Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
Mann haben, der nicht von dem Jhrigen zehrte, welches sie, um es nach Belieben zu verwenden, oder damit von ihm zu scheiden, wenn es ihr gefällig sein würde, aufheben wollte. Er fragte nichts dar- nach, daß sie den schlechtesten Ruf hatte; sie ver- zieh ihm, daß er ein Spieler und von moralischen Menschen wenig geachtet war -- ist eine solche Toleranz nicht höchst lobenswürdig? Der Gedanke von reinen tugendhaften Trie- ben, von gegenseitiger Achtung, von Bestreben einander das Leben süß zu machen, von häuslichen Freuden -- wie ihn die Celestins mit Entzücken- oder wenigstens mit innigstem Gefühl denken kön- nen -- klingt uns Thiermenschen lächerlich; wir heirathen entweder nicht, weil uns das gebundene Leben widrig ist, oder wir heirathen aus einer Ab- sicht, an der das Herz nicht den mindesten Theil nimmt. Die Gründe, welche uns zu einer Wahl bestimmen, stammen entweder von der Sinnlichkeit, die wir etwa, ohne uns die Fesseln der Ehe anzu- legen, nicht befriedigen können, oder von unserm Jnteresse her. Dabei ersparen wir die Quaal der Theilnahme, Sorge und Unruhe bei dem, was dem Gatten oder der Gattinn begegnet, was wir etwa zu fürchten haben, oder uns in die Köpfe setzen könnten. Nichts
Mann haben, der nicht von dem Jhrigen zehrte, welches ſie, um es nach Belieben zu verwenden, oder damit von ihm zu ſcheiden, wenn es ihr gefaͤllig ſein wuͤrde, aufheben wollte. Er fragte nichts dar- nach, daß ſie den ſchlechteſten Ruf hatte; ſie ver- zieh ihm, daß er ein Spieler und von moraliſchen Menſchen wenig geachtet war — iſt eine ſolche Toleranz nicht hoͤchſt lobenswuͤrdig? Der Gedanke von reinen tugendhaften Trie- ben, von gegenſeitiger Achtung, von Beſtreben einander das Leben ſuͤß zu machen, von haͤuslichen Freuden — wie ihn die Celeſtins mit Entzuͤcken- oder wenigſtens mit innigſtem Gefuͤhl denken koͤn- nen — klingt uns Thiermenſchen laͤcherlich; wir heirathen entweder nicht, weil uns das gebundene Leben widrig iſt, oder wir heirathen aus einer Ab- ſicht, an der das Herz nicht den mindeſten Theil nimmt. Die Gruͤnde, welche uns zu einer Wahl beſtimmen, ſtammen entweder von der Sinnlichkeit, die wir etwa, ohne uns die Feſſeln der Ehe anzu- legen, nicht befriedigen koͤnnen, oder von unſerm Jntereſſe her. Dabei erſparen wir die Quaal der Theilnahme, Sorge und Unruhe bei dem, was dem Gatten oder der Gattinn begegnet, was wir etwa zu fuͤrchten haben, oder uns in die Koͤpfe ſetzen koͤnnten. Nichts
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Mann haben, der nicht von dem Jhrigen zehrte,
welches ſie, um es nach Belieben zu verwenden, oder
damit von ihm zu ſcheiden, wenn es ihr gefaͤllig
ſein wuͤrde, aufheben wollte. Er fragte nichts dar-
nach, daß ſie den ſchlechteſten Ruf hatte; ſie ver-
zieh ihm, daß er ein Spieler und von moraliſchen
Menſchen wenig geachtet war — iſt eine ſolche
Toleranz nicht hoͤchſt lobenswuͤrdig?
Der Gedanke von reinen tugendhaften Trie-
ben, von gegenſeitiger Achtung, von Beſtreben
einander das Leben ſuͤß zu machen, von haͤuslichen
Freuden — wie ihn die Celeſtins mit Entzuͤcken-
oder wenigſtens mit innigſtem Gefuͤhl denken koͤn-
nen — klingt uns Thiermenſchen laͤcherlich; wir
heirathen entweder nicht, weil uns das gebundene
Leben widrig iſt, oder wir heirathen aus einer Ab-
ſicht, an der das Herz nicht den mindeſten Theil
nimmt. Die Gruͤnde, welche uns zu einer Wahl
beſtimmen, ſtammen entweder von der Sinnlichkeit,
die wir etwa, ohne uns die Feſſeln der Ehe anzu-
legen, nicht befriedigen koͤnnen, oder von unſerm
Jntereſſe her. Dabei erſparen wir die Quaal der
Theilnahme, Sorge und Unruhe bei dem, was dem
Gatten oder der Gattinn begegnet, was wir etwa
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