Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
Erbschaft ausschließen, welches sein Vater nicht ge- litten hätte, und so war sie meinetwegen sehr be- kümmert. Allein das Schicksal wollte ihr wenig- stens diesen Stein vom Herzen nehmen, indem es ihren Gemahl regierte, daß er ihr einige kräftige Tritte in die Seite gab. Das Kind, welches allerdings ein Sohn war, kam also abermals un- zeitig und starb bald nach der Geburt, welches ver- muthlich blos meinetwegen geschah; ich, der Lieb- ling des Glücks, sollte nichts verlieren, sondern alles allein zum Verjubeln bekommen. Die üble Laune meines freiherrlichen Pappa's, den meine Mutter oft einen Rabenvater gegen sein eigenes Kind nannte, nahm so sehr zu, daß diese sich entschloß, mich aus dem Hause zu geben. Zu Schnitzers Zeit hätte sie diesen Einfall ohne weite- res durchgesetzt, der ehrliche Mann hätte es nur so von ohngefähr erfahren, jetzt wandte sie Demü- thigung, Schmeichelei und Bitten an, um von ihrem Tyrannen Erlaubniß dazu zu erhalten. Es ward in Gnaden bewilligt, der Baron befahl aber, mich selbst in eine zwölf Meilen weit entfernte Stadt zu bringen, damit ich der Mutter und ihren Zärteleien aus den Augen käme. Dort gab er mich in die Kost bei gemeinen Bürgersleuten, und wollte nicht, daß ich besser ge- halten Q 3
Erbſchaft ausſchließen, welches ſein Vater nicht ge- litten haͤtte, und ſo war ſie meinetwegen ſehr be- kuͤmmert. Allein das Schickſal wollte ihr wenig- ſtens dieſen Stein vom Herzen nehmen, indem es ihren Gemahl regierte, daß er ihr einige kraͤftige Tritte in die Seite gab. Das Kind, welches allerdings ein Sohn war, kam alſo abermals un- zeitig und ſtarb bald nach der Geburt, welches ver- muthlich blos meinetwegen geſchah; ich, der Lieb- ling des Gluͤcks, ſollte nichts verlieren, ſondern alles allein zum Verjubeln bekommen. Die uͤble Laune meines freiherrlichen Pappa’s, den meine Mutter oft einen Rabenvater gegen ſein eigenes Kind nannte, nahm ſo ſehr zu, daß dieſe ſich entſchloß, mich aus dem Hauſe zu geben. Zu Schnitzers Zeit haͤtte ſie dieſen Einfall ohne weite- res durchgeſetzt, der ehrliche Mann haͤtte es nur ſo von ohngefaͤhr erfahren, jetzt wandte ſie Demuͤ- thigung, Schmeichelei und Bitten an, um von ihrem Tyrannen Erlaubniß dazu zu erhalten. Es ward in Gnaden bewilligt, der Baron befahl aber, mich ſelbſt in eine zwoͤlf Meilen weit entfernte Stadt zu bringen, damit ich der Mutter und ihren Zaͤrteleien aus den Augen kaͤme. Dort gab er mich in die Koſt bei gemeinen Buͤrgersleuten, und wollte nicht, daß ich beſſer ge- halten Q 3
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Erbſchaft ausſchließen, welches ſein Vater nicht ge-
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kuͤmmert. Allein das Schickſal wollte ihr wenig-
ſtens dieſen Stein vom Herzen nehmen, indem es
ihren Gemahl regierte, daß er ihr einige kraͤftige
Tritte in die Seite gab. Das Kind, welches
allerdings ein Sohn war, kam alſo abermals un-
zeitig und ſtarb bald nach der Geburt, welches ver-
muthlich blos meinetwegen geſchah; ich, der Lieb-
ling des Gluͤcks, ſollte nichts verlieren, ſondern
alles allein zum Verjubeln bekommen.
Die uͤble Laune meines freiherrlichen Pappa’s,
den meine Mutter oft einen Rabenvater gegen ſein
eigenes Kind nannte, nahm ſo ſehr zu, daß dieſe
ſich entſchloß, mich aus dem Hauſe zu geben. Zu
Schnitzers Zeit haͤtte ſie dieſen Einfall ohne weite-
res durchgeſetzt, der ehrliche Mann haͤtte es nur
ſo von ohngefaͤhr erfahren, jetzt wandte ſie Demuͤ-
thigung, Schmeichelei und Bitten an, um von
ihrem Tyrannen Erlaubniß dazu zu erhalten. Es
ward in Gnaden bewilligt, der Baron befahl aber,
mich ſelbſt in eine zwoͤlf Meilen weit entfernte
Stadt zu bringen, damit ich der Mutter und ihren
Zaͤrteleien aus den Augen kaͤme.
Dort gab er mich in die Koſt bei gemeinen
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