig ich zu treffen
verſtuͤnde.

Aber, verſetzte meine Mutter, warum haſt du
Schelm denn das gethan? — J nu, Mammachen,
weil der Kerl mir vor ein paar Wochen drohte,
daß er mir eine tuͤchtige Tracht Pruͤgel aufzaͤhlen
wollte, darnach koͤnnte ich hingehen und es Jhnen
klagen. Der alte kecke Schlingel, ſagte meine
Mutter, beinah moͤchte ich ſprechen, daß du recht
gehabt haſt — aber du haͤtteſt es doch lieber mir
ſagen ſollen.

Ach, erwiederte ich, was ſoll ich immer kla-
gen, man muß ſich ſelbſt zu helfen wiſſen. Jch
machs wie Sie, wenn mir jemand was thut, trag
ichs ihm nach, bis ich ihm mit guter Art eins
verſetzen kann — nicht wahr, das iſt recht? So
haben Sie es mit Felßen gemacht, den ich in Jhrem

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[164/0168] Die guͤtliche Behandlung dieſer Sache hatte ich meiner Verſtellung zu danken; ich that nehmlich, nachdem der Schade angerichtet war, als waͤrs von ohngefaͤhr geſchehen, und ſtellte mich ſehr erſchro- cken daruͤber. Dieſe Sprache behielt ich auch bei dem Gerichtsverwalter bei, und ſelbſt meine Mut- ter unterrichtete ich nicht beſſer, bis alles voruͤber war. Dann aber ſagte ich ihr, daß ich ganz eigent- lich nach der Wade des Bauers gezielt haͤtte, wor- aus ſie ſehen koͤnnte, wie richtig ich zu treffen verſtuͤnde. Aber, verſetzte meine Mutter, warum haſt du Schelm denn das gethan? — J nu, Mammachen, weil der Kerl mir vor ein paar Wochen drohte, daß er mir eine tuͤchtige Tracht Pruͤgel aufzaͤhlen wollte, darnach koͤnnte ich hingehen und es Jhnen klagen. Der alte kecke Schlingel, ſagte meine Mutter, beinah moͤchte ich ſprechen, daß du recht gehabt haſt — aber du haͤtteſt es doch lieber mir ſagen ſollen. Ach, erwiederte ich, was ſoll ich immer kla- gen, man muß ſich ſelbſt zu helfen wiſſen. Jch machs wie Sie, wenn mir jemand was thut, trag ichs ihm nach, bis ich ihm mit guter Art eins verſetzen kann — nicht wahr, das iſt recht? So haben Sie es mit Felßen gemacht, den ich in Jhrem Namen

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/168>, abgerufen am 24.11.2024.