Jch will nicht ehrlich sein, sagte ich eines Morgens, als er mir das überstandene Leiden der Nacht klagte, wenn alles das, welches weder mir, noch sonst jemanden im Hause wiederfährt, nicht Mahnung der Geldgeister ist, die sich entweder rächen, weil sie auf dem Wege zu ihrer Bekannt- schaft stehen bleiben, oder sie ermuntern wollen, denselben wieder zu betreten. Ja, wie ichs auch überlege, so behaupte ich recht zu haben, und will mich nun nicht länger abhalten lassen, die nöthi- gen Bücher anzuschaffen.
Der Magister wollte nicht zu sehr zaghaft scheinen, war auch wohl geneigt, meine Vorstel- lung für wahrscheinlich zu halten, also widersprach er mir nicht, aber ich sah es ihm an, daß er wünschte, ich möchte die Sache lieber wieder ver- gessen, und daß etwas von Ahndung, seiner Pein könne leicht mehr werden, ihm im Kopf herum- schlich. Jch that als sähe ich nichts, borgte Geld, und kaufte nebst dem Höllenzwang, den ich bereits erkundschaftet hatte, noch einige cabalistische Werk- chen. Dies alles lud ich einem Träger auf, und kam frohlockend damit nach Hause.
Schrecken und Freude, den Höllenzwang wie- der zu sehen, bemeisterte sich meines Magisters, eins so stark wie das andere, doch die Freude be-
hielt
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Jch will nicht ehrlich ſein, ſagte ich eines Morgens, als er mir das uͤberſtandene Leiden der Nacht klagte, wenn alles das, welches weder mir, noch ſonſt jemanden im Hauſe wiederfaͤhrt, nicht Mahnung der Geldgeiſter iſt, die ſich entweder raͤchen, weil ſie auf dem Wege zu ihrer Bekannt- ſchaft ſtehen bleiben, oder ſie ermuntern wollen, denſelben wieder zu betreten. Ja, wie ichs auch uͤberlege, ſo behaupte ich recht zu haben, und will mich nun nicht laͤnger abhalten laſſen, die noͤthi- gen Buͤcher anzuſchaffen.
Der Magiſter wollte nicht zu ſehr zaghaft ſcheinen, war auch wohl geneigt, meine Vorſtel- lung fuͤr wahrſcheinlich zu halten, alſo widerſprach er mir nicht, aber ich ſah es ihm an, daß er wuͤnſchte, ich moͤchte die Sache lieber wieder ver- geſſen, und daß etwas von Ahndung, ſeiner Pein koͤnne leicht mehr werden, ihm im Kopf herum- ſchlich. Jch that als ſaͤhe ich nichts, borgte Geld, und kaufte nebſt dem Hoͤllenzwang, den ich bereits erkundſchaftet hatte, noch einige cabaliſtiſche Werk- chen. Dies alles lud ich einem Traͤger auf, und kam frohlockend damit nach Hauſe.
Schrecken und Freude, den Hoͤllenzwang wie- der zu ſehen, bemeiſterte ſich meines Magiſters, eins ſo ſtark wie das andere, doch die Freude be-
hielt
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Jch will nicht ehrlich ſein, ſagte ich eines
Morgens, als er mir das uͤberſtandene Leiden der
Nacht klagte, wenn alles das, welches weder mir,
noch ſonſt jemanden im Hauſe wiederfaͤhrt, nicht
Mahnung der Geldgeiſter iſt, die ſich entweder
raͤchen, weil ſie auf dem Wege zu ihrer Bekannt-
ſchaft ſtehen bleiben, oder ſie ermuntern wollen,
denſelben wieder zu betreten. Ja, wie ichs auch
uͤberlege, ſo behaupte ich recht zu haben, und will
mich nun nicht laͤnger abhalten laſſen, die noͤthi-
gen Buͤcher anzuſchaffen.
Der Magiſter wollte nicht zu ſehr zaghaft
ſcheinen, war auch wohl geneigt, meine Vorſtel-
lung fuͤr wahrſcheinlich zu halten, alſo widerſprach
er mir nicht, aber ich ſah es ihm an, daß er
wuͤnſchte, ich moͤchte die Sache lieber wieder ver-
geſſen, und daß etwas von Ahndung, ſeiner Pein
koͤnne leicht mehr werden, ihm im Kopf herum-
ſchlich. Jch that als ſaͤhe ich nichts, borgte Geld,
und kaufte nebſt dem Hoͤllenzwang, den ich bereits
erkundſchaftet hatte, noch einige cabaliſtiſche Werk-
chen. Dies alles lud ich einem Traͤger auf, und
kam frohlockend damit nach Hauſe.
Schrecken und Freude, den Hoͤllenzwang wie-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/265>, abgerufen am 22.11.2024.
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