Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
nicht ein Hauch von Gedanken kam mir ein, daß sich indessen eine große Veränderung in meinem Gasthof zutragen würde. Als ich in selbigen zurückkam, leuchtete mir ein Marqueur die Treppe hinauf, welches mich als gewöhnlich nicht befremdete, noch hatte ich kein Arg da er den Schlüssel meines Zimmers zur Hand nahm und dasselbe öfnete, denn auch Klaus war nicht gehalten, eine gute Partie, die er et- wa gemacht hatte, meinetwegen zu verlassen, wenn es ihm nicht gefiel; dergleichen Freiheiten nahm er sich öfters heraus. Jndessen fragte ich doch; seit wenn mein Bedienter nicht zu Hause wäre, und erfuhr, daß er vor etwa zwei Stunden, wie ihm aufgetragen, mit der Post abgegangen sei und ein versiegeltes Paquet zurückgelassen hätte, wel- ches ich auf dem Tisch finden würde. Nicht eben ganz versteinert, aber auch nicht ganz mobil hob ich die Füße langsam auf, um hinein zugehen, mechanisch wandelte ich nach dem Tisch, und ergriff das Paquet, der Marqueur brannte die Lichter an und fragte, ob er mir hel- fen sollte, mich zu entkleiden; aber noch ungewiß ob es rathsam sei auf Klausen zu schimpfen, oder besser, wenn ich die Sache für bekannt annähme, wollte ich geschwind allein sein, um es zu überle- gen; also sagte ich dem Menschen, daß ich ihn nicht nöthig hätte. Sogleich konnte ich mich nicht entschließen, daß Paquet zu öfnen, plötzlich aber fiel mir ein- daß Klaus den Einfall gehabt haben würde, vor- aus
nicht ein Hauch von Gedanken kam mir ein, daß ſich indeſſen eine große Veraͤnderung in meinem Gaſthof zutragen wuͤrde. Als ich in ſelbigen zuruͤckkam, leuchtete mir ein Marqueur die Treppe hinauf, welches mich als gewoͤhnlich nicht befremdete, noch hatte ich kein Arg da er den Schluͤſſel meines Zimmers zur Hand nahm und daſſelbe oͤfnete, denn auch Klaus war nicht gehalten, eine gute Partie, die er et- wa gemacht hatte, meinetwegen zu verlaſſen, wenn es ihm nicht gefiel; dergleichen Freiheiten nahm er ſich oͤfters heraus. Jndeſſen fragte ich doch; ſeit wenn mein Bedienter nicht zu Hauſe waͤre, und erfuhr, daß er vor etwa zwei Stunden, wie ihm aufgetragen, mit der Poſt abgegangen ſei und ein verſiegeltes Paquet zuruͤckgelaſſen haͤtte, wel- ches ich auf dem Tiſch finden wuͤrde. Nicht eben ganz verſteinert, aber auch nicht ganz mobil hob ich die Fuͤße langſam auf, um hinein zugehen, mechaniſch wandelte ich nach dem Tiſch, und ergriff das Paquet, der Marqueur brannte die Lichter an und fragte, ob er mir hel- fen ſollte, mich zu entkleiden; aber noch ungewiß ob es rathſam ſei auf Klauſen zu ſchimpfen, oder beſſer, wenn ich die Sache fuͤr bekannt annaͤhme, wollte ich geſchwind allein ſein, um es zu uͤberle- gen; alſo ſagte ich dem Menſchen, daß ich ihn nicht noͤthig haͤtte. Sogleich konnte ich mich nicht entſchließen, daß Paquet zu oͤfnen, ploͤtzlich aber fiel mir ein- daß Klaus den Einfall gehabt haben wuͤrde, vor- aus
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#STA"> <p><pb facs="#f0384" n="380"/> nicht ein Hauch von Gedanken kam mir ein, daß<lb/> ſich indeſſen eine große Veraͤnderung in meinem<lb/> Gaſthof zutragen wuͤrde.</p><lb/> <p>Als ich in ſelbigen zuruͤckkam, leuchtete mir<lb/> ein Marqueur die Treppe hinauf, welches mich<lb/> als gewoͤhnlich nicht befremdete, noch hatte ich<lb/> kein Arg da er den Schluͤſſel meines Zimmers zur<lb/> Hand nahm und daſſelbe oͤfnete, denn auch Klaus<lb/> war nicht gehalten, eine gute Partie, die er et-<lb/> wa gemacht hatte, meinetwegen zu verlaſſen, wenn<lb/> es ihm nicht gefiel; dergleichen Freiheiten nahm<lb/> er ſich oͤfters heraus. Jndeſſen fragte ich doch;<lb/> ſeit wenn mein Bedienter nicht zu Hauſe waͤre,<lb/> und erfuhr, daß er vor etwa zwei Stunden, wie<lb/> ihm aufgetragen, mit der Poſt abgegangen ſei und<lb/> ein verſiegeltes Paquet zuruͤckgelaſſen haͤtte, wel-<lb/> ches ich auf dem Tiſch finden wuͤrde.</p><lb/> <p>Nicht eben ganz verſteinert, aber auch nicht<lb/> ganz mobil hob ich die Fuͤße langſam auf, um<lb/> hinein zugehen, mechaniſch wandelte ich nach dem<lb/> Tiſch, und ergriff das Paquet, der Marqueur<lb/> brannte die Lichter an und fragte, ob er mir hel-<lb/> fen ſollte, mich zu entkleiden; aber noch ungewiß<lb/> ob es rathſam ſei auf Klauſen zu ſchimpfen, oder<lb/> beſſer, wenn ich die Sache fuͤr bekannt annaͤhme,<lb/> wollte ich geſchwind allein ſein, um es zu uͤberle-<lb/> gen; alſo ſagte ich dem Menſchen, daß ich ihn<lb/> nicht noͤthig haͤtte.</p><lb/> <p>Sogleich konnte ich mich nicht entſchließen,<lb/> daß Paquet zu oͤfnen, ploͤtzlich aber fiel mir ein-<lb/> daß Klaus den Einfall gehabt haben wuͤrde, vor-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">aus</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [380/0384]
nicht ein Hauch von Gedanken kam mir ein, daß
ſich indeſſen eine große Veraͤnderung in meinem
Gaſthof zutragen wuͤrde.
Als ich in ſelbigen zuruͤckkam, leuchtete mir
ein Marqueur die Treppe hinauf, welches mich
als gewoͤhnlich nicht befremdete, noch hatte ich
kein Arg da er den Schluͤſſel meines Zimmers zur
Hand nahm und daſſelbe oͤfnete, denn auch Klaus
war nicht gehalten, eine gute Partie, die er et-
wa gemacht hatte, meinetwegen zu verlaſſen, wenn
es ihm nicht gefiel; dergleichen Freiheiten nahm
er ſich oͤfters heraus. Jndeſſen fragte ich doch;
ſeit wenn mein Bedienter nicht zu Hauſe waͤre,
und erfuhr, daß er vor etwa zwei Stunden, wie
ihm aufgetragen, mit der Poſt abgegangen ſei und
ein verſiegeltes Paquet zuruͤckgelaſſen haͤtte, wel-
ches ich auf dem Tiſch finden wuͤrde.
Nicht eben ganz verſteinert, aber auch nicht
ganz mobil hob ich die Fuͤße langſam auf, um
hinein zugehen, mechaniſch wandelte ich nach dem
Tiſch, und ergriff das Paquet, der Marqueur
brannte die Lichter an und fragte, ob er mir hel-
fen ſollte, mich zu entkleiden; aber noch ungewiß
ob es rathſam ſei auf Klauſen zu ſchimpfen, oder
beſſer, wenn ich die Sache fuͤr bekannt annaͤhme,
wollte ich geſchwind allein ſein, um es zu uͤberle-
gen; alſo ſagte ich dem Menſchen, daß ich ihn
nicht noͤthig haͤtte.
Sogleich konnte ich mich nicht entſchließen,
daß Paquet zu oͤfnen, ploͤtzlich aber fiel mir ein-
daß Klaus den Einfall gehabt haben wuͤrde, vor-
aus
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |