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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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men! Auch habe ich mich ohne Verzug an ihm ge-
rächt, und zugleich vorgebeugt, daß er nicht etwa
Reise- und Versäumungskosten fordern soll. Jch
sagte nehmlich: wie können Sie sich erdreusten, mir
Dorotheens superkluge Reden unter die Augen zu
sagen? Hiermit verbitte ich mir Jhre Grobheiten,
ich haben icht an die Närrinn gedacht, -- daß ich
nehmlich nach ihr fragen wollte; Sie aber gerathen
auf den tollen Einfall, mich mit ihr zu paaren; da
ich nicht hin will, bieten Sie sich selbst zur Reise an,
kommen dann wieder und sagen mir im Nahmen
dieser Dore eine Menge Unannehmlichkeiten; ich
weiß nicht, ob ich gehalten bin, das zu leiden.

Der Schulmeister ging und brummte vor sich
hin: "ach du hast Recht gute Dorothea!" Jch ver-
muthe, daß er mich jetzt unbesucht lassen wird. Mei-
ne, Mutter würde wenn sie noch lebte, gestehn, daß
ich die Kunst Pflicht-Erfüllungen abzulehnen, indem
man der erste ist, der den Beleidigten macht, da es
doch der andere Ursache hätte, um ihn dadurch zu
verplüffen, immer besser lerne; sie würde mir um
deßwillen alles vergeben, was ich an ihr gesündigt
habe, und mich doch einen wohlgerathenen Sohn
nennen. Jch aber bitte meine Leser jene spröde
und ungetreue Dorothea zu vergessen, und sich auf
die Bekanntschaft einer andern Dame gefaßt zu ma-
chen, welche nicht so delieat war, und es vielmehr
einsahe, daß ich ein Mensch war, mit dem sichs
gut leben ließ.

Jch hatte in N. N. unter andern geheimen
Bekanntschaften vom schönen Geschlecht einer ge-
wissen
men! Auch habe ich mich ohne Verzug an ihm ge-
raͤcht, und zugleich vorgebeugt, daß er nicht etwa
Reiſe- und Verſaͤumungskoſten fordern ſoll. Jch
ſagte nehmlich: wie koͤnnen Sie ſich erdreuſten, mir
Dorotheens ſuperkluge Reden unter die Augen zu
ſagen? Hiermit verbitte ich mir Jhre Grobheiten,
ich haben icht an die Naͤrrinn gedacht, — daß ich
nehmlich nach ihr fragen wollte; Sie aber gerathen
auf den tollen Einfall, mich mit ihr zu paaren; da
ich nicht hin will, bieten Sie ſich ſelbſt zur Reiſe an,
kommen dann wieder und ſagen mir im Nahmen
dieſer Dore eine Menge Unannehmlichkeiten; ich
weiß nicht, ob ich gehalten bin, das zu leiden.

Der Schulmeiſter ging und brummte vor ſich
hin: „ach du haſt Recht gute Dorothea!“ Jch ver-
muthe, daß er mich jetzt unbeſucht laſſen wird. Mei-
ne, Mutter wuͤrde wenn ſie noch lebte, geſtehn, daß
ich die Kunſt Pflicht-Erfuͤllungen abzulehnen, indem
man der erſte iſt, der den Beleidigten macht, da es
doch der andere Urſache haͤtte, um ihn dadurch zu
verpluͤffen, immer beſſer lerne; ſie wuͤrde mir um
deßwillen alles vergeben, was ich an ihr geſuͤndigt
habe, und mich doch einen wohlgerathenen Sohn
nennen. Jch aber bitte meine Leſer jene ſproͤde
und ungetreue Dorothea zu vergeſſen, und ſich auf
die Bekanntſchaft einer andern Dame gefaßt zu ma-
chen, welche nicht ſo delieat war, und es vielmehr
einſahe, daß ich ein Menſch war, mit dem ſichs
gut leben ließ.

Jch hatte in N. N. unter andern geheimen
Bekanntſchaften vom ſchoͤnen Geſchlecht einer ge-
wiſſen
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[431/0435] men! Auch habe ich mich ohne Verzug an ihm ge- raͤcht, und zugleich vorgebeugt, daß er nicht etwa Reiſe- und Verſaͤumungskoſten fordern ſoll. Jch ſagte nehmlich: wie koͤnnen Sie ſich erdreuſten, mir Dorotheens ſuperkluge Reden unter die Augen zu ſagen? Hiermit verbitte ich mir Jhre Grobheiten, ich haben icht an die Naͤrrinn gedacht, — daß ich nehmlich nach ihr fragen wollte; Sie aber gerathen auf den tollen Einfall, mich mit ihr zu paaren; da ich nicht hin will, bieten Sie ſich ſelbſt zur Reiſe an, kommen dann wieder und ſagen mir im Nahmen dieſer Dore eine Menge Unannehmlichkeiten; ich weiß nicht, ob ich gehalten bin, das zu leiden. Der Schulmeiſter ging und brummte vor ſich hin: „ach du haſt Recht gute Dorothea!“ Jch ver- muthe, daß er mich jetzt unbeſucht laſſen wird. Mei- ne, Mutter wuͤrde wenn ſie noch lebte, geſtehn, daß ich die Kunſt Pflicht-Erfuͤllungen abzulehnen, indem man der erſte iſt, der den Beleidigten macht, da es doch der andere Urſache haͤtte, um ihn dadurch zu verpluͤffen, immer beſſer lerne; ſie wuͤrde mir um deßwillen alles vergeben, was ich an ihr geſuͤndigt habe, und mich doch einen wohlgerathenen Sohn nennen. Jch aber bitte meine Leſer jene ſproͤde und ungetreue Dorothea zu vergeſſen, und ſich auf die Bekanntſchaft einer andern Dame gefaßt zu ma- chen, welche nicht ſo delieat war, und es vielmehr einſahe, daß ich ein Menſch war, mit dem ſichs gut leben ließ. Jch hatte in N. N. unter andern geheimen Bekanntſchaften vom ſchoͤnen Geſchlecht einer ge- wiſſen

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/435>, abgerufen am 24.11.2024.