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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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te. Jch nahm mir einigemal vor, denen welche mir
das Essen brachten, eins zu versetzen, um doch et-
was zu thun, aber wenn ich dann wieder an die
Züchtigung gedachte, welche mir dafür widerfahren
könnte, schonte ich mich selbst zu sehr. Zuletzt hielt
ich alle, die um mich waren, und sich nun mich zu
sehn einfanden, für elende Menschlein, die ich kei-
nes Blicks würdigen müßte, weil sie einen großen,
einen Freiheitliebenden Geist, wie ich ihn besaß,
nicht begreifen könnten und nicht zu schätzen wüß-
ten; und dieß Urtheil traf besonders die Großen,
von denen ich Befreiung erwartet hätte.

Man hielt es für Pflicht mir bald Trost zuzu-
sprechen bald mit Ermahnungen, daß ich mich zu
meinem Ende bereiten sollte, zuzusetzen. Seit ei-
niger Zeit war die Einrichtung gemacht, daß den
zum Tode Verurtheilten keine Prediger zugelassen
wurden, dennoch war der Feldprediger so besorgt,
daß er in veränderter Kleidung blos als Freund oder
Bekannter zu mir kam. Seine Erscheinung war
mir lästig, sie wäre mir lächerlich gewesen, wenn
ich jetzt Lust zum Scherz gehabt hätte.

Unter allem, was mir beigebracht worden war,
hatte man nichts mit mehr Lauheit behandelt, als
die Lehren der Religion, ich mußte mir das Nöthi-
ge bekannt machen, um unter die Erwachsenen auf-
genommen zu werden, welches, da ich zu studiren
fortfahren wollte, doch nothwendig und überhaupt
nicht zu vermeiden war. Aber ich behandelte alles
blos als Formel und spottete, wo ich nur konnte
darüber. Meine Mutter glaubte, es gehöre zum
einen Ton, den Freigeist zu machen, und bei mir

wards

te. Jch nahm mir einigemal vor, denen welche mir
das Eſſen brachten, eins zu verſetzen, um doch et-
was zu thun, aber wenn ich dann wieder an die
Zuͤchtigung gedachte, welche mir dafuͤr widerfahren
koͤnnte, ſchonte ich mich ſelbſt zu ſehr. Zuletzt hielt
ich alle, die um mich waren, und ſich nun mich zu
ſehn einfanden, fuͤr elende Menſchlein, die ich kei-
nes Blicks wuͤrdigen muͤßte, weil ſie einen großen,
einen Freiheitliebenden Geiſt, wie ich ihn beſaß,
nicht begreifen koͤnnten und nicht zu ſchaͤtzen wuͤß-
ten; und dieß Urtheil traf beſonders die Großen,
von denen ich Befreiung erwartet haͤtte.

Man hielt es fuͤr Pflicht mir bald Troſt zuzu-
ſprechen bald mit Ermahnungen, daß ich mich zu
meinem Ende bereiten ſollte, zuzuſetzen. Seit ei-
niger Zeit war die Einrichtung gemacht, daß den
zum Tode Verurtheilten keine Prediger zugelaſſen
wurden, dennoch war der Feldprediger ſo beſorgt,
daß er in veraͤnderter Kleidung blos als Freund oder
Bekannter zu mir kam. Seine Erſcheinung war
mir laͤſtig, ſie waͤre mir laͤcherlich geweſen, wenn
ich jetzt Luſt zum Scherz gehabt haͤtte.

Unter allem, was mir beigebracht worden war,
hatte man nichts mit mehr Lauheit behandelt, als
die Lehren der Religion, ich mußte mir das Noͤthi-
ge bekannt machen, um unter die Erwachſenen auf-
genommen zu werden, welches, da ich zu ſtudiren
fortfahren wollte, doch nothwendig und uͤberhaupt
nicht zu vermeiden war. Aber ich behandelte alles
blos als Formel und ſpottete, wo ich nur konnte
daruͤber. Meine Mutter glaubte, es gehoͤre zum
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[480/0484] te. Jch nahm mir einigemal vor, denen welche mir das Eſſen brachten, eins zu verſetzen, um doch et- was zu thun, aber wenn ich dann wieder an die Zuͤchtigung gedachte, welche mir dafuͤr widerfahren koͤnnte, ſchonte ich mich ſelbſt zu ſehr. Zuletzt hielt ich alle, die um mich waren, und ſich nun mich zu ſehn einfanden, fuͤr elende Menſchlein, die ich kei- nes Blicks wuͤrdigen muͤßte, weil ſie einen großen, einen Freiheitliebenden Geiſt, wie ich ihn beſaß, nicht begreifen koͤnnten und nicht zu ſchaͤtzen wuͤß- ten; und dieß Urtheil traf beſonders die Großen, von denen ich Befreiung erwartet haͤtte. Man hielt es fuͤr Pflicht mir bald Troſt zuzu- ſprechen bald mit Ermahnungen, daß ich mich zu meinem Ende bereiten ſollte, zuzuſetzen. Seit ei- niger Zeit war die Einrichtung gemacht, daß den zum Tode Verurtheilten keine Prediger zugelaſſen wurden, dennoch war der Feldprediger ſo beſorgt, daß er in veraͤnderter Kleidung blos als Freund oder Bekannter zu mir kam. Seine Erſcheinung war mir laͤſtig, ſie waͤre mir laͤcherlich geweſen, wenn ich jetzt Luſt zum Scherz gehabt haͤtte. Unter allem, was mir beigebracht worden war, hatte man nichts mit mehr Lauheit behandelt, als die Lehren der Religion, ich mußte mir das Noͤthi- ge bekannt machen, um unter die Erwachſenen auf- genommen zu werden, welches, da ich zu ſtudiren fortfahren wollte, doch nothwendig und uͤberhaupt nicht zu vermeiden war. Aber ich behandelte alles blos als Formel und ſpottete, wo ich nur konnte daruͤber. Meine Mutter glaubte, es gehoͤre zum einen Ton, den Freigeiſt zu machen, und bei mir wards

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/484>, abgerufen am 22.11.2024.